Adel 63
Auch dort, wo nicht verfassungsgemäß Familien-
fideilommisse und Stammgüter ausschließlich für
den A. bestimmt, ist es für diesen doch von hervor-
ragend praktischer Bedeutung, daß a 59 E# z.
Bunu alle landesgesetzlichen Vorschriften über Fa-
milienfideikommisse und Lehen mit Einschluß der
allodifizierten Lehen, sowie über Stammgüter
aufrechterhalten hat. Danach haben z. B. das
Bremische Ritterrecht v. 19. 4. 47 und die V
betr. die revidierten Statuten des Herzogtums
Bremen v. 11. 12. 63 mit dem Vorkaufs= und
Retraktsrecht der Agnaten an den ritterschaftlichen
Erbstammgütern auf Grund des preuß. Gv.
24. 12. 72, ebenso die Statuten der Ritterschaft in
den Fürstentümern Calenberg, Göttingen und
Grubenhagen v. 4. 9. 47 für die Stammgüter der
betreffenden Ritterschaft nach wie vor Geltung. —
Auch partikularrechtlich gab es schon vor dem BSGB
für den niederen A. kein Ebenbürtigkeitsrecht mehr
(vgl. Preuß. G v. 22. 2. 69 über die Aufhebung
von LK II 1 130—33 und 940), doch kann durch
Satzung oder Rechtsgeschäft die Zulassung zu
Mitgliedschaftsrechten, Würden, Pfründen, Sti-
pendien, die Erbfolgefähigkeit in gewisse Güter
usw. wie oben gesagt von einer gewissen Ahnen-
zahl und damit von dem Abschluß ebenbürtiger
Ehen abhängig gemacht sein. Darin, daß solche
Rechte innerhalb von Körperschaften und Stif-
tungen, adeligen Stiftern, Ordensinstituten, Fa-
milienstiftungen usw. überhaupt von irgend wie
geartetem A. abhängig gemacht werden können,
liegt ein Teil der Bedeutung, die abgesehen vom
rein sozialen Gebiet der A. heute noch besitzt.
# 4. Adelsschutz, Adelskontrolle und Adels-
behörden. Der Schutz des A. als eines Instituts
des öffentlichen Rechts, das wie jedes andere vor
Mißbrauch bewahrt werden muß, liegt zunächst im
5360 Ziffer 8 des StB, wonach die unbefugte An-
nahme von Titeln, Würden oder A. Prädikaten eine
Uebertretung ist, die mit Geldstrafe bis zu 150 M.
oder mit Haft bestraft werden soll. Es gibt weiter
für den einzelnen Adeligen einen privatrechtlichen
Schutz gegen die Bestreitung seines adeligen Fa-
miliennamens (und Wappens) und gegen dessen
unbefugte Führung seitens eines Dritten durch
privatrechtliche Klage auf Grund des 5 12 BGB.
Wird doch dieses Recht am Namen schon durch
Führung des Namens ohne A-Prädikat verletzt
(R Bd. 29 Nr. 32 S 130 u. 131). Ob freilich auch
die A. Prädikate einen Teil des Familiennamens
bilden, so daß z. B. gegen eine Privatperson, die
durch Adoption den betreffenden Namen ohne
Prädikate erworben, auch auf Unterlassung ihrer
Führung von dem Berechtigten geklagt werden
kann, oder ob die Prädikate nur den adeligen
Stand bezeichnen, ist sehr bestritten. Richtiger
Meinung nach sind die sämtlichen A-Titel gleich-
zeitig auch Bestandteil des Namens. Es ist des-
halb sowohl bei Bestreitung wie bei Mißbrauch die
Klage auf Grund des 1 12 BGB gegeben. Wer
den Charakter der sämtlichen A. Prädikate oder
eines Teils derselben, nämlich der höheren (für
die höheren A. Prädikate läßt ein U. des Rö v.
