Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

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Forstwesen (Forststrafrecht) 
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Forstrügeverfahrens, die Justizreform des Jahres 
1879 bot zu Umänderungen Veranlassung. Im 
8 2 des EG z. StGB sind die Bestimmungen über 
Forstpolizei und Holz-(Forst-)Diebstahl auch fer- 
nerhin der Landesgesetzgebung gewahrt. In der 
neueren Forstgesetzgebung ist das erziehende Mo- 
ment und der bessere Rechtsschutz allenthalben da- 
durch zum Ausdruck gekommen, daß die Bezeich- 
nung „Frevel“ fortgefallen und durch „Diebstahl“ 
ersetzt worden ist. 
Im älteren Recht tritt vorzugsweise die ver- 
botene Aneignung des Holzes als des forstlichen 
Haupterzeugnisses hervor. Da aber mit der inten- 
siveren Forstwirtschaft auch die Nebenprodukte 
eine gesteigerte Bedeutung gewonnen haben, so 
behandelt die jetzige Gesetzgebung die unbefugte 
Aneignung solcher Nebenprodukte ebenso wie den 
Holzdiebstahl selbst. Man hat deshalb die Bezeich- 
nung „Holzdiebstahl“ aufgegeben, und um anzu- 
deuten, daß die widerrechtliche Aneignung von 
Forstprodukten überhaupt in Betracht komme, den 
Terminus „Forstdiebstahl“ eingeführt. Ueber die 
Grenzen, wie weit die Aneignung von Waldpro- 
dukten unter die Spezialstrafen des Forstdiebstahls 
zu stellen ist, herrscht in den Gesetzen der Einzel- 
staaten keine Uebereinstimmung. Die meisten 
haben nur pflanzliche Erzeugnisse im Auge, andere 
nennen auch Produkte aus den übrigen Natur- 
reichen als Gegenstände des Sonderrechts. Bald 
werden sämtliche pflanzliche Waldprodukte diesem 
unterworfen, bald nur gewisse Forstprodukte, so 
daß die Fragc offen bleibt, ob die unbefugte An- 
eignung der nicht genannten Erzeugnisse über- 
haupt und nach welchen Bestimmungen sie etwa 
strafbar sei. 
Der Begriff des Holzdiebstahls beschränkt sich 
nicht auf die Entwendung stehenden Holzes, son- 
dern ergreift in der Partikulargesetzgebung auch 
die unbefugte Wegnahme schon gefällten Holzes. 
Es ist dem Landesrecht anheimgegeben, bezüglich 
des letzteren die Grenzlinie zu bestimmen, von 
welcher an das Reichsrecht gelten soll, d. h., wann 
diese Handlung als gemeiner Diebstahl zu betrach- 
ten ist. Diese Grenze ist in den verschiedenen Forst- 
strafgesetzen keineswegs gleichmäßig gezogen. So 
gilt z. B. in Bayern auch die Entwendung von 
bereits gefälltem, aber noch nicht zum Verkauf 
vorbereiteten Holz noch als Forstfrevel, während 
diese in Preußen bereits als gemeiner Diebstahl 
geahndet wird; in Sachsen ist dieses nur dann der 
Fall, wenn der Wert der entwendeten Objekte 
9 Mk. übersteigt. 
29. Grundsätze des Forststrafrechts. Die 
Ausnahmestellung, welche der Forstfrevel und der 
Forstdiebstahl im Systeme des Strafrechts ein- 
nimmt, erstreckt sich auch auf die Strafarten, das 
Strafmaß und auf den Strafprozeß. 
