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Forstwesen (Forstliche Ausbildung)
zwecken, die nicht den ganzen Betrieb selbst-
verantwortlich und selbständig anordnen und
leiten, sondern in der Hauptsache nur die speziellen
Dispositionen eines Vorgesetzten ausführen; es
sind dieses die forstlichen Mittelschulen.
Diese setzen nicht die volle Maturitas für das Ver-
ständnis der dort zu haltenden Vorlesungen voraus,
sondern fordern nur einen Bildungsgrad, wie er
etwa zur Zulassung als Einjährig-Freiwilliger
notwendig ist. Bei der vorwiegend praktischen
Tendenz des ganzen Unterrichts wird besonderer
Wert auf vorherige Absolvierung einer forstlichen
Lehre gelegt, die hier häufig ein Jahr dauert.
In Deutschland besteht keine eigentliche forst-
liche Mittelschule. Die betr. Beamtenklasse erhält
ihre Ausbildung durch den Besuch der oben ange-
führten forstlichen Bildungsstätten als Hospitan-
ten oder Hörer. Am meisten nähert sich noch
Eisenach dem Charakter der Mittelschulen.
Verbreiteter als in Deutschland sind diese Schu-
len in Oesterreich wegen des dort sehr ausgedehn-
ten Privatforstbesitzes, wo derartig vorgebildete
Beamte wegen ihrer geringeren Ansprüche be-
sonders gesucht sind. Als solche Anstalten sind zu
nennen: die mährisch-schlesische Forstschule zu
Mährisch-Weißkirchen (1851 gegründet), die Forst-
lehranstalten zu Reichstadt (1855 gegründet) und
Bruch a. d. Mur, die Landeslehranstalt für Forst-
wirtschaft in Lemberg; ferner die Schule zu Sera-
jewo (als eine Abteilung der technischen Mittel-
schule), sie ist speziell zur Ausbildung der Beam-
ten für Bosnien und die Herzegowina bestimmt.
II. Ausbildung für den Forstschutz= und
Betriebsvollzugsdienst
#si 45. Försterschulen. Solange die wichtigste
Tätigkeit der unteren Forstbeamten in dem Schutz
des Waldes gegen Forstdiebstahl und in der un-
mittelbaren Beaufsichtigung der Waldarbeiter
unter ständiger Leitung ihrer Vorgesetzten besteht,
erschien und erscheint auch heute noch eine schul-
mäßige Ausbildung der Beamten für diese Stel-
lungen nicht erforderlich. Man verwendet alsdann
entweder bloß die tüchtigsten Waldarbeiter ohne
weitere Schulung oder junge Leute, die nach Be-
endigung des Elementarschul-Unterrichts eine ein-
bis dreijährige Lehrzeit bei einem Forstbeamten
durchgemacht haben. Namentlich die zunehmende
Intensität des Forstbetriebes einerseits und die
Abnahme des Holzdiebstahls andrerseits, haben
jedoch im Laufe der Zeit dazu geführt, an die
unteren Beamten immer weitergehende Anfor-
derungen hinsichtlich ihrer Beteiligung am Be-
trieb zu stellen, so daß die rein empirische Schulung
des Waldarbeiters nicht mehr ausreichte. Auch
die sog. „Lehre“ besitzt verschiedene Mißstände,
besonders sehr ungleiche und vielfach ungenü-
gende Ausbildung durch dic ländlichen Elementar-
schulen, eine beschäftigungslose Periode von 2—3
Jahren nach der Entlassung aus dieser und der
ebenfalls sehr ungleichmäßige Unterricht während
der forstlichen Lehre. Man suchte deshalb schon
längere Zeit nach Mitteln, diese Ausbildung gleich-
mäßiger und besser zu gestalten. Am frühesten
geschah dieses in Preußen, wo eine enge Verbin-
dung zwischen Militär= und Forstschutzlaufbahn
besteht, durch Erteilung forstlichen Unterrichts bei
den Jägerbataillonen, in denen alle Anwärter für
–.
den Forstschutzdienst ihrer Militärpflicht genügen
müssen, durch Forstassessoren.
