Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
  
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Gemeinde (IV. Vermögensverwaltung) 
  
Nachbildungen in anderen Staaten zur Geltung 
gekommen. .. 
Die Frage, ob direkte oder indirekte 
Steuern den Vorzug in der Gem Besteuerung 
verdienen, ist nur im Zusammenhang mit dem 
Besteuerungssystem eines Staates zu beantwor- 
ten. In Deutschland überwiegen die direkten. 
weitaus. Im Jahre 1907 wurden nach der Denk- 
schrift zur Reichsfinanzreform in Deutschland von 
zusammen 1042,5 Mill. Mk. Gem St als direkte 
erhoben 889,5 Mill. Mark, während 45,4 Mill. 
auf Verbrauchs-, 12,6 Mill. auf Hunde= und 
Luxus St, 42,1 Mill. auf Verkehrs St, 6,4 Mill. 
auf sonstige indirekte St und 46, 1 Mill. auf 
Abg besonderer Schulverbände — wohl ebenfalls 
in direkter Form erhoben — entfielen. 
In früheren Zeiten spielten die indirekten 
St in Deutschland eine weit größere Rolle im 
Gem Haushalte. Doch wurde ihre Bedeutung und 
Entwickelung namentlich durch den Zollvereins- 
vertrag von 1867 und durch den Uebergang der 
Zölle und indirekten Verbrauchs St von den Ein- 
zelstaaten auf das Reich leider (s. Fuisting, Grund- 
züge der St Lehre 28) stark eingeschränkt (s. § 11). 
Die Miquelsche Kommunalsteuerreform versuchte 
die indirekten St zwar nach Möglichkeit zu fördern, 
wie §2 KommAbg G ergibt, wo ausdrücklich ge- 
sagt wird, daß durch direkte St nur der Bedarf 
aufgebracht werden darf, welcher nach Abzug des 
Aufkommens der indirekten St von dem gesamten 
StBedarfe verbleibt. Diese Absicht ist indessen nur 
mangelhaft erreicht worden. Während 1895/96 
in den preußischen Städten 16 745 000 Mk. — 
ca. 9%% des Finanzbedarfs in indirekten St ihre 
Deckung fanden, waren es 1905 35 206 000 
Mark = 9,30% des gesamten Finanzbedarfs. Am 
verhältnismäßig stärksten stiegen noch die Immo- 
bilienumsah St von 4 437.000 Mk. auf 10 743 000 
ark. 
In diesem starken Ueberwiegen der direkten St 
im Gemfpßaushalte ist ein nicht zu unterschätzendes 
Korrektiv gegen das Ueberhandnehmen der in- 
direkten Besteuerung in Staat und namentlich 
im Reich zu erblicken (Vgl. dazu O. Schwarz, Die 
Finanzsysteme der Großmächte, 1909, S 84ff). 
& 8. Zuschläge zu den Staatssteuern und 
selbständige Steuern. Die Abhängigkeit der Gem- 
Besteuerung vom StWesen des Staats gelangt, 
wie schon oben (#.7) angedeutet wurde, in ver- 
schiedenen Stufen zum Ausdruck. Sie kann sich 
darauf beschränken, daß die Kommunalbesteuerung 
bei grundsätzlich selbständiger Gestaltung diejeni- 
gen Grenzen einhält, welche die Interessen des 
Staatssteuerwesens vorschreiben und die in der 
Regel in dem Verbote gewisser Formen 
der Besteuerung für die Gem ihren Ausdruck 
finden. Sie kann aber auch in einer po sitiven 
Anlehnung an das Staatssteuerwesen be- 
stehen, dergestalt, daß die St Verteilung des Staats 
auch für die der Gem maßgebend ist. Als der 
schärfste Ausdruck einer Abhängigkeit der letzteren 
Art ist es anzusehen, wenn die GemSt ohne selb- 
ständige Veranlagung lediglich als Zuschläge 
zu den Staats St erhoben werden so, daß nicht 
nur die Veranlagung zur Staats St die Voraus- 
setzung für die Heranziehung zur Gem St bildet, 
sondern auch der an GemSt zu entrichtende 
Betrag sich nach einem konstanten prozentualen 
Verhältnis zum Betrage der Staats St bemißt. 
  
