Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
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A. Forstwirtschaft 
I. Allgemeines 
&# 1. Einleitung. Wald (Holzung) ist ein 
Grundstück (größeren Umsanges), das zur Erzeu- 
gung von Holz sowie verschiedener mit der Holz- 
zucht verbundener Nebennutzungen (Weide, Streu, 
Harz, Pottasche, Jagd usw.) bestimmt ist. 
Er besteht demnach aus einer Vereinigung von 
Waldgrund und Holzbestand. In den Grenzgebie- 
ten des Waldes gegenüber Heide, Moor, Unland, 
Weide usw. tritt der Holzbestand so zurück, daß die 
Bezeichnung einer bestimmten Fläche als Wald 
immer mehr oder minder dem gutachtlichen Er- 
messen überlassen bleibt. 
Forst ist ein bestimmt abgegrenzter, in wirt- 
schaftlicher Behandlung stehender Wald (Wirt- 
schaftswald im Gegensatz zu Urwald). 
In rechtlicher Beziehung kommt hiezu noch das 
Unterworfensein unter eine staatliche Oberauf- 
sicht, deren Maß allerdings sehr verschieden sein 
kann. Das Württembergische Forst Pol G v. 8. 9. 
79 versteht daher im a 1 unter Wald (Waldgrund, 
Forstgrund) alle Grundstücke, welche als zur Ge- 
winnung von Holz, sowie der mit der Holzzucht 
verbundenen Nebennutzungen auf die Dauer be- 
stimmt, von den Forstpolizeibehörden unter die 
Forsthoheit des Staates (Forstpolizei) gestellt sind. 
Waldnutzungen (Walderträge, Forstge- 
fälle). Gegenwärtig bildet in den meisten Wal- 
dungen (wenigstens in den größeren) von Europa 
und auch in anderen Weltteilen das Holz das 
am meisten geschätzte Erzeugnis des Waldes und 
wird deshalb vielfach als „Hauptnutzung“ (auch 
Hauptertrag) bezeichnet, während alle anderen 
Produkte „Nebennutzungen“ heißen. Letztere 
sind entweder Bestandteile der Bäume wie: 
Rinde, Früchte, Futterlaub, Laub- und Nadel- 
streu, Aststreu, Harz, Teer, teils neben und unter 
den Bäumen erwachsen, wie Moos- und Un- 
kräuterstreu, eßbare Pilze, Gras; teils endlich 
auch Bestandteile des Bodens, z. B. Steine, ver- 
schiedene Erdarten (Ton und Mergel), Torf usw. 
Die Jagd / wird außerhalb der Wildparke, in 
denen sie die Hauptnutzung bildet, manchmal 
ebenfalls zu den Nebennutzungen gerechnet, meist 
bildet sie jedoch eine besondere Nutzung. 
Die Nebennutzungen hatten früher und besitzen 
öfters auch jetzt noch für den Waldeigentümer, 
namentlich für den kleinen Landwirt, größere Be- 
deutung als die Holznutzung. 
#§. Holzuntzung. Das Holz wird, wenigstens 
im geordneten Forstbetriebe, hauptsächlich bei der 
Verjüngung der Bestände gewonnen. Die hier- 
bei anfallenden Holzmassen heißen nach der übli- 
chen Bezeichnungsweise: Hauptnutzung (im enge- 
ren Sinne) oder Haubarkeitsertrag. Die Bestände 
liefern aber auch während ihrer Entwicklung bis 
zur Haubarkeit bereits bedeutende Holzerträge 
durch jene Stämme, die aus verschiedenen Ur- 
sachen abgängig werden oder die aus Rücksichten 
der Bestandespflege, um das Wachstum der ver- 
bleibenden Stämme zu fördern, im Wege der 
Durchforstungen, Lichtungshiebe usw. heraus- 
genommen werden. Diese Anfälle bezeichnet man 
als Zwischennutzungen oder Vornutzungen. Ueber 
die Abgrenzung der Zwischennutzungen von den 
Vornutzungen bestehen in jeder Forstverwaltung 
besondere Vorschriften. 
  
