Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
Gebäudesteuer 
  
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Gebäudesteuer 
1. Allgemeines. 1 2. Preußen. # 3. Bayern. 1 4. 
Württemberg. 1 5. Hessen. 1 6. Elsaß-Lothringen. #7. An- 
dere deutsche Staaten. 
[St — Steuer; GebSt — Gebäudesteuer! 
§+# 1. Allgemeines. Die Geböt ist eine Er- 
trags St, die den aus der Nutzung des Hauseigen- 
tums fließenden Ertrag (Gebäude-, Hausrente) 
trifft. Ihrem Zwecke nach ist sie zwar auf die 
Erfassung des Reinertrags gerichtet, die tatsäch- 
lichen Verhältnisse haben aber dazu geführt, daß 
das StObjekt mehr ein Zwischenprodukt zwischen 
Roh= und Reinertrag zu sein pflegt. Für die 
St Pflicht ist es ohne Bedeutung, ob die Nutzung 
durch Vermietung (Hausrente) oder durch eigenen 
Gebrauch (Mietwert) gewonnen wird. Doch ist 
dieser Unterschied für die Wahl der St Form maß- 
gebend. 
Die Gebt war ursprünglich in der Grund St 
mitenthalten. Diese leßtere traf nicht nur den 
land= und forstwirtschaftlich genutzten Boden, son- 
dern auch das Hauseigentum. Als aber im Laufe 
der Zeit an Stelle der einfacheren Besitzverhält- 
nisse eine stärkere Verschiebung und Differenzie- 
rung der Einkommensbildung trat und nament- 
lich in den Städten der Wertbildungsprozeß der 
Hausrente rasche Fortschritte machte, begann die 
Loslösung einer besonderen Ertrags St, der 
Geb St, von der Grundsteuer l/I. Dieser 
Prozeß wird früher in Staaten mit reinen Er- 
trags St Systemen abgeschlossen (1808 in Bayern, 
1810—15 in Baden, 1821 in Württemberg, 1824 
in Hessen) und er vollzieht sich langsamer da, wo 
Ertrags= und Personal St im St System verbun- 
den sind (1861 in Preußen). In einzelnen, be- 
sonders kleineren Staaten ist er auch heute noch 
nicht erfolgt (Sachsen, Sachsen-Weimar, Sachsen- 
Altenburg, Sachsen-Koburg-Gotha, Schwarzburg- 
Sondershausen, beide Reuß, Hamburg und Lü- 
beck). 
Wenn wir von der Tür-- und Fenster St absehen, 
die früher nach französischem Vorbild mitunter 
auch in Deutschland versucht wurde, heute aber 
nicht mehr vertreten ist (unten § 6), so lassen sich 
vier hauptsächliche Steuerformen unter- 
scheiden: 
v. Stengel-Fleischmann, Wörterbuch 2. Aufl. II. 
  
  
1. Die Hausklassensteuer. Diese bil- 
det nach der Größe, Bauart, Beschaffenheit der 
Gebäude, Zahl der Wohnungen und sonstigen 
Merkmalen ein Klassenschema. Nach seiner typi- 
schen Eigenart wird dann jedes St Objekt in eine 
Stufe des Klassentarifs eingerciht (Preußen). 
Die Hausklassen St ist geeignet für das Land und 
kleine Städte und überall da anwendbar, wo die 
Vermietung der Gebäude und Gebäudeteile nicht 
die Regel ist. 
2. Die Arecalsteuer. Aus Flächeneinheit 
und Flächeninhalt wird eine Ertragsgröße ge- 
bildet. Auf dieses Produkt wird dann ein be- 
stimmter Prozentsatz angewendet (Bayern). 
3. Die Mietertrags= oder Miet- 
zinssteuer (Hauszins-, Miethaus St). Hier 
wird der tatsächliche Mietwert der Häuser, den 
der Gebäudeeigentümer aus dem Miet= oder 
Hauszins durch Vermietung empfängt, der St 
zu Grunde gelegt. Er wird durch Schätzungen 
oder Selbstangaben der Hauseigentümer ermittelt 
und ist zunächst Rohertrag, von dem dann be- 
stimmte Kostensätze für Abnutzung, Reparaturen, 
Versicherung, nicht aber für Hypothekenschulden, 
abgezogen werden. Auf die so gewonnene Er- 
tragsgröße wird dann ein fester oder nach Finanz- 
perioden wechselnder St Satz angewendet. Häufig 
hat man an Stelle der wirklichen Mietwerte 
mehrjährige Durchschnitte gesetzt. Die Mieter- 
trags St geht von der Gepflogenheit des Ver- 
mietens von Häusern und Wohnungen aus und 
ist daher für größere und große Städte passend. 
4. Die Gebäudewertsteuer. An 
Stelle des Mietwerts (Ertrag) der Gebäude 
kann auch ihr Verkehrswert, der ge- 
meine Wert (Kapitalwert) zur Veranlagung 
der GebSt verwendet werden. Die Geb St ist 
dann in eine Vermögens St verwandelt worden. 
Auf den so berechneten Gebäudewert wird dann 
meist ein in pro Mille ausgedrückter St Satz an- 
gewendet. In städtischen Gemeinwesen läßt sich 
aus den Preisen beim Besitzwechsel der gemeine 
Wert unschwer berechnen. Doch begegnet dieses 
Verfahren auf dem Lande und teilweise auch in 
kleinen Städten mancherlei Schwierigkeiten. 
Die Gebäudewert St kann auch als Bau- 
platzsteuer dazu dienen, das ertraglose städti- 
sche Grundeigentum, die am Wertbildungsprozeß 
besonders beteiligten Baugrundstücke (Bauplätze) 
angemessen zur Steistung heranzuziehen. Mit 
Berücksichtigung der Verkehrswertsteigerung der 
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