Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
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Frau — Freiwillige Gerichtsbarkeit 
  
all) Fürsorgeerziehung unten S. 8661. 3. Als 
Mitglied des Gemeindewaisenrats oder als Wai- 
senpflegerin. In letzterer Hinsicht gilt folgendes. 
Der Gemeindewaisenrat ist ein Hilfsorgan des 
Vormundschaftsgerichts. Seine Organisation ist 
den Landesgesetzen überlassen und daher in den 
Einzelstaaten verschieden gestaltet. Diejenige 
Gruppe von Staaten (z. B. Schwarzburg-Ru- 
dolstadt), die den Gemeindewaisenrat von dem 
Vormundschaftsgericht, also der Justizverwaltung 
abhängen läßt, beschränkt die Teilnahme der F. 
an dem Gemeindewaisenrat prinzipiell nicht; die 
andere, die im Anschluß an Preußen und Bayern 
(z. B. die sächsischen Herzogtümer, Braunschweig) 
das Amt des Gemeindewaisenrates als Gemeinde- 
amt ausgestaltet hat, schließt damit die F. von der 
Teilnahme am Waisenrat aus. Als Waisenpflege- 
rinnen jedoch können die F. in den meisten Staa- 
ten widerruflich bestellt werden, und zwar regel- 
mäßig nur, wenn sie dazu bereit sind. Die Ge- 
meinden haben vielfach (z. B. in Bayern, Olden- 
burg) das Recht, F. zu den Beratungen in den 
betr. Kommissionen als Zuhörerinnen mit bera- 
tender Stimme zuzuziehen (Preußen AGz. BG# 
a 72 §+2; Bayern 7 98; Sachsen § 45; Württem- 
berg a 66 Abs 3; Hessen D. Anw f. d. Ortsgerichte 
v. 24. 11.99 § 155 Abs 2: Mecklenburg-Schwerin 
AG z. BGB 5248; Mecklenburg-Strelitz § 246; 
Sachsen-Weimar-Eisenach § 224; Braunschweig 
§92; Sachsen-Coburg-Gotha a 54; Reuß j. L. 128; 
Schwarzburg-Sondershausen a 57 9; Waldeck 
a 40 §J 2; Schwarzburg-Rudolstadt Gv. 6. 4. 09 
a 1; Bremen G v. 28. 1. 06; Hamburg G. v. 11. 
9. 07 al und 9. 2. 10 5KF§ 11, 12; Elsaß-Lothringen 
Min V v. 17. 11. 99 # 6). 
d) Gesetzlich nicht geregelte Zwei- 
gekommunaler Wohlfahrtspflege 
Nach Maßgabe des oben Gesagten liegt es in der 
Befugnis der kommunalen Verwaltung auf Ge- 
bieten ihrer freien, vom Gesetze nicht gebundenen 
Tätigkeit, also besonders der Wohlfahrtspflege, 
sich zur Erfüllung ihrer Aufgaben auch der ehren- 
amtlichen Tätigkeit der F. zu bedienen. Von die- 
ser Befugnis ist Gebrauch gemacht worden na- 
mentlich im Hinblick auf die Trinker für- 
sorge, Säuglingsfürsorge, Aussicht über 
städtische Freibäder, namentlich aber die Woh- 
nungsinspektion. Während einzelne 
Städte für ihre hierauf gerichtete Wohlfahrts- 
pflege F. im Berufsamt angestellt haben, z. B. 
für die Wohnungsfürsorge Halle a. S., Offen- 
bach a. M., Straßburg i. E., für die Trinker- 
fürsorge Bielefeld, Oldenburg, Recklinghausen, 
haben andere daneben oder allein F im Ehren- 
amt angestellt: so für Trinkerfürsorge Oldenburg, 
Hagen i. W., Posen, Kiel, Görlitz u. a. m., 
für Wohnungsinspektion Bielefeld u. a. In 
Nürnberg ist in jedem der beiden Wohnungs- 
ausschüsse der Stadt eine Dame, die mit der so 
wichtigen Aufssicht über das Kostkinderwesen be- 
traut ist. — Die in Mannheim als Mitglieder der 
Wohnungsuntersuchungskommission angestellten 
F. sind, da diese Behörde vom Bezirksamt ressor- 
tiert, staatliche Ehrenbeamte. 
1II. In der evangelischen Kirche 
kann die F. Aemter heute regelmäßig noch nicht 
bekleiden. Doch gilt auch hier dasselbe, was im 
& 3IV vom aktiven Wahlrecht der F. in der Kir- 
chengemeinde gesagt wurde. Es liegt in der Hand 
  