Forstwesen (A. Allgemeines) 
Je nach der Verwendungsweise, zu welcher das 
Holz bei der Aufarbeitung im Wald bestimmt wird, 
unterscheidet man das zu Heizungszwecken (auch 
zum Verkohlen oder zur trockenen Destillation) 
verarbeitete Brennholz von dem zu den mannig- 
fachsten anderen Verwendungsweisen bestimmten 
Nutzholz. Da das Nutzholz in den meisten Fällen 
erheblich höher bezahlt wird als das Brennholz, 
so geht das Streben der Forstverwaltungen dahin, 
einerseits die Bestände so zu erziehen, daß sie 
möglichst viel Nutzholz liefern, andererseits bei 
der Fällung den tunlichst größten Teil des Holzes 
als Nutzholz auszuformen. 
Außer den von der Forstverwaltung gewonne- 
nen Holzerträgen liefert der Wald auch noch be- 
trächtliche Massen von Raff= und Leseholz, welche 
der ärmeren Bevölkerung meist ganz oder doch 
nahezu unentgeltlich zugute kommen. 
Der gewöhnliche Forstbetrieb liefert das Nutz- 
holz nur als Rohholz entweder als Schicht- 
nutzholz (Nutzscheit und Nutzknüppel), meist in 
Raummaßen von bestimmten Dimensionen auf- 
gearbeitet, oder als Stämme (Langholz und 
Sägeklötze) und als Stangen. 
Für den Handel wird das Rohholz meist noch 
weiter verarbeitet und stellt das appretierte Nutz- 
holz dar (Vollholz, Schnittnutzholz, Spaltholz). 
Die Forstverwaltungen beschäftigen sich in Deutsch- 
land nur ausnahmsweise mit der Erzeugung von 
appretiertem Nutzholz, dagegen geschieht dieses 
im Auslande, namentlich in Oesterreich-Ungarn 
oft in sehr großem Maßstabe. 
Das Brennholz wird in folgenden Sortimenten 
zum Verkauf gestellt: Scheitholz (Klobenholz), 
Spaltstücke von Stämmen und Aesten, welche am 
dünnen Ende 14 cm Durchmesser und darüber 
haben: Prügelholz (Knüppelholz), ungespaltene 
Rundlinge von 7—14 em Stärke am dünnen 
Ende, sowie außerdem noch als Reisigholz und 
Stockholz (Stubben). 
Die zur Verrechnung gelangenden Holzerträge der 
deutschen Staatsforsten schwanken zwischen 3,5 u. 6,5 km 
Derbholz (Cberirdische Holzmasse von mehr als 7 cm Stärke) 
für das Hektar, wovon etwa 60% Nutzholz. 
Die gesamte Holzerzeugung des Deutschen Reiches im 
Wirtschaftsiahre 1899/1900 hat betragen: 
  
  
Nutzholz 20 017 896 fm = 41, u. für 1 ha 1,13 fm 
Brennholz 17 850 646 fm = 36,9%½ u. für 1 ha 1,27 fm 
Sa. Derbholz 37 868 562 fm = 78,4 u. für 1 ha 2,70 fm. 
Stock-= und 
Reiserholgz 10 472 305 fm = 210,70% u. für 1 ha 0,75 fm. 
Gesamtmasse 13 340 847 fm —i00% r u. für 1 ha 3,15 fm 
Die Entwicklung der Industrie, bessere Transportein- 
richtungen und sorgfältigere Sortierung haben eine rasche 
Steigerung der Nutzholzausbeute ermöglicht. Diese betrug 
in Prozenten des Derbholzanfalles für die Staatsforsten von: 
Preußen Bavyern Württemberg Baden Srchsen 
1850 260% 16% 260 24% 35% 
1870 30 32 40 34 61 
1908 63 58 63 48 83 
Dabei ist zu berücksichtigen, daß diese Zahlen deshalb 
noch kein ganz richtiges Bild geben, weil es jetzt möglich ist, 
eine Menge geringen Holzes wenigstens als Brennholz zu 
verwerten, welches früher ungenutzt verfaulte, während 
nur das wertvollere Holz überhaupt gewonnen wurde. 
Hierdurch war das Nutzholzprozent in neuerer Zeit verhält- 
nismäßig gegen früher herabgedrückt.
	        
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