« Enteignung (B. Schutzgebiete) — Entschädigungspflicht des Staates
der Gouverneur, ob das EVerfseinzuleiten
ist. Der Gouverneur kann verlangen, daß eine
Beschreibung oder ein Plan vorgelegt wird (§ 4).
Wird die Einleitung des Verfahrens bewilligt, so
wird eine Beschreibung des U und, wenn
ein Plan vorhanden ist, auch dieser durch das
örtlich zuständige Bezirksamt offengelegt.
Der Bezirksamtmann verhandelt dann mit den
Beteiligten über etwa erhobene Einwendungen
und legt das aufzunehmende Protokoll dem
Gouverneur mit einer gutachtlichen Aeußerung
darüber vor, ob das ER zu verleihen sei. Nun-
mehr ergeht der erwähnte — schriftlich abzufas-
sende — Beschluß des Gouverneurs,
in dem, falls er die Verleihung des ER ausspricht,
im einzelnen festzustellen ist, was den Gegenstand
der E. bildet und welche Verpflichtungen dem
Unternehmer in bezug auf Anlagen usw. aufzu-
erlegen sind (§ 8). Hierauf folgt das Verfah-
ren behufs Feststellung der Ent-
schädigung (s5 9 ff) vor dem Bezirksamt-
mann, im Großen und Ganzen in den Formen
der heimischen Gesetze. Es endet mit einem die
Entschädigung feststellenden Beschluß, gegen den
— soweit er nicht auf einer Vereinbarung beruht
— den Beteiligten innerhalb eines Monats nach
der Zustellung der Rechtsweg offen steht. Ist
der Rechtsweg durch Fristablauf, Urteil oder Ver-
zicht erledigt und die Entschädigung geleistet oder
sichergestellt, so wird die E. vollzogen, indem der
Bezirksamtmann den Enteignungsbe-
schluß erläßt. In dringlichen Fällen
kann — wie in der Heimat — die E. schon vor
Erledigung des Rechtsweges vom Gouverneur
ausgesprochen werden, wenn die Entschädigung
hinterlegt oder sicher gestellt ist (I 16). In be-
sonderen Fällen findet ferner ein verein-
fachtes Verfahren statt, wenn die E.
Bodenmaterialien zum Bau oder zur Un-
terhaltung öffentlicher Wege bis zum Werte
von 1000 Mk. oder Eigen tumsbeschrän-
kungen von geringerer als ein-
jähriger Dauer betrifft (§s§ 21—23). Das
Verfahren spielt sich vor dem Bezirksamtmann
ab. Ueber die Verleihung des ER und die zu ge-
währende Entschädigung wird in ein und dem-
selben Beschlusse entschieden. Ein gleiches Ver-
fahren findet statt, wenn das Recht, gegen welches
sich die E. richtet, Eingeborenen zusteht
(5 24). In Samoa, wo es an einem Bezirksamt-
mann bisher fehlt, tritt an dessen Stelle überall
der Polizeivorsteher in Apia (Vsg des Staatssekr.
des R. Kol. Amts v. 15. 11. 09, Kolon Gg 635).
§ 3. Sonderbestimmungen zugunsten Ein-
geborener. Grundstücke, die aus der Herr-
schaft oder dem Besitz Eingebore-
ner an Nichteingeborene überge-
gangen sind, können ausnahmsweise auch
zu dem Zweck der Wiedereinsetzung der Einge-
borenen in ihren Besitz enteignet werden, falls
dies notwendig erscheint, um den Eingeborenen
die Möglichkeit ihres wirtschaftlichen Bestehens,
insbesondere das Recht einer Heimstätte
zu sichern. Ueber die Zulassung dieser Art von E.