30. 11. 03 in der Jur. Wochenschrift 1904, 358
die Möglichkeit offen, daß sie nicht gleichzeitig Be-
standteil des Namens sind, und will von Fall zu
Fall entschciden für den bloß persönlichen A. wird
dort der Charakter als Bestandteil des Namens
schlechthin verneint) als gleichzeitiger Bestandteile
des Namens leugnet, wird für eine entsprechende
Anwendung der Vorschriften des § 12 BGB nur
dann eintreten können, wenn eine solche in den AG#
ausdrücklich vorgeschrieben (vgl. Mecklenburg AG#
1, Hessen AE a 3, Lippe AG# # 2, Braunschweig
AG# # 4), denn auch bei vorhandener Analogie ist
es nicht Aufgabe der bürgerlichen Gerichte, Per-
sönlichkeitsrechte öffentlich-rechtlicher Natur zu
schützen (irrtümlich Plauck 1, 78f, 5). Bei An-
erkennung der Tatsache, daß sämtliche A. Prädi-
kate gleichzeitig Bestandteile des Namens, wird
man dagegen auch die Feststellungsklage aus
8PO 2P56 gewähren müssen. Dagegen können
die Ehrenbeiwörter Durchlaucht, Erlaucht usw.,
weil fraglos lediglich im öffentlichen Recht be-
gründet, nicht Gegenstand einer zivilrechtlichen
Klage sein. —
Was die A. Kontrolle durch Behörden anbetrifft,
so ist das Heroldsamt in Preußen
nicht kompetent, jemanden für die Zukunft die
unbefugte Führung von A.Titeln und Prädikaten
zu untersagen, denn das Heroldsamt ist keine
Staatsverwaltungsbehörde, die irgend einem
konstitutionell verantwortlichen Min untersteht,
und hat deshalb keine Befehlsgewalt gegenüber
den Untertanen (siehe die Verf des Justiz Min v.
17. 6. 55, vgl. auch U. des R v. 2. 5. 04). Auch
die Frage, ob jemand im Sinne des §& 360 SteB
Ziffer 8 das A. Prädikat „unbefugt“ geführt hat,
ist als eine öffentlich-rechtliche Vorfrage auf Grund
des §J 261 RSt G B von dem Strafrichter selbst zu
entscheiden. Freilich ist der Strafrichter bei dieser
Entsch an das Staatsrecht des betreffenden Staates
gebunden und wenn dieses eine A. Behörde kennt,
deren Entsch über das Vorhandensein des A. für
das öffentliche Recht maßgebend sein soll, dann
kann der Strafrichter seine Entsch, ob der A. befugt
oder unbefugt geführt ist, nur aufbauen auf der
Erklärung der A. Behörde (U. des Strassenats
O zu Posen v. 15. 2. 08; im Gegensatz zur bis-
herigen Rechtsprechung des R siehe die bezüg-
lichen Erkenntnisse im Arch OeffR 23, 3 ff, das
Posener Urteil 177). Eine solche staatsrechtliche
Zuständigkeit der A. Behörde über das Bestehen
eines zweifelhaften A. zu entscheiden, ist jedoch in
der preußischen Ggebung nicht zweifelsfrei ausge-
sprochen, vielmehr stimmte bis auf die jüngste
Zeit die gesamte bisherige Judikatur darin überein,
daß die Vorschrift des § 120 Anhangs zu §W 95 AL R
II 9 nur für den dort normierten besonderen Fall
zu gelten hat. Allerdings sind die Gerichte bezw.
Staatsanwälte angewiesen, sich bei vermeintlicher
Anmaßung des A. oder einer höheren A.-Stufe
mit dem Heroldamt in Verbindung zu setzen,
das seit der Kab O v. 16. 8. 54 berufen ist, in Un-
terordnung unter das Haus Min die A. Sachen zu
bearbeiten. Dessen Aeußerung wurde früher aber
nur eine gutachtliche Bedentung beigelegt. Neuer-
dings beginnt sich die Rechtsprechung für die
Kompetenz des Heroldsamts zu entscheiden, val.
U des OL##Posen vom 9. April 1908 in der
D J3 von 1908, Nr. 10, 600 und den Beschluß
des Kö vom 21. Mai 1908 mitgeteilt im Just-
Min Bl. vom 11. Juli 1908, 255 ff. Jüngst hat
das R diese Frage dahin entschieden, daß in
Preußen der König und das Heroldsamt zur allei-
nigen Entscheidung in Adelssachen zuständig sei, U
v. 19. 11. 09 Arch OeffR 26, 321. Für die mate-
rielle Entscheidung, ob die A.Führung befugt