  
  
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der Kirchengesetzgebung, der F., wie das im Aus- 
land vielfach geschehen ist, die Aemterfähigkeit 
sowohl für Berufsämter als für Ehrenämter in 
der kirchlichen Selbstverwaltung beizulegen. So 
beabsichtigt, wie im § 3 IV erwähnt, die von dem 
Oberkonsistorium am 4. p. 09 beschlossene Kirchen- 
ordnung für die Kirche Augsburgischer Konfession 
in Elsaß-Lothringen, den F. die Wählbarkeit zu 
den kirchlichen Gemeindevertretungen zu gewäh- 
ren. In einzelnen nicht zur Landeskirche gehören- 
den Kirchengemeinden, z. B. der Mennoniten- 
gemeinde in Emden, besitzen die F. schon jetzt diese 
Fähigkeit. 
Kiteratur: Schriften über die sog. Frauenbewe- 
gung sind schon unübersehbar, für unsere Zwecke mag allge- 
mein auf das Handbuch der Frauenbewegung, herausg. 
von Helene Lange und Gertrud Bäumer 
(seit 1901, 5 Teile) verwiesen werden. Juristische Litera- 
tur jedoch über die Stellung der Frau im öffentlichen 
Recht gibt es mit Ausnahme des veralteten Werkes von 
M. Ostrogorski, La femme au polnt de vue du 
drolt public 1892 (deutsch 1897) nicht. Eine Ueber- 
sicht über einige Spezialgebiete geben die gediegene 
Zusammenstellung von J. Apolant, Die Stellung 
und Mitarbeit der F. in der Gemeinde, 1910, der hieran 
sich anschließende Aufsatz von Elis. Altmann-Gott- 
heiner, Die F. in der Gemeinde (Kommunales Jahr- 
buch von Lindemann u. Südekum 83. Jahrg. 1910); L. G. 
Heymann, Das Wahlrecht der Frauen zu den Han- 
delskammern, 1910; Dieselbe, Das kommunale Wahl- 
recht der F. im Deutschen Reiche, 1910; ferner aus dem 
On der Frauenbewegung Teil 2 (1901): Frauenbewegung 
und soziale Tätigkeit nach einzelnen Gebieten (von Alice 
Salomon, M. Stritt, A. Pappritz, O. Hoff- 
mann) und Teil 5 (71910): Die deutsche F. im Berufe 
J. Levy-Rathen au. M. Zietz, Stellung der Frau 
in der evangelischen Kirche 1910; Lilly Hauff, die 
Entwicklung der Frauenberufe in den letzten drei Jahr- 
zehnten 1911; überholt Pierstorff, Art. Frauenfrage 
im WBVolkswirtschaft" 1906 1, 889. — Material in den 
Zeitschriften: Die Frau, herausgegeben von Helene Lange 
(seit 1393); Die Frauenbewegung, herausgegeben von 
Minna Cauer (seit 1895); Zentralblatt des Bundes 
deutscher Frauenvereine, herausg. von Marie Sriitt. 
Wolzendorffs. 
. — — — 
Freibezirk (Ereigebiet, Kreihafen, Freilager) 
NZollwesen 
—.–0# — — 
Kreimaurer 
LVereine 
Freiwillige Gerichtsbarkeit 
#m# 1. Begriff. #& 2. Das öffentliche Urkundwesen. 1 3. 
Das Grundbuchwesen. # 4. Das Registerwesen. 1 5. Das 
Nachlaßwesen. 1 6. Das Vormundschaftswesen. 
K 1. Begriff. Soll der Begriff „freiwillige Ge- 
richtsbarkeit“ als wissenschaftliche Kategorie erfaßt 
werden, so muß dies, da der Name selbst keinen 
festen Anhalt gewährt, auf geschichtlichem Wege 
geschehen. Es hat nun ursprünglich jurisdictio 
voluntaria im römischen Rechte bedeutet die 
Mitwirkung öffentlicher Organe
	        
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