Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
140 
Gemeinde (IV. Vermögensverwaltung) 
  
a 81 verweisen auf statutarische Bestimmungen. 
Im übrigen enthält die V, die Ausführung des 
Gv. 30. 7. 87 über die Bäche und über die nicht 
ständig fließenden Gewässer betr. v. 24. 9. 87 
(Reg# 217) im 5 28 Vorschriften über die Ver- 
pflichtung zu Gem Diensten. Wenn nämlich zur 
bwendung von Wassergefahr augenblickliche 
Vorkehrungen nötig werden, so sind die Bürger- 
meistereien verpflichtet, auf Anordnung des 
Kreisamtes für sofortige Leistung der Hilfe mit 
Hand- und Spanndiensten, mit Lieferung von 
Materialien und Geschirr (Gerätschaften) zu sorgen. 
Verpflichtet zur Leistung von Handdiensten füh 
alle männlichen Einwohner im Alter zwischen 18 
und 55 Jahren mit gewissen Ausnahmen, zur 
Leistung von Spanndiensten und zur Lieferung 
von Materialien und Gerätschaften jeder im Be- 
sitz von Gespann usw. befindliche Einwohner. 
Zuwiderhandlungen werden nach & 10 St 
geahndet. 
z 8. Elsaß-Lothringen. Es können nur für 
Wegebauten Dienste gefordert werden, und zwar 
von jedem steuerpflichtigen Haushaltungsvorstand. 
Doch kann im Jahre nicht mehr verlangt werden 
als eine Leistung von je 3 Tagen jedes Pflichtigen, 
jedes zwischen 18 und 60 Jahren stehenden Fa- 
miliengliedes und Dienstboten und jedes Wagens 
und Zugtieres desselben. Stellvertretung und 
Leistung von Ersatzgeld sind gestattet (G v. 21. 5.36 
à 2—4). 
Liüteratur: Jebens im Pr#erwßl 24, 257 f f; 
Schoen, Recht der Kommunalverbände in Preußen, 
1897 1 87; die Kommentare zum Kommbg und den 
im Text aufgeführten Gem Gesetzen. — 
IV. Gemeindeschulden (Anleihen) 
6 1. Finanzwirtschaftliche Bedeutung und Gesichtspunkte 
der Gesetzgebung. # 2. Materielle Erfordernisse. 3 3. For- 
melle Garantien. # 4. Inhaberpapiere — Stadtobliga- 
tionen (Emissionsformen), Stadtschuldbücher. 4 5. Sta- 
tistisches. 
# 1. Begriff. Finanzwirtschaftliche Beden- 
tung und Gesichtspunkte der Gesetzgebung. 
Anleihen oder Schulden können bei den Gem 
wie beim Staate feste (fundierte) oder sch we- 
bende Schulden sein. 
Im allgemeinen werden die folgenden Aus- 
führungen von den Schulden ersterer Art han- 
deln, da diese an Umfang und Bedeutung im ge- 
meindlichen Haushalte weitaus überwiegen. Die 
GemOrdnungen pflegen denn auch über letztere 
positive Bestimmungen nicht zu enthalten (s. 3 3). 
Immerhin spielen sie namentlich in neuerer Zeit 
eine bedeutsamere Rolle wie früher (s. Kutzer, 
Zur Organisation des Kredits der deutschen 
Städte in den Schriften d. Vereins für Sozial- 
politik 127, 163 ff. 1910). Vorübergehender Geld- 
be darf tritt namentlich ein bei größeren GemBe- 
trieben, vorläufiger Herstellung von Gem Anstalten 
(Straßen, Kanäle), die dann von den Anliegern 
bezahlt werden sollen, bei Notwendigkeit vorläufiger 
Gelderbeschaffung, wenn sich die Genehmigung 
der erbetenen Anleihe hinzieht, u. a. m. Neuer- 
dings hat sich in Düsseldorf eine Städtegeldzentrale 
gebildet, die für kurze Fristen Geldausleihungen 
  
zwischen den Städten vermitteln will, um die 
Vermittelung der Banken dabei überflüssig zu 
machen. Denn es ist bekannt, daß Städte häufig 
auch Gelder für kürzere Zeiten nicht nur brauchen, 
sondern disponibel haben. 
