Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
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Gemeinde (IV. Vermögensverwaltung) 
  
hauptete, wenn auch in mannigfachen, teils durch 
den allgemeinen Gang der Rechte und Kultur- 
entwicklung, teils durch die regionalen und ört- 
lichen Besonderheiten gegebenen Abwandlungen. 
Erst die mit dem Eindringen des Römischen Rechts 
eingeleitete, mit der Rechtsphilosophie und der 
wirtschaftlichen Doktrin des vorigen Jahrhunderts 
auf ihren Höhepunkt gelangte Bewegung führte 
auch hier zu einer Richtung der Gesetzgebung, 
welche sich die Auflösung des alten Ge- 
meinschaftsverhältnisses zum Ziel- 
punkte setzte. Seit der Mitte des genannten Jahr- 
hunderts (s. u. a. die bei Gierke, Das deutsche Ge- 
nossenschaftsrecht 1, 663 ange führten Beispiele, 
ferner ALRI117, 311) ist es in wachsendem Maße 
das Bestreben von Rechtsbildung und Praxis, ein 
individuelles und ausschließliches 
Eigentum einesteils der Gmd Glieder, andernteils 
der Gmd als Korporation auszuscheiden. 
Nur als eine Zwischenstufe zwischen beiden Ele- 
menten hat sich in der Form von Nutzungs- 
rechten, welche den einzelnen Gmd Gliedern an 
dem Grundeigentum der Gmd zugestanden wur- 
den, auf deren immer weitere Einschränkung jedoch 
Gesetzgebung und Praxis hinzuarbeiten pflegten, 
jenes frühere Gemeinschaftsverhältnis in einem 
nach der Rechtsentwicklung in den einzelnen Län- 
dern verschiedenen Umfange fortgesetzt (Bürger- 
vermögen, Allmende §§5 9 ff#). Besonders 
rasch vollzog sich, jener früheren Ausbildung des 
individuellen Eigentums entsprechend, die Be- 
schränkung oder Beseitigung der gemeinsamen 
Nutzungsrechte in den Städten. Tiese mach- 
ten von der aus dem Gange der Gesetzgebung 
für sie erwachsenen größeren Ausschlichlichkeit 
ihres Verfügungsrechts über das der Korpora- 
tion verbliebene Grundeigentum teils zu ratio- 
nellerer finanzwirtschaftlicher Ausnutzung, teils zu 
administrativen Zwecken Gebrauch. Die größere 
Mannigfaltigkeit der Zweckbestimmung, welche 
die administrative Verwendung des GV gerade 
in den Städten erhalten hat, war zugleich die 
Ursache, daß hier, zumal in den Gmd Betriebs- 
verwaltungen, sich neue Formen der Benutzung 
und Verwertung jenes Vermögens bildeten, deren 
den wirtschaftlichen Aufgaben entsprechende recht- 
liche Ausgestaltung Gegenstand eines noch fort- 
schreitenden Entwicklungsprozesses ist. 
##2. Vermögensfähigkeit der Gemeinde (Voll- 
streckung). Wie der Staat ist die Gmd Träger 
privater und öffentlicher Rechte: erstere sind aus- 
schließlich vermögensrechtlicher Natur. Die Um- 
grenzung der der vermögensrechtlichen Sphäre 
der Gmd angehörigen Beziehungen ist derjenigen 
analog, welche sich für den Staat aus dessen Be- 
zeichnung als Fiskus ergibt; der an sich zutreffende 
Ausdruck „Zemeindefiskus“ kommt in 
der amtlichen Terminologie indessen nur verein- 
zelt vor. Die dem Fiskus zustehenden Privi- 
16| ien pflegen auch den Gmd eingeräumt zu 
ein. 
Die Ausübung der Vermögensrechte seitens der 
Gmd ist durch ihre öffentlich-rechtliche Stellung 
bezw. ihren gemeinwirtschaftlichen Beruf beein- 
flußt; nur die formellrechtliche Seite regelt sich 
nach den Normen des, Privatrechts. Die Ver- 
mögensfähigkeit der Gmd äußert sich in der Be- 
fähigung, einmal die auf den Erwerb, die Er- 
haltung und Uebertragung bezw. den Verlust be- 
  
