Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
Feldbereinigung (C. Baden) 
  
  
tagfahrt, der ein ausgearbeiteter Entwurf zu 
Grunde liegt, sich für das Unternehmen ausge- 
sprochen haben; die Nichterscheinenden und Nicht- 
abstimmenden werden hierbei als zustimmend der Abstimmungstagfahrt vorausgehenden Vor- 
gezählt; b) es muß zu dem Unternehmen die 
Staatsgenehmigung erteilt sein: über deren Er- 
teilung beschließt die Behörde (Oberdirektion des 
Wasser= und Straßenbaues) nach freiem Er- 
messen. 
3. Ausführung, Abänderung und Einstellung 
des Unternehmens. 1. Die Ausführung 
erfolgt nach dem in der Abstimmungstagfahrt be- 
schlossenen Plane unter der Oberaufsicht der 
Staatsbehörde (Oberdirektion des Wasser= und 
Straßenbaues und Kulturinspektion) durch eine 
Vollzugskommission, deren Vorsitzender, in der 
Regel ein landwirtschaftlicher Sachverständiger, 
von Staats wegen ernannt, deren übrige Mitglie- 
der, ein Geometer und in der Regel drei der be- 
teiligten Gemeinde angehörige Landwirte, durch 
die beteiligten Grundbesitzer gewählt, event. auch 
von Staats wegen ernannt werden. Aufgabe der 
Vollzugskommission ist es, den Besitzstand samt 
Wert und Lasten der Grundstücke zu ermitteln, 
den Plan für die neue Besitzstandsverteilung, 
Feldweg= und Grabenanlage zu entwerfen und 
an Ort und Stelle unter Anweisung des Geländes 
an den neuen Eigentümer durchzuführen, sowie 
die etwaigen Geldentschädigungen und sonstige 
Ausgleichungen zu bewirken. Dabei soll jedem 
Eigentümer tunlich für den Wert der abzutreten- 
den Grundstücke Ersatz in Grundstücken gleicher 
Gattung und Bodengüte und in gleicher Lage 
gewährt und eine Geldentschädigung nur aus- 
nahmsweise, namentlich zur Ausgleichung kleiner 
Wertunterschiede u. dgl., zuerkannt werden. Den 
beteiligten Grundbesitzern und Dritten steht es zu, 
schon während der Ausführung und spätestens in 
einer nach Abschluß der Kommissionsgeschäfte 
unter Leitung des Bezirksamts abzuhaltenden 
Schlußtagfahrt ihre Einwendungen geltend zu 
machen. Gegen die Beschlüsse der Vollzugs- 
kommission ist Rekurs an die Oberdirektion zulässig, 
und zwar sowohl wegen Verletzung gesetzlicher 
Vorschriften als wegen materieller Benachteili- 
gung; letzternfalls kann zum Zwecke der Rekurs- 
erledigung die nochmalige sachliche Prüfung durch 
eine von der Staatsbehörde um drei weitere 
Sachverständige zu verstärkende Kommission ver- 
langt werden. Nach endgültigem Abschluß des 
Ausführungsverfahrens wird dem Unternehmen 
durch Bescheid der Oberdirektion die Schluß- 
bestätigung erteilt; hierdurch wird dasselbe voll- 
ugsreif. — Zu beachten ist hierbei, daß die Ge- 
sanitheit der zu dem F. Unternehmen vereinigten 
Eigentümer keine juristische Persönlichkeit und 
keine besonderen Gemeinschaftsorgane besitzt; die 
Interessen der Gesamtheit werden bis zum Ab- 
schlusse des Verfahrens durch die Behörden, d. h. 
die Vollzugskommission und die Staatsstellen, 
vertreten. Nach Abschluß des Unternehmens 
fällt auch dieser Zusammenhang dahin. 2. Aen- 
derung und Einstellung. Eine Aende- 
rung an den Hauptgrundzügen des in der Abstim- 
mungstagfahrt beschlossenen Planes kann nur mit 
ausdrücklicher Zustimmung von mehr als der 
Hälfte der Besitzer, nach Köpfen und Steuer- 
kapital, eine Einstellung des Vollzugs nur mit 
einer in gleicher Weise zu berechnenden ¾-Mehr- 
  
