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Gemeinde (IV. Vermögensverwaltung)
a 81 verweisen auf statutarische Bestimmungen.
Im übrigen enthält die V, die Ausführung des
Gv. 30. 7. 87 über die Bäche und über die nicht
ständig fließenden Gewässer betr. v. 24. 9. 87
(Reg# 217) im 5 28 Vorschriften über die Ver-
pflichtung zu Gem Diensten. Wenn nämlich zur
bwendung von Wassergefahr augenblickliche
Vorkehrungen nötig werden, so sind die Bürger-
meistereien verpflichtet, auf Anordnung des
Kreisamtes für sofortige Leistung der Hilfe mit
Hand- und Spanndiensten, mit Lieferung von
Materialien und Geschirr (Gerätschaften) zu sorgen.
Verpflichtet zur Leistung von Handdiensten füh
alle männlichen Einwohner im Alter zwischen 18
und 55 Jahren mit gewissen Ausnahmen, zur
Leistung von Spanndiensten und zur Lieferung
von Materialien und Gerätschaften jeder im Be-
sitz von Gespann usw. befindliche Einwohner.
Zuwiderhandlungen werden nach & 10 St
geahndet.
z 8. Elsaß-Lothringen. Es können nur für
Wegebauten Dienste gefordert werden, und zwar
von jedem steuerpflichtigen Haushaltungsvorstand.
Doch kann im Jahre nicht mehr verlangt werden
als eine Leistung von je 3 Tagen jedes Pflichtigen,
jedes zwischen 18 und 60 Jahren stehenden Fa-
miliengliedes und Dienstboten und jedes Wagens
und Zugtieres desselben. Stellvertretung und
Leistung von Ersatzgeld sind gestattet (G v. 21. 5.36
à 2—4).
Liüteratur: Jebens im Pr#erwßl 24, 257 f f;
Schoen, Recht der Kommunalverbände in Preußen,
1897 1 87; die Kommentare zum Kommbg und den
im Text aufgeführten Gem Gesetzen. —
IV. Gemeindeschulden (Anleihen)
6 1. Finanzwirtschaftliche Bedeutung und Gesichtspunkte
der Gesetzgebung. # 2. Materielle Erfordernisse. 3 3. For-
melle Garantien. # 4. Inhaberpapiere — Stadtobliga-
tionen (Emissionsformen), Stadtschuldbücher. 4 5. Sta-
tistisches.
# 1. Begriff. Finanzwirtschaftliche Beden-
tung und Gesichtspunkte der Gesetzgebung.
Anleihen oder Schulden können bei den Gem
wie beim Staate feste (fundierte) oder sch we-
bende Schulden sein.
Im allgemeinen werden die folgenden Aus-
führungen von den Schulden ersterer Art han-
deln, da diese an Umfang und Bedeutung im ge-
meindlichen Haushalte weitaus überwiegen. Die
GemOrdnungen pflegen denn auch über letztere
positive Bestimmungen nicht zu enthalten (s. 3 3).
Immerhin spielen sie namentlich in neuerer Zeit
eine bedeutsamere Rolle wie früher (s. Kutzer,
Zur Organisation des Kredits der deutschen
Städte in den Schriften d. Vereins für Sozial-
politik 127, 163 ff. 1910). Vorübergehender Geld-
be darf tritt namentlich ein bei größeren GemBe-
trieben, vorläufiger Herstellung von Gem Anstalten
(Straßen, Kanäle), die dann von den Anliegern
bezahlt werden sollen, bei Notwendigkeit vorläufiger
Gelderbeschaffung, wenn sich die Genehmigung
der erbetenen Anleihe hinzieht, u. a. m. Neuer-
dings hat sich in Düsseldorf eine Städtegeldzentrale
gebildet, die für kurze Fristen Geldausleihungen
zwischen den Städten vermitteln will, um die
Vermittelung der Banken dabei überflüssig zu
machen. Denn es ist bekannt, daß Städte häufig
auch Gelder für kürzere Zeiten nicht nur brauchen,
sondern disponibel haben.