züglichen Rechtsgeschäfte vorzunehmen, sodann 
aber auch darin, rechtliche Verbindlichkeiten für 
die Gmd zu übernehmen. Der Inhalt der gegen 
die Gmd zur Entstehung gelangenden Forde- 
rungen wird dabei sehr wesentlich durch die Rück- 
sichten eingeschränkt, welche auf die dauernde 
Erhaltung der Leistungsfähigkeit der Gmd und 
die Verhütung der Ueberbürdung ihrer Mitglie- 
der genommen werden müssen. 
Die in conereto erforderlich werdende Rege- 
lung der Vollstreckung von rechtskräftig 
gegen die Gmd festgestellten Forderungen ist 
nach der Gesetzgebung der Mehrzahl der deutschen 
Staaten Sache eines Einvernehmens, in das die 
Gerichtsbehörden sich mit der der Gmd vorgesetz- 
ten Staatsverwaltungsbehörde zu setzen haben. 
So Preußen (hier gilt noch Allg. Gerichts- 
ordnung 124 5 45 Anh. §. 153), Sachsen (Vv. 
20. 11. 99 J# 2, 3), Württemberg und 
Hessen. In Bayern (A g8PO a 98) und 
Elsaß-Lothringen steeht überhaupt nur 
der Verw Weg offen. (Näheres bei Fleischmann, 
Zwanyzvollstreckung gegen fremde Staaten, 1910 
.) 
z 3. Arten des Gemeinde-Vermögens. Für 
die verwaltungsrechtliche Behandlung ist vor 
allem die Gliederung des GV nach der Zweck- 
bestimmung von Bedeutung. In dieser Be- 
ziehung ist zunächst zu unterscheiden zwischen 
demjenigen schon erwähnten G, bezüglich dessen 
die Benutzung den Gmd Mitgliedern zusteht — 
Bürger-- Gemeindeglieder vermögen 
Allmenden s. 89ff — und dem GV im 
engeren Sinne, oft Kämmereiver- 
mögen (in Elsaß-Lothringen biens courmunaux) 
genannt, über welches auch, was die Benutzung 
anlangt, die Gmd verfügt. Letzteres Vermögen 
läßt sich wieder scheiden in Verwaltungs- 
und werbendes (Finanz-) Vermögen, je 
nachdem das betreffende Vermögen unmittelbar 
den Aufgaben der Verwaltung dient oder aber 
die Bestimmung hat, durch Gewährung eines Er- 
trags Finanzmittel für die Führung des Gmd- 
Haushalts zu liefern (die bayerische Statistik un- 
terscheidet: Rentierendes und nicht rentierendes 
Vermögen. S. 7 12). Der Kategorie des Verw- 
Vermögens gehören teils solche Objekte an, welche 
sich, wie Straßen, Brücken, öffentliche Plätze, 
Parks, in der allgemeinen Benutzung des Publi- 
kums befinden (res publicae), teils solche, welche, 
ohne jedermann zugänglich zu sein, für die Be- 
friedigung administrativer Bedürfnisse bestimmt 
sind, wie Rathäuser, Bureaulokale, Krankenhäu- 
ser, Schulgebäude, Gebäude des Feuerlösch- 
dienstes usw. Die Scheidung von Finanz- 
und Verwaltungsvermögen ist eine 
mehr wissenschaftliche und insofern keine aus- 
schlichende, als es einerseits vorkommt, daß Ob- 
jekte, welche in erster Linic die Bestimmung der 
finanzwirtschaftlichen Nutzbarmachung haben, doch 
auch zugleich der unmittelbaren Befriedigung 
administrativer Bedürfnisse dienen (Forsten, die 
als Parks benutzt werden, Grundstücke, die unter 
Vorbehalt der Benutzung für gewisse öffentliche 
Zwecke vermictet werden), andererseits manche 
der in erster Linie für die Befriedigung administra- 
tiver Bedürfnisse bestimmten, ja selbst der dem 
öfsentlichen Verkehr zugänglichen Objekte, doch 
zugleich auch werbendes Vermögen sind, wie 
 
	        
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