Forstwesen (Forstliche Ausbildung)
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I. Ansbilbung für den Verwaltungsdienst
s 42. Vorbedingungen; praktischer Kurfus.
In Deutschland und Oesterreich wird von den An-
wärtern des staatlichen Forstverwaltungsdienstes
als Vorbedingung das Reifezeugnis eines humani-
stischen oder Realgymnasiums gefordert, in den
meisten Staaten steht auch den Absolventen der
lateinlosen Oberrealschulen diese Laufbahn offen.
Mit Rücksicht auf die Strapazen des forstlichen
Berufes verlangt man in vielen Staaten bei Be-
ginn des Studiums, in anderen bei der Anmel-
dung für den praktischen Dienst den Nachweis der
körperlichen Rüstigkeit (meist Zeugnis der unbe-
dingten Militärtauglichkeit). Der forstliche Beruf,
und zwar vor allem der Staatsdienst, erfreut sich
einer solchen Beliebtheit, daß in vielen Staaten
ein ganz unverhältnismäßig großer Zudrang von
Anwärtern eingetreten ist. Die Anstellung als
Revierverwalter konnte und kann teilweise noch
für längere Zeit infolgedessen erst sehr spät, in
einem Alter von 40 und selbst noch mehr Jahren
erfolgen. Die sich hieraus sowohl für die Anwärter
als für den Staat ergebenden Mißstände haben
aber seit 1890 dazu geführt, daß allmählich in
immer weiterem Umfange die Zulassung zur
Staatsforstverwaltungslaufbahn auf eine jährlich
zu bestimmende Anzahl beschränkt wurde, so
namentlich in Preußen, wie dieses außerhalb
Deutschlands, z. B. in Frankreich, schon lange der
Fall ist. In anderen Staaten erfolgt die Zu-
lassung zum Staatsforstdienst lediglich auf Grund
des Ausfalles des letzten Staatsexamens nach
Maßgabe des jeweiligen Bedarfs (Bayern, Hessen).
Als Vorbereitung für den theoretischen Unter-
richt wird in den meisten Staaten eine zwischen 4
und 12 Monaten schwankende praktische Lehre
bei einem Oberförster gefordert, um ein gewisses
Verständnis für die Vorgänge im Wald zu erwer-
ben, sowie die Kenntnisse einzelner wirtschaftlicher
Operationen (Hauungs= und Kulturbetrieb) zu
vermitteln (Preußen, Königreich Sachsen 6 Mo-
nate, Elsaß-Lothringen 7 Monate, Braunschweig
und die meisten thüringischen Staaten 12 Monate;
Deioarlehre fehlt in: Bayern, Württemberg und
essen).
#5#43. Einrichtung des höheren forstlichen Un-
terrichts in den größeren deutschen Staaten.
Die eigentliche theoretische Fachbildung wird teils
auf allgemeinen Hochschulen (Universität, Poly-
technikum), teils auf besonderen Fachschulen (Forst-
akademien) erlangt; einzelne Staaten (Preußen)
fordern neben dem Besuch der Akademie auch noch
jenen der Universität. Die Dauer der Studienzeit
schwankt zwischen 5 (Sachsen) und 8 Semestern
(Bayern). In den größeren deutschen Staaten ist
die Einrichtung im einzelnen folgende:
Preußen. Für die Monarchie bestehen zwei
Akademien (Eberswalde seit 1830 und Münden
seit 1868). Die Studienzeit an diesen Hochschulen
beträgt sechs Semester, nach dem Referendar-
examen folgen dann noch zwei Semester Univer-
sität für rechts= und staatswissenschaftliche Studien.
Bayern. Die Anwärter des bayrischen
Staatsforstverwaltungsdienstes erhalten ihre Aus-
bildung während einer mindestens vierjährigen
Studienzeit (ohne Anrechnung des Militärdien-
stes) an der staatswirtschaftlichen Fakultät der
Universität München.