Als Strafen kommen für die in Frage stehen- 
den Delikte hauptsächlich Geldstrafen in Anwen- 
dung; die Ausnahme, welche Sachsen macht, indem 
dort ausschließlich auf Gefängnisstrafen erkannt 
wird, ist nur eine scheinbare, da der Richter für jede 
Gefängnisstrafe, welche drei Wochen nicht erreichen 
würde, falls er einen Strafbefehl erläßt, was das 
Gewöhnliche ist, Geldstrafe auszusprechen und 
hierbei für je einen Tag Gefängnis eine Mark 
anzusetzen hat (vgl. a 21 des Forststraf G von 1873 
und G, das Verfahren in Forst= und Feldrüge- 
sachen betr. v. 10. 3. 79); Freiheitsstrafen werden 
  
v. Stengel--Fleischmann, Wörterbuch 2. Aufl. 1 
primär nur in schwereren Fällen (Rückfall, Mut- 
willen usw.) erkannt. Als eine besondere Strafart 
kommt hier dann noch Forst- oder Gemein- 
dearbeit in Betracht. Geld= und Freiheits- 
strafen, welche nach dem Reichsstrafgesetz nur alter- 
nativ Anwendung finden, werden in schwereren 
Forststraffällen öfters (Preußen, Württemberg, 
Braunschweig) miteinander verbunden. Eine 
weitere Eigentümlichkeit ist die Umwandlung un- 
einbringlicher Geldstrafen in Forstarbeit zugunsten 
des Staats oder der Beschädigten. 
Von dem Grundsatz des RStE#B, daß die 
Geldstrafen in die Staatskasse fließen, machen un- 
sere Forststrafgesetze mehrfach Ausnahmen. So 
fallen bei Forstdiebstählen die Geldstrafen den Be- 
schädigten zu, und zwar in Preußen und Braun- 
sänshen ganz, in Baden und Mecklenburg zur 
älfte. 
Die Feststellung des Werts= und Schadens- 
ersatzes ist bei Forstfrevel, um das Verfahren ein- 
facher und wohlfeiler zu machen, in der Regel den 
Forststrafgerichten übertragen, wobei jedoch dem 
Beschädigten gewöhnlich der Zivilrechtsweg offen 
gehalten wird, sofern er sich durch das straf- 
richterliche Urteil in seinem Recht verletzt glaubt. 
Auf Werts= und Schadensersatz mit Vorbehalt des 
Zivilrechtsweges erkennen z. B. die Forststraf- 
gerichte in Bayern, Württemberg und Sachsen, 
ohne solchen Vorbehalt die thüringischen Staaten, 
Hessen, Sachsen-Meiningen usw. Nur auf Werts- 
ersatz wird erkannt in Preußen und Oldenburg: 
in Baden und Mecklenburg, wo dem Beschädigten 
die Strafe zur Hälfte (in Mecklenburg auch 3 des 
Pfandgeldes) zufällt, hat dieser etwaigen weiteren 
Schaden vor dem Zivilrichter geltend zu machen. 
*. 30. Der Forststrafprozeß. Wegen des in der 
Mehrzahl der Fälle nur geringen Wertes der ent- 
wendeten Objekte einerseits und der Häufigkeit 
solcher Delikte andererseits bietet auch der Forst- 
strafprozeß Eigentümlichkeiten, welche in 
der Hauptsache eine Vereinfachung des Verfah- 
rens bezwecken. 
Das Ec#z. St POspricht in § 3 aus, daß infolge 
landesgesetzlicher Bestimmungen Forst= und Feld- 
rügesachen durch die Amtsgerichte in einem be- 
sonderen Verfahren, sowie ohne Zuziehung von 
Schöffen verhandelt und entschieden werden kön- 
neu. Letzteres geschieht, mit Ausnahme von Ol- 
denburg, in allen deutschen Staaten; das beson- 
dere Verfahren besteht in einer umfassenden An- 
wendung des Strafmandats, sowie in 
der Aburteilung bei den Amtsgerichten ohne 
Zuziehung von Schöffen. In allen Fällen, 
welche die Schuld des Angeklagten klar ersehen 
lassen und bei denen keine höhere Strafe als bis zu 
150 Mark oder Haftstrafe bis zu 6 Wochen erkannt 
werden soll, werden auf Antrag des als Amtsan- 
walt fungierenden Forstbeamten hier von dem 
Richter die Urteile durch Strafbefehle ersetzt; 
wird gegen diese Einsprache erhoben, so erfolgt 
die Hauptverhandlung vor dem Richter ohne 
Zuziehung von Schöffen; letzteres ist auch meist 
dann der Fall, wenn sofort zur Hauptverhandlung 
geschritten wird. In Württemberg findet die Ver- 
handlung ohne Schöffen statt, wenn auf keine 
höhere Strafe als auf Gefängnis bis zu 3 Mona- 
ten oder auf Geldstrafe und die an deren Stelle 
tretende Freiheitsstrafe zu erkennen ist. In Preu- 
en sind Schöffen in allen Fällen zuzuziehen, in 
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