Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
  
Gemeindesteuern (Preußen) 
  
lich weiter veranlagten Realsteuersoll abgesehen, 
werden also besondere Grund St erhoben, so kann 
ihre Umlegung erfolgen nach dem Reinertrage 
bezw. Nutzungswert eines oder mehrerer Jahre, 
nach dem Pacht-, bezw. Mietswert oder dem ge- 
meinen Werte der Grundstücke und Gebäude, nach 
den in der Gem stattfindenden Abstufungen des 
Grundbesitzes oder nach einer Verbindung meh- 
rerer dieser Maßstäbe. 
Die St vom Grundbesitze sind nach gleichen 
Normen und Sätzen zu verteilen. 
’Eine Ausnahme hiervon ist zulässig bei der Bauplatz- 
Keuer. Man wollte durch diese Spezialabgabe einerseits 
den Konjunkturengewinn treffen, andererseits aber auch die 
Spekulanten zur schnelleren Bebauung ihrer Grundstücke 
veranlassen. Der 127 Abs 2 Komm Abg#U ist nun aber derart 
gefaßt, daß die steuerpflichtigen Liegenschaften durch „Fest- 
setzung von Baufluchtlinien" in ihrem Werte erhöht sein 
müssen, während eine davon unabhängige Preissteigerung 
nicht in Betracht gezogen werden kann. Die enge Aus- 
legung, welche das O dem Begriffe der Festsetzung 
von Baufluchtlinien gab (s. Landsberg, Entwicklung des 
Gem Abg Wesens der preuß. Städte in den Schriften d. 
Bereins für Sozialpolink 127, 12) sowie die Schwierigkeit 
der Beranlagung haben die Gem meist auf eine Bauplatz- 
St verzichten lassen, und durch eine rationelle, in kurzen 
Zeinaumen neu zu veranlagende Bestceuerung des ge- 
meinen Werts aller Grundstücke ihr Ziel zu er- 
relichen gesucht. Mehrfach sind eingeführte Bauplatz St wie- 
der ausgehoben. Nur 2 Gem erheben sie noch (Gleiwitz und 
Hettstedt). Dagegen erfreut sich die Gem Grundwert St 
Kteigenden Interesses. Ihre Erträge sind meist wesentlich 
hoher als diejenigen der bis dahin erhobenen Realsteuer- 
prozente, ohne daß eine Bedrückung der St Zahler nachzuwei- 
sen ist — ein Zeichen, daß die St Quelle hierbei viel besser 
ausgenutzt wird. 
b) Gewerbesteuer [I. Die Realsteuer 
vom Gewerbebetriebe unterscheidet 
sich wesentlich durch den Umfang der obiektiven 
St Pflicht von der früher erhobenen Staats St. 
Außer den bereits im Gewerbesteuer Gv. 24. 6. 91 
veranlagten Betrieben sind unter anderen die 
landwirtschaftlichen Branntweinbrennereien, so- 
wie im Hinblick auf die außer Hebung gesetzten 
Bergwerksabgaben der Bergbau, ferner Aus- 
beutung von Torfstichen, Kiesgruben usw., endlich 
die gewerblichen Betriebe von Staat und Kom- 
munen, auch die Reichsbank der kommunalen Be- 
steuerung neu unterworfen. Als gewerbesteuerfrei 
werden ausdrücklich die Staatseisenbahnen und 
die mit der Eisenbahn Abg belasteten Privatbah= 
nen, nicht die Kleinbahnen, bezeichnet. 
Werden besondere GewerbeSt einge- 
führt, so können diese bemessen werden nach dem 
Ertrage des letzten Jahres oder einer Reihe von 
Jahren, nach dem Werte des Anlagekapitals oder 
des Anlage= und Betriebskapitals der Zahl der 
Arbeiter (Kopfbesteuerung) usw. S. darüber Min.= 
Erl. v. 22. 11. 05, 6. 7. 08 u. 26. 1. 1910 (MliV 
S. 203 bezw. 159 bezw. 23). 
Sind besondere Gewerbe St nicht eingeführt, 
so erfolgt kraft Gesetzes die Besteuerung in 
Prozenten der vom Staate veranlagten 
Gewerbesteuer. Zu diesem Zwecke wird die staatl. 
Veranlagung nach & 4 Gv. 14. 7. 93 wegen Auf- 
hebung direkter Staats St auf die neu zur Kom- 
munalSt herangezogenen Objekte mit erstreckt. 
Eine verschiedene Abstufung der Gewerbe St 
  