  
In eingeschränkter Weise gelangt das Prinzip 
der Zuschläge zur Anwendung, wenn, wie dies 
einzelne neuere Gesetzgebungen vorschreiben, bei 
Berechnung der Zuschläge zur Staatseinkommen- 
St derjenige Anteil vom Betrage der letzteren 
außer Ansatz bleibt, welcher sich auf den aus Grund- 
besitz bezw. Gewerbsanlagen, die in andern Gem 
belegen sind, fließenden Teil des bei der Veran- 
legung zur Grundlage genommenen Einkommens 
bezieht (J Doppelbesteuerung § 4.. Als eine beson- 
dere Form der Anwendung des Zuschlagsprinzips 
ist die Verteilung der Gem St nach den behufs 
Veranlagung der Staats Stermittelten Steuer- 
kapitalien anzusehen, wie sie insbesondere 
den Gesetzgebungen der süddeutschen Staaten 
geläufig ist; sie unterscheidet sich von der Erhebung 
von Zuschlägen im engeren Sinne nur dadurch, 
daß bei derselben die Heranziehung solcher Per- 
sonen und Objekte, welche von der Staats St frei, 
zur Gem St beizutragen aber verpflichtet sind, nach 
einer fingierten Einschätzung zu ersterer zulässig 
ist. In Nachstehendem wird unter der Bezeich- 
nung „Zuschläge“ diese letztere Form mitbegriffen 
werden. In denjenigen Fällen, wo neuerdings, 
nach dem Vorgange Preußens, der Staat auf die 
Weitererhebung gewisser Ertrags(Real-) St ganz 
verzichtet, aber die St weiter veranlagt, und die 
Gem zu diesen Sätzen Zuschläge erheben dürfen, 
spricht man wohl von „Prozenten" statt von 
„Zuschlägen". 
Den Gegensatz zu den Zuschlägen in ihrer ge- 
nannten verschiedenen Form bilden die selb- 
ändigen Gemöt. Für die neuere Entwick- 
ung ist escharakteristisch, daß vermöge des Bedürf- 
nisses, die Gem Besteuerung enger an die Staats- 
besteuerung anzuschließen, die Anwendung der 
Zuschläge wenigstens im Gebiete der direkten 
St fortgesetzt, auch in denjenigen Staaten, welche 
selbständige Gem St zulassen, an Ausdehnung 
gewonnen hat; die einschlägige Gesetzgebung 
Bayerns, Württembergs, Badens, 
Hessens und Elsaß= Lothringens be- 
ruht fast ausschließlich auf dem Zuschlagsprinzip. 
Dagegen hat von jeher in Sachsen die Gem- 
Autonomie eine große Rolle gespielt und in 
neuester Zeit hat auch in Preußen infolge 
der Miquelschen St Reform die Fortbildung und 
Verbreitung besonderer Gem St, namentlich von 
Ertrags- und Verkehrs St nicht unerhebliche Fort- 
schritte gemacht. S. dagegen in Bayerna 24 ff 
des neuen, noch nicht in Kraft getretenen Gem- 
Umlagen G v. 14. 8. 10. „Gemumlagen sind Zu- 
schläge der Gem zu den direkten Staats St." Der 
nicht zum Gesetz gewordene sächsische Gem- 
StReform-Entwurf von 1904 beabsichtigte eine 
Einschränkung der Gem Autonomie durch- 
zuführen. (Näheres bei v. Nostiz, Die Gem Be- 
steuerung im Kgr. Sachsen. S. Schriften des 
Vereins für Sozialpolitik 126, 245 ff). 
Der neue hessische Gemumlagenentwurf behält bei 
den direkten St das Zuschlagssystem im Großen und Ganzen 
bei, trägt jedoch den Besonderheiten der Gem Aufgaben und 
Gem Verhältnisse durch Erweiterung des Kreises der St Sub- 
lekte und objekte, stärkerer Betonung des Interessenmaß- 
stabes usw. Rechnung und läßt einc autonome Regelung 
innerhalb gesetzlich sestgestellter Grenzen und mit staatlicher 
Genehmigung für Warenhaus-Filialgewerbe St und St 
vom gewerbsmäßigen Handel mit ländlichen Grundstücken zu. 
Im allgemeinen kann es kaum einem Zweisel unterlie-
	        
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