  
zulegen. 
heit, sowie beides nur mit 
stattfinden. 
5 4. Aufwand. Die Kosten, welche durch die 
Staatsgenehmigung, 
arbeiten, die Tagfahrten, die Mitwirkung der 
Kulturinspektion und des Vorsitzenden der Voll- 
zugskommission erwachsen, werden von der Staats- 
kasse getragen. Die durch unbegründete Beschwer- 
den entstehenden Kosten sind vom Beschwerde- 
führer, die Kosten für ein später wieder eingestell- 
tes Unternehmen von denjenigen zu übernehmen, 
welche sich für die Einstellung erklärt und sich nicht 
schon bei der ersten Abstimmung gegen das Unter- 
nehmen ausgesprochen haben. Der übrige Kosten- 
aufwand, insbesondere für Ausführung des Un- 
ternehmens, ist auf sämtliche Beteiligte nach dem 
Bonitierungswerte des neuen Besitzstandes, bei 
Weganlagen ohne Grundstücksverlegung nach dem 
Steueranschlage der beteiligten Grundstücke um- 
In der Abstimmungstagfahrt kann übri- 
gens durch Mehrheitsbeschluß auch eine andere 
  
–. — — — 
Art der Kostenverteilung festgesetzt werden. Durch 
Beschluß der Vollzugskommission kann den Be- 
sitzern einzelner Grundstücke, denen durch das 
Unternehmen ein ganz besonderer Nutzen er- 
wächst, ein angemessener Vorausbeitrag aufer- 
legt, sowie denjenigen, welche für bestimmte 
Grundstücke keinen oder nur einen geringen Nutzen 
haben, gänzlicher oder teilweiser Nachlaß bewilligt 
werden. Der auf die Beteiligten fallende Auf- 
wand ist als Vorschuß von der Gemeinde zu be- 
streiten und von den Eigentümern binnen ange- 
messener Frist zu ersetzen; die Beiträge der Be- 
teiligten sind wie össentliche Abgaben beizutreiben. 
§* 5. Wirkungen der Feldbereinigung. Diese 
treten mit dem in der staatlichen Schlußbe- 
stätigung (s. § 3 Z. 1 a. E.) bezeichneten Zeit- 
punkte ein. Die Hauptwirkung unter den 
Beteiligte n ist die, daß von hier an die nach 
dem 
Zuweisungsgeschäft vorgesehenen Aende- 
rungen im Eigentum und in den sonstigen ding- 
lichen Rechten kraft Gesetzes eintreten, also na- 
mentlich auch die infolge der neuen Feldweganlage 
überflüssig gewordenen Wegerechte aufhören und 
dic damit neu eingeführten Wege= und sonstigen 
Grunddienstbarkeiten Wirksamkeit erhalten. Fer- 
ner bewirkt die Vollzugsreise des Geschäfts ge- 
genüber Dritten, daß die auf den abzu- 
tretenden Liegenschaften ruhenden Pfandrechte 
(Hypotheken, Grundschulden, Rentenschulden) und 
Reallasten nach bestehendem Rang auf die ersatz- 
weise zugewiesenen Grundstücke, bezw. wenn an 
Stelle mehrerer Grundstücke ein einheitliches tritt, 
auf einen entsprechenden ideellen Teil des neuen 
Grundstücks übergehen. Das Gleiche gilt in der 
Regel von Lehens-, Erbpacht-, Nießbrauch= und 
Pachtverhältnissen; doch ist dem Pächter stets ein 
reeller Teil des neu erworbenen Grundstücks zu 
überweisen; auch kann hier je nach der Sachlage 
eine andere billige Ausgleichung bewirkt werden. 
Der Uebergang der dinglichen Rechte auf die stell- 
vertretenden Grundstücke ist von der Eintragung 
ins Grundbuch nicht abhängig: doch hat die 
Staats VerwBehörde unverzüglich das Grund- 
1 
buchamt um die Eintragung des erfolgten Ueber- 
gangs zu ersuchen. Auf solche Unternehmungen, 
welche ohne Abstimmungstagfahrt und Mitwir- 
kung einer gesetzlich gebildeten Vollzugskommission 
durch gütliche Vereinbarung sämtlicher
	        
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