In Oesterreich, wo man wegen des vorherrschen-
den Privatwaldbesitzes sehr häufig an die unteren
Beamten weitergehende Anforderungen stellt, hat
man zuerst den Versuch der Errichtung einfacher
Schulen für diese Beamtenklasse gemacht.
In Deutschland wurde dieses Beispiel
zuerst durch Bayern nachgeahmt, wo im Herbst
1888 fünf Waldbauschulen (seit 1908 auf eine be-
schränkt) gegründet worden sind. Diese haben
vier Jahreskurse. In den beiden unteren erhalten
die Zöglinge gründlichen Elementarunterricht, in
den beiden oberen Unterweisungen in den Fach-
kenntnissen, während der ganzen Ausbildungszeit
sollen sie sich auch an den Waldarbeiten beteiligen.
Wenn sich nun auch das Prinzip dieser Schulen
bewährt hat, so zeigte sich doch bald, daß ein vier-
jähriger Schulbesuch über das Maß der Ansprüche,
das an die Kenntnisse derartiger Beamten gestellt
wird, hinausgeht und weiterhin wenig erfreuliche
Folgen für den Dienst, durch steigende Ansprüche
derartig vorgebildeter Beamten sowohl hinsichtlich
des ihnen zuzuweisenden Wirkungskreises als na-
mentlich auch hinsichtlich ihrer Besoldung und ihrer
sozialen Stellung mit sich bringt. Wegen dieser
ungünstigen Rückwirkung auf die gesamte Organi-
sation hat man in anderen Staaten, bis jetzt in
Preußen, Hessen und Meiningen, zwar ebenfalls
Schulen, aber nur mit cinjährigen Kursen einge-
richtet. In Preußen bestehen z. Z. vier solche
Försterschulen, in Hessen und Meiningen je eine.
Seitens des Vereins für Privatforstbeamte
Deutschlands ist ebenfalls eine solche Schule
(Templin, Reg Bez. Potsdam) mit einjährigem
Kurs eingerichtet worden, Oesterreich besitzt gegen-
wärtig neun derartige Anstalten mit teils ein-
jähriger, teils zweijähriger Lehrzeit.
Auch andere Staaten, namentlich Rußland und
Schweden, ferner Ungarn, Italien, Belgien,
Frankreich besitzen ähnliche Schulen, doch tragen
diese tatsächlich mehr den Charakter der oben (§4)
erwähnten Mittelschulen.
& 6. Praktische Kurse. Andere Wege zur För-
derung der Ausbildung des unteren Personales
hat zuerst die Schweiz eingeschlagen, indem
hier nicht förmliche Schulen eingerichtet, sondern
schon seit ziemlich langer Zeit in verschiedenen
Kantonen Kurse von mehrwöchentlicher Dauer
abgehalten wurden, in welchen der Schwerpunkt
auf der praktischen Ausbildung in den wichtigsten
Betriebsarbeiten lag, welche noch durch einige
Vorlesungen soweit ergänzt wurden, als es das
Verständnis der praktischen Ausführung der Ar-
beiten erforderte.
Seit 1880 werden diese Kurse auch seitens des
Bundes unterstützt und haben nun folgende Or-
ganisation erhalten: Man unterscheidet:
a) Unterförster-Kurse von mindestens
zweimonatlicher Dauer zur Ausbildung von
Wirtschafts= und Schutzbeamten für kleinere Ver-
hältnisse. Die Anstellung ist vom Bestehen der
Prüfung abhängig.
b) Fortbildungskurse für Unterför-
ster von mindestens 14 Tagen. Zugelassen werden
nur frühere Schüler von Unterförster-Kursen.
Dem Beispiele der Schweiz ist bald Oester-
reich gefolgt, und zwar zunächst in Tirol und
Vorarlberg durch die Lehrkurse in Bregenz, Rot-