ist in beiden Fällen zulässig: 1. wenn die einzelnen 
Gewerbearten in verschiedenem Maße von den 
Veranstaltungen der Gem Vorteil ziehen oder der 
Gem Kosten verursachen; 2. wenn die gewerb- 
lichen Gebäude in stärkerem Verhältnisse zur 
Gebäude St herangezogen werden, als es nach 
Grundlage der staatlichen Gebäude St der Fall 
sein würde. 
Wenn sich Gewerbebetriebe über mehrere Gem 
erstrecken, so ist dies bereits bei der staatlichen Ver- 
anlagung zu berücksichtigen und eine entspre- 
chende Verteilung des Veranlagungssolls vorzu- 
nehmen. Bei besonderen St darf von vorne- 
herein nur der in der Gem belegene Teilbetrieb 
besteuert werden. 
Ueber Warenhaussteuer und Wander- 
lagersteuer (. diese. 
2. Gemeinde-Einkommensteuer. 
Gem Einkommen St rechtfertigen sich neben 
den Real St aus dem Doppelcharakter der Kom- 
mune als eines zugleich politischen und wirtschaft- 
lichen Verbandes, dessen Ausgaben auch für allge- 
meine Zwecke, wie Volksschule und Armenpflege, 
zutreffend nach der persönlichen Leistungsfähig- 
keit abzustufen sind. Daß in den mit Aufwen- 
dungen dieser Art überlasteten Gem die Ein- 
kommen St stets die Grundlage jedes Budgets 
bleiben wird, darf auch für die Zukunft nicht über- 
sehen werden. Andererseits muß aber im Auge 
behalten werden, daß in Preußen gegenwärtig 
die Staatseinkommen St (neben der Ergänzungs- 
St) die einzige direkte Staats St von Belang ist und 
daß der Staat in der freien Ausnutzung dieser 
Quelle sehr eingeschränkt wird, wenn sich die 
Gemzuschläge namentlich in den großen volk- 
reichen Städten über Gebühr steigern. Bei der 
Erhöhung der staatlichen Einkommen St (im 
Jahre 1909) wurde den Gem die Erhebung von 
Zuschlägen zu den Zuschlags-Sätzen ausdrücklich 
untersagt. 
a) Die subjektive Steuerpflicht. 
Neben den physischen Personen, die ihren Wohn- 
sitz in der Gem haben, werden in Anschluß an das 
Kommunalsteuer-Not G v. 27. 7. 85 Forensen, 
Aktiengesellschaften, Berggewerkschaften, Einge- 
tragene Genossenschaften, deren Geschäftskreis 
über den Kreis ihrer Mitglieder hinausgeht, juri- 
stische Personen, sowie der Staatsfiskus und seit 
der Nov. v. 22. 6. 07 auch juristische Personen, ins- 
besondere Gem und weitere Kommunalverbände, 
sowie Vereine, einschließlich eingetragener Ge- 
nossenschaften zum gemeinsamen Einkaufe von 
Lebens= und hauswirtschaftlichen Bedürfnissen im 
Großen und Absatz im Kleinen, auch wenn ihr Ge- 
schäftsbetrieb nicht über den Kreis ihrer Mitglie- 
der hinausgeht. Die G. m. b. H. sind der GemEin- 
kommen St dagegen nicht als solche (wie der 
Staats St) unterworfen. Die Gesellschaften wer- 
den nur hinsichtlich des der Gesellschaft aus Grund- 
besitzoder Gewerbebetricb in der Gem fließenden 
Einkommens herangezogen. 
Als Regel sind nur Zuschläge zur staat- 
lichen Einkommen St gestattet. 
Die in engen Grenzen zugelassenen be- 
sonderen Einkommensteuern unter- 
liegen weitgehenden Kontrollen und einer staat- 
lichen Genehmigung (§ 37 KommAbge).
	        
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