entscheidet der Reichskanzler. Die Entschädigung
der gegenwärtigen Eigentümer oder Besitzer der
in Anspruch genommenen Ländereien liegt dem
Fiskus des Schutzgebiets ob. Dafür fallen ihm
die enteigneten Ländereien als Kronland zu,
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während sie den Eingeborenen nur zur Nutzung
überlassen werden (§ 32). Veranlassung zu diesen
sehr einschneidenden Vorschriften hatte die Not-
wendigkeit gegeben, gewisse bei den früheren
Landerwerbungen von Konzessionsgesellschaften
usw. den Eingeborenen infolge nicht genügender
Beachtung ihrer Rechte zugefügte Nachteile aus-
zugleichen. Um die wirtschaftlich unerwünschten
Folgen abzuwenden, die sich für die gegenwärti-
gen Besitzer der in Betracht kommenden Grund-
stücke aus der Unsicherheit ihrer Rechtslage er-
geben könnten, hat der RK am 12. 11. 03 eine
Ausführungs-Verfügung erlassen (KBl S 605,
Kolonchg S 236), wonach auf Antrag durch
schriftliche Erklärung des Gouverneurs die An-
wendung dieser Vorschriften für gewisse Grund-
stücke oder Gruppen von Grundstücken ausge-
schlossen werden kann. Die betreffenden Grund-
stücke können dann nur gemäß den allgemeinen
Vorschriften enteignet werden. In bestimmten, in
der Verfügung näher bezeichneten Fällen muß
der Gouverneur dem Antrage auf Ausstellung
einer solchen Unanfechtbarkeitserklärung entspre-
chen. Wird das Enteignungsverfahren
gemäß g8 32 (Kais. V) eingeleitet, so erfolgt
die Feststellung der zu enteignenden Flächen
durch Landkommissionen in sinngemäßer Anwen-
dung der § 2, 4 der Kronland V für Kamerun
v. 15. 6. 966. Die Entschädigung bestimmt
der Reichskanzler auf Bericht des Gouverneurs
nach Anhörung der Beteiligten unter „Anwen-
dung der Grundsätze der Billigkeit“. (Vgl. § 5
der AusfBVerf v. 12. 11. 03, der ebenfalls die
Schaffung vermehrter Rechtsgarantieen für die
gegenwärtigen Besitzer bezweckt. Nach 5# 32 der
Kais V sollte der RK das Verfahren für jeden
einzelnen Fall regeln und die Entschädigung auf
die Erstattung der Unkosten für den ersten Er-
werb der Ländereien von den Eingeborenen be-
schränkt werden können.)
KLiteratur: Schlimm, Grundstücksrecht in d. deutsch.
Kolonien 1905, S. 82 f; Vgl. wegen der Eingriffe in die
Rechte der Kolonialgesellschaften Frhr. v. Stengel, Ztschr.
für Kol Politik VI, 1904 S-347 ff, sowie die Entgegnung von
v. Bornhaupt, ebendort 8 568. Gerstmeyer.
Entschädigungspflicht des Staates
56 ü 1. Schadensersatzpflichten des Staates nach gemeinem
bürgerlichem Recht. #s 2. Besondere Billigkeitsforderungen
gegen den Staat. 1 3. Umfang der durch die Billigkeit ge-
forderten Entschädigungspflicht. 1 4. Anerkennung der
Billigkeitsentschädigung im geltenden Recht.
§ 1. Schadensersatzpflichten des Staates nach
gemeinem bürgerlichem Rechte. Der Staat —
und was von ihm gilt, gilt im wesentlichen auch
von Gemeinden und anderen Selbstverwaltungs-
körpern — kann nach den Regeln des bürgerlichen
Rechtes schadensersatzpflichtig werden wie ein
Privater. Nach der Begründungsart dieser Pflicht
wird Schadensersatz wegen Nichter füllung
einer Verbindlichkeit und wegen un-
erlaubter Handlungen zu unterschei-
den sein, letztere die Haftung für andere Personen
und für Sachen mitumfassend (BGB Kl 823 ff).
Insofern das Be# die Schadensersatzpflicht von