Die Schuldenwirtschaft der deutschen Städte
beginnt, wenn man von der Zeit des Mittelalters
(Städtestaaten, Hansabund) absieht, in Deutsch-
and erst seit Mitte des 19. Jahrhunderts größere
Bedeutung zu gewinnen. Sie hat zum Aufblühen
der Städte namentlich in der neuesten Zeit außeror-
dentlich beigetragen, zum Teil allerdings auch recht
schwere Belastungen der Budgets herbeigeführt
Eine Aufnahme von festen Anleihen lediglich
zu dem Zwecke, das fehlende Gleichgewicht zwi-
schen Einnahmen und Ausgaben in Etat und Rech-
nung herzustellen (sog. Defizit anleihen), kann
in der Gem vielleicht noch weniger als im Staate
gutgeheißen werden. In früheren Zeiten, wo
die Aufnahme von Anleihen oft recht schwer
und mit drückenden Bedingungen verbunden
war, hat man daher oft die Veräußerung städti-
schen Besitzes, namentlich Grundbesitzes der
Schuldaufnahme vorgezogen. Dieses Vorgehen
verdient durchaus nicht vorbehaltlose Billigung.
Anleihen können wieder getilgt werden, wäh-
rend für einmal veräußerten Grundbesitz viel
seltener die Mittel zum Wiederverkaufe später zur
Verfügung stehen werden. Viele Städte haben
auf diese Weise sehr wertvolle Vermögensstücke
namentlich zu Anfang des 19. Jahrhunderts in
den schweren Kriegszeiten eingebüßt. Neuer-
dings fängt man im geraden Gegensatze hierzu
an, durch Ansammlung von sog. Grundstücksfonds
— zum Teil sogar aus Anleihemitteln — eine
zielbewußte Grundstückspolitik zu treiben, um sich
rechtzeitig und zu angemessenen Preisen Grund-
stücke für später notwendig werdende städtische
Bauten zu sichern, des weiteren übrigens ,
um eine weitsichtige Wohnungspolitik zur Dur
führung zu bringen.
Sind Defizitanleihen nach Möglichkeit zu ver-
meiden, so wird man Anleihcaufnahmen zu
Zwecken, welche auch den zukünftigen Generatio-
nen oder diesen vorzugsweise zugute kommen,
oder zu den in neuerer Zeit stetig zunehmenden
Betriebsanlagen (Gas-, Elektrizitätswerken, Stra-
ßenbahnen usw.), die der Gem Ueberschüsse lie-
fern, nicht mißbilligen können, ja sie oft für not-
wendig und segensreich erachten müssen. (S. dazu
u. a. Pohlmann, Welche Ausgaben durch Anleihen
zu decken sind, in den Schriften des Vereins für
Sozialpolitik Bd. 127 S151). Nicht zu mißbilligen
sein wird auch im allgemeinen die Aufnahme von
Anleihen zu Anlagen, die der Erfüllung eines
öffentlichen Interesses und Bedürfnisses dienen,
wie für Volksbadcanstalten, Kanalisationen, Müll-
beseitigung, Friedhöfe, Markthallen, Häfen; da-
gegen sollten für Unternehmungen, die der Un-
terhaltung und dem Vergnügen dienen, wie
Theater, Konzerthallen, Parks, Denkmäler, Aus-
stellungshallen, ja selbst für Bibliotheken und
Museen, in der Regel Anleihen nicht aufgenom-
men, sondern hierfür auf Fondsansammlungen,
Spenden von Wohltätern usw. Bedacht genom-
men werden. Nur ausnahmsweise, aus nationalen
und anderen besonderen Gründen läßt sich hier die
Aufnahme von Anleihen rechtfertigen (dazu Min E
v. 1. 6. 91, MBli V 84 u. v. 6. 8. 92, Mli V. 321).