Sachsen: Die Ausbildungszeit umfaßt für
die Anwärter des sächsischen Staatsdienstes acht
Semester, von denen sechs an der Akademie Tha-
randt zu verbringen sind. Behufs Zulassung als
Studierender muß hier neben Erfüllung der übri-
gen Vorbedingungen noch das Zeugnis über ein
zweisemestriges Studium an einer deutschen Uni-
versität beigebracht werden, in welchem der Be-
such der Vorlesungen über Volkswirtschaftslehre,
Finanzwissenschaft, allgemeines Verwaltungs= und
Verfassungsrecht als obligatorische Fächer sowie
über einige naturwissenschaftliche Fächer und
allgemeine Mathematik bescheinigt ist.
In Württemberg bildet die Forstwissen-
schaft einen Teil des Gebiets der staatswissen-
schaftlichen Fakultät der Universität. Eine be-
stimmte Studienzeit ist für die Anwärter des
Staatsforstdienstes ebensowenig vorgeschrieben
wie ein bestimmter Studienort; durchschnittlich
beträgt erstere 7—8 Semester.
Baden. Hier wird der höhere forstliche Un-
terricht an der einen wesentlichen Bestandteil des
Polytechnikums zu Karlsruhe bildenden Forst-
schule erteilt. Die Studienzeit währt mindestens
acht Semester. Die mathematischen, naturwissen-
schaftlichen, juristischen und nationalökonomischen
Vorlesungen hören die Forstwirte gemeinschaft-
lich mit den übrigen Studierenden der Hochschule.
Hessen hat zuerst von allen deutschen Staa-
ten (bereits 1831) den forstlichen Unterricht an
eine Universität, und zwar nach Gießen verlegt.
Dauer der Studienzeit mindestens drei Jahre.
Thüringen. Hier besteht eine Forstaka-
demie zu Eisenach mit mindestens zwejijähriger
Studienzeit. Ihr Besuch ist jedoch keineswegs
für die Anwärter sämtlicher thüringischer Staa-
ten vorgeschrieben, sondern es können oder müssen
diese auch an anderen Hochschulen studieren.
Elsaß-Lothringen besitzt keinen eige-
nen forstlichen Unterricht für den Verwienst;
zur Prüfung hierfür, welche in Straßburg statt-
findet, werden gefordert: Reifezeugnis, siebenmo-
natliche Vorlehre und fünf Semester Besuch einer
Akademie der Universität.
Die Vorbereitung für den höheren Forstdienst
der Gemeinden und Privaten erfolgt ebenfalls
an den obengenannten Anstalten. Soweit nicht
gesetzlich für den Eintritt in diesen Dienst (wenig-
stens in jenen der Gemeinden) dieselben Anforde-
rungen gestellt werden, wie für den Staatsdienst,
ergeben sich von selbst verschiedene Erleichterungen
hinsichtlich der Anforderungen über körperliche
Rüstigkeit, praktische Vorlehre, Studiendauer.
Die Prüfungen für diese Stellen sind meist beson-
ders organisiert, nur in Preußen besteht die Ein-
richtung, daß Anwärter für den Gemeinde= und
Privatforstdienst unter denselben Bedingungen
zugelassen werden können wie für den Staats-
dienst. Diese machen dann auch mit letzteren ge-
meinsam die gleichen Prüfungen durch, ohne je-
doch auf diese Weise eine Anwartschaft auf Ver-
wendung im Staatsdienst zu erlangen. Nach Be-
stehen der Staatsprüfung treten sie als „Kgl.
Forstassessoren a. D.“ aus der staatlichen Lauf-
bahn aus. [7 noch Feldjäger-Korps.)
8 44. Forstliche Mittelschulen. Eine andere
Stufe des forstlichen Unterrichts ist durch jene An-
stalten charakterisiert, welche die Ausbildung von
sog. Revierförstern, d. h. solchen Beamten be-