Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

Agrargesetzgebung (Sachsen) 
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hatten sich schon eine Reihe von Jahren zuvor gezeigt. 
In einem Reskripte v. 27. 11. 1784 (Codex 
Augusteus 2. Forts. I. 879) waren die Kreis= und 
Amtshauptleute angewiesen worden, sich wegen 
Aufhebung der Koppelhutung zu verwenden 
und beim Nichtgelingen einer gütlichen Verein- 
barung an die Behörde zu berichten, „dabei aber 
Bedacht zu nehmen, daß Niemand ohne hinläng- 
lichen Grund und Entschädigung etwas zu ver- 
lieren angehalten werde“. In einer General- 
verordnung v. 8. 11. 1788 (Codex Augu- 
steus 2. Forts. II. 71) waren die Justizbeamten. 
und Gerichtsverwalter zur Unterbreitung von 
Vorschlägen darüber veranlaßt worden, ob und 
wie zur Beförderung der allgemeinen Landes- 
kultur Befreiungen von Diensten und anderen 
Reallasten zugestanden werden könnten. 
Endlich hatte eine Instruktion der 
Kreis= und Amtshauptleute v. 22. 
6. 1816 (Codex Augusteus 3. Forts. I 532) diese 
Beamten angewiesen, auf Abschaffung nachtei- 
ser Gemeinheiten und Koppelhutungen hinzu- 
weisen. 
Einen wichtigen Schritt weiter aber tat die 
Landesregierung mit dem Reskripte an 
das Oberhofgericht zu Leipzig v. 
24. 2. 1824 (GVBl 57), die Ablösung der Dienste 
und Fronen betr., durch welches „zur Hegünsti- 
gung und Erleichterung der Ablösung der Dienste 
und Fronen nicht allein die Bestätigung der auf 
Aufhebung solcher gerichteten Verträge nicht 
behindert oder aufgehalten werden sollte“, son- 
dern auch ein Widerspruchsrecht dritten Interes- 
senten im allgemeinen abgesprochen wurde. In 
den Mandaten v. 14. 10. 1828 und v. 13. 8. 
1830 (GVBl 214 u. 121) wurden dann über die 
Hütungsbefugnisse und über die Dienste und 
Fronen bestimmtere Rechtsgrundsätze aufgestellt, 
und so die unentbehrliche Grundlage zur späteren 
Ablösung dieser Rechte gewonnen. 
#2. Die nenue Gesetzgebung. Am 17. 3. 1832 
(GVBl 163) war es möglich, das für alle Folge- 
zeit grundlegende Gesetz über die Ab- 
lösungen und Gemeinheitsteilun- 
gen zu erlassen. 
I. Die Ablösung. 1. Durch das G. von 
1832 wurden die drückendsten, mit der ehemaligen 
Hörigkeit verwandten Lasten aufgehoben, 
nämlich: a) das den Gutsherrschaften zustehende 
Vorzugsrecht beim Ermieten der als Gesinde 
dienenden Untertanenkinder (sog. Vormiete); 
b) das Recht, Bewachung der Rittersitze zu ver- 
langen (sog. Wachtdienste); c) der Dienstzwang 
im engeren Sinne; d) die Erbuntertänigkeit in 
der sächs. Lausitz; — die ersten drei Lasten ohne 
Entschädigung, die letzte gegen Entschädigung. 
2. Andere Lasten wurden auf einseitigen An- 
trag für ablösbar erklärt und zwar: a) die 
Dienste und Fronen; b) die Abentrichtungen, 
welche auf Grundstücken haften oder gewissen 
Personen fortwährend obliegen; c) gewisse be- 
sonders lästige Arten von Dienstbarkeiten, als 
Hutungs-, Weide= und Waldbefugnisse, Berechti- 
gungen zum Gras--, Schilf= und Rasenholen, zum 
Sand- und Lehmgraben und zum Steinbrechen, 
d) die Beschränkungen, denen ein Besitztum als 
Erbpachtgut oder Erbzinsgut unterworfen ist. — 
Rechte, welche hiernach der Ablösung unterlagen, 
konnten vom Jahre 1832 ab nicht mehr durch 
  