Die Schuldenwirtschaft der deutschen Städte 
beginnt, wenn man von der Zeit des Mittelalters 
(Städtestaaten, Hansabund) absieht, in Deutsch- 
and erst seit Mitte des 19. Jahrhunderts größere 
Bedeutung zu gewinnen. Sie hat zum Aufblühen 
der Städte namentlich in der neuesten Zeit außeror- 
dentlich beigetragen, zum Teil allerdings auch recht 
schwere Belastungen der Budgets herbeigeführt 
Eine Aufnahme von festen Anleihen lediglich 
zu dem Zwecke, das fehlende Gleichgewicht zwi- 
schen Einnahmen und Ausgaben in Etat und Rech- 
nung herzustellen (sog. Defizit anleihen), kann 
in der Gem vielleicht noch weniger als im Staate 
gutgeheißen werden. In früheren Zeiten, wo 
die Aufnahme von Anleihen oft recht schwer 
und mit drückenden Bedingungen verbunden 
war, hat man daher oft die Veräußerung städti- 
schen Besitzes, namentlich Grundbesitzes der 
Schuldaufnahme vorgezogen. Dieses Vorgehen 
verdient durchaus nicht vorbehaltlose Billigung. 
Anleihen können wieder getilgt werden, wäh- 
rend für einmal veräußerten Grundbesitz viel 
seltener die Mittel zum Wiederverkaufe später zur 
Verfügung stehen werden. Viele Städte haben 
auf diese Weise sehr wertvolle Vermögensstücke 
namentlich zu Anfang des 19. Jahrhunderts in 
den schweren Kriegszeiten eingebüßt. Neuer- 
dings fängt man im geraden Gegensatze hierzu 
an, durch Ansammlung von sog. Grundstücksfonds 
— zum Teil sogar aus Anleihemitteln — eine 
zielbewußte Grundstückspolitik zu treiben, um sich 
rechtzeitig und zu angemessenen Preisen Grund- 
stücke für später notwendig werdende städtische 
Bauten zu sichern, des weiteren übrigens , 
um eine weitsichtige Wohnungspolitik zur Dur 
führung zu bringen. 
Sind Defizitanleihen nach Möglichkeit zu ver- 
meiden, so wird man Anleihcaufnahmen zu 
Zwecken, welche auch den zukünftigen Generatio- 
nen oder diesen vorzugsweise zugute kommen, 
oder zu den in neuerer Zeit stetig zunehmenden 
Betriebsanlagen (Gas-, Elektrizitätswerken, Stra- 
ßenbahnen usw.), die der Gem Ueberschüsse lie- 
fern, nicht mißbilligen können, ja sie oft für not- 
wendig und segensreich erachten müssen. (S. dazu 
u. a. Pohlmann, Welche Ausgaben durch Anleihen 
zu decken sind, in den Schriften des Vereins für 
Sozialpolitik Bd. 127 S151). Nicht zu mißbilligen 
sein wird auch im allgemeinen die Aufnahme von 
Anleihen zu Anlagen, die der Erfüllung eines 
öffentlichen Interesses und Bedürfnisses dienen, 
wie für Volksbadcanstalten, Kanalisationen, Müll- 
beseitigung, Friedhöfe, Markthallen, Häfen; da- 
gegen sollten für Unternehmungen, die der Un- 
terhaltung und dem Vergnügen dienen, wie 
Theater, Konzerthallen, Parks, Denkmäler, Aus- 
stellungshallen, ja selbst für Bibliotheken und 
Museen, in der Regel Anleihen nicht aufgenom- 
men, sondern hierfür auf Fondsansammlungen, 
Spenden von Wohltätern usw. Bedacht genom- 
men werden. Nur ausnahmsweise, aus nationalen 
und anderen besonderen Gründen läßt sich hier die 
Aufnahme von Anleihen rechtfertigen (dazu Min E 
v. 1. 6. 91, MBli V 84 u. v. 6. 8. 92, Mli V. 321).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.