  
Vertrag, und von 1842 ab nicht mehr durch 
Verjährung erworben werden. 
3. Ausgenommen von der Ablösung 
waren noch: a) die öffentlichen Lasten (Staats-, 
Kommunal-, Parochiallasten); b) die Lasten des 
Bergbaus:c) die Bannrechte; d) die regelmäßigen 
Geldgefälle. 
4. Aber auch hierin ist im Laufe der Zeiten 
Wandel geschaffen worden: a) Die verschiedenen 
Bannrechte sind, soweit nicht Sondergesetze — 
G v. 27. 3. 38, v. 19. 10. 43, v. 19. 2. 50 — ihre 
Ablösung vorschrieben, ganz allgemein durch die 
Gewerbegesetzgebung, und zwar zunächst durch 
das sächs. Gewerbelt v. 15. 10. 61 beseitigt 
worden- b) Die fortlaufenden Geldentrichtungen 
an Kirche und Schule, sowie Kirchen- und Schul- 
diener, als Gottespfennige, Opfer-, Häusler-, 
Hausgenossengeld, Beichtgroschen usw. sind im 
Jahre 1876 durch die G v. 22. 5. (GVBl 251) 
und 2. 12. (GVBl 715) in feste Gehaltsbezüge 
umgewandelt worden; c) Die Geldgefälle sind 
durch G v. 15. 5. 51 für einseitig ablösbar erklärt 
worden. 
5. Ueberhaupt bildete das Jahr 1851 einen wich- 
tigen Abschluß der Ablösungsgesetz- 
gebung durch das Gesetz vom 15. 5. 51 
(GVBBl 129), Nachträge zu den bis- 
herigen Ablösungsgesetzen betr. 
Dieses Gesetz brachte nämlich: 
a) die Aufhebung jeden Untertänigkeits- 
und Hörigkeitsverbandes, sowie der aus dem 
guts= und schutzherrlichen Verbande fließenden 
persönlichen Abgaben und Leistungen; 
b) im Verein mit dem G v. 11. 8. 55 (GVBl 
144) die Aufhebung der aus der Patri- 
monialgerichtsbarkeit und gutsherrlichen Polizei- 
gewalt hergeleiteten persönlichen und dinglichen 
Lasten; — 
beides gegen Entschädigung aus der Staatskasse — 
ßc) eine Erweiterung der Zahl der für ablös- 
bar erklärten Lasten, insbesondere durch Aus- 
dehnung auf die Geldgefälle mit Ausnahme der 
Reallasten, die Stiftungszwecken dienen. 
Außerdem bestimmte das Gesetz, 
d) daß alle ablösbaren Lasten und 
Dienstbarkeiten, mit alleiniger Aus- 
nahme der nachher noch zu erwähnenden Ab- 
lösungsrenten und der baren Geldgefälle, auf deren 
Ablösung nicht bis zum 1. 1. 54 angetragen wor- 
den ist, von da ab nur noch als per fön- 
liche Verbindlichkeiten des Besitzers 
und seiner Erben und nur solange als sie das 
Grundstück nicht veräußert haben, bestehen blei- 
ben, und daß auch diese persönlichen Verbindlich- 
keiten mit dem 1. 1. 8t erlöschen. 
6. Das Ergebnis der Ablösungs- 
gesetzgebung ist also folgendes: 
a) Als Reallasten sind nur noch denkbar: 
a) Staats-, Kommunal= und Parochiallasten, 
soweit letztere nicht fixiert sind, 
) alle Leistungen, die sich auf Bergbau be- 
ziehen, 
J) alle Geldgefälle und Zinsen solcher eisernen 
Kapitalien, die für Stiftungszwecke fundiert sind, 
5) ein Geben oder Tun, das sich weder als 
Ausfluß der Gutsherrlichkeit, Schutzuntertänig- 
keit, Patrimonialgerichtsbarkeit oder gutsherr- 
licher Polizei noch als Dienste oder Fronen, noch 
als eine die Freiheit in der Bewirtschaftung des
	        
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