142
Gemeinde (IV. Vermögensverwaltung)
ausgabe, sondern muß auf das Ganze
sehen. Eine große Gem namentlich mit indu-
strieller Bevölkerung wird alljährlich oder alle
2—3 Jahre auf Schulbauten rechnen können.
Das ist dann nicht mehr eine außerordent-
liche Ausgabe. In größeren Städten sind klei-
nere alljährlich wiederkehrende Bauten von Verw-
Gebäuden nicht als außerordentliche Ausgaben
u rechnen. Reparatur-= und Unterhaltungskosten
ur natürlich auch keine außerordentlichen An-
lagen. Umpflasterungen sind der Unterhaltung
des Straßenpflasters gleich zu achten.
Eine Zwangstilgung ist ebenfalls vorge-
schrieben und Mindesttilgungssätze sind festgestellt.
Schon 1891 war angeordnet, daß der Mindest-
tilgungssatz 19 sein müsse, daß aber bei den
rascher sich abnutzenden Pflasterungen minde-
stens 2, bei Kanalisationen 1 ½% des Anlage-
kapitals unter Zuwachs der ersparten Zinsen
usw. als Mindest sätze zu gelten hätten. Außer-
dem sollen bei werbenden Anlagen Betriebsüber-
schüsse, auch sonstige außerordentliche Einnah-
men, Beiträge zur außerordentlichen Tilgung Ver-
wendung finden. Ein Erlaß v. 23. 8. 07 (MB.D i.
B. 261) erhöht alle diese Mindestsätze auf 1 1, 2 1
bezw. 20, was bei 4% Verzinsung eine Tilgung
in 37, bezw. 25 bezw. 28 Jahren bedeuten würde.
Tuch die Kommunalgesetze in Elsaß-Lot u#
ringen und Hessen enthalten materiell-
rechtliche Genehmigungsvorschriften nicht. In
Hessen sind aber nähere Vollzugsvorschrif-
ten ähnlich wie für Preußen unterm 30. 8. 08,
in Württemberg unterm 8. 10. 07 erlassen. S.
auch Pohlmann in den Schriften des Vereins
für Sozialpolitik 127 1, 149 ff. Ueber die Til-
gung siehe noch: Kutzer a. a. O. S. 170 ff; Weißen-
born im Pr. VBl 1908 S 946 ff.
#§s 3. Formelle Garantien. Die allseitige Er-
wägung der in Betracht kommenden GemIn-
teressen wird dadurch sicher gestellt, daß zur An-
leihenaufnahme seitens der Gem der Regel nach
einmal die Zustimmung der Gem Vertretung bezw.
Gem Versammlung (in manchen Gem auch der
sog. Höchstbesteuerten, z. B. Elsaß-Lothringen),
zweitens aber auch die Genehmigung der Auf-
sichtsbehörde erfordert wird, die vor Er-
teilung dieser Genehmigung sich zu vergewissern
hat, daß die in § 2 erwähnten Voraussetzungen.
vorliegen, insbesondere auch die durch die für die
Zukunft eintretende Gebundenheit der Finanz-
wirtschaft der Gem erwachsenden Nachteile nicht
außer Verhältnis zu dem zu begründenden Nutzen
stehen. Nur für Anleihen von. geringem Betrage
oder für solche Anleihen, deren Rückzahlung noch
im Laufe der Voranschlagsperiode zu erwarten ist
(sog. schwebende Schulden § 1), sowie für vorüber-
gehende Verpfändungen von der Gem gehörigen
Wertpapieren pflegt es einer solchen Genehmi-
gung nicht zu bedürfen. Was die Zustän-
digkeit zur Erteilung der Genehmigung an-
langt, so besteht nach einzelnen Gesetzgebungen.
eine Stufenfolge insofern, als bei höherer Be-
lastung eine höhere Instanz die Entscheidung zu
treffen hat.
Die im preußischen Staate geltenden
GemO stimmen fast sämtlich darin überein, daß
die Beschlußfassung über die Aufnahme von Gem-
Anleihen in den Städten der Gen Vertretung,
auf dem Lande der Gem Versammlung und da,
wo die Rechte der Gem Versammlung durch einen
Vertretungskörper ausgeübt werden, diesem letz-
teren zusteht. In den Kreis-Ordnungs-Provinzen.
erfolgt die Genehmigung für die Land Gem durch
den Kreis-, für die Stadt Gem durch den Bezirks-
ausschuß (ZustG s 16 und 21). Dieser Geneh-
migung bedarf es überall da, wo durch die An-
leihe die Gem mit einem Schuldenstande belastet
oder der vorhandene vergrößert wird. Sie ist
also nicht erforderlich, wo es sich lediglich um Vor-
schüsse gegen Verpfändung geldwerter Papiere
handelt (StO für die östl. r. 5f50: hess.-nass.
StO v. 4. 8. 97 # 56; westfälische StO #49; rhei-
nische StO 8 46; östl. LGO 8 114 usw).
Nach der bayerischen GemO (a 63 für
das rechtsrheinische Bayern, a 47 für die Pfalz)
bedarf es zur Anleihenaufnahme, abgesehen von
der Zustimmung der Gem Bevollmächtigten, bezw.
der Gem Versammlung der Genehmigung der
vorgesetzten Verw Behörde, wenn der Betrag,
um welchen die Schuldenlast der Gem in demsel-
ben Rechnungsjahre vermehrt wird, in Gem mit
weniger als 2500 Einwohnern 500, von 2500 bis
5000 Einwohnern 1000, mit 5000 bis 20 000
Einwohnern 5000, mit größerer Seelenzahl
10 000 fl. übersteigt. Auch Abweichungen vom
Tilgungsplane, wodurch die Tilgung ganz oder
teilweise eingestellt wird, bedürfen der Geneh-
migung.
Im Königreich Sachsen beschließt über die
Aufnahme der Gem Anleihen der Gemeinderat,
bezw. die Stadtverordnetenversammlung. Einer
Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedarf es
dann, wenn die Vermehrung des Schuldenstandes
innerhalb Jahresfrist bei einer Einwohnerzahl
von unter 1000 mehr als 300 Mk., bei größerer
Einwohnerzahl mehr als 300 Mk. auf je 1000 Ein-
wohner beträgt. Die Erteilung der Genehmigung
erfolgt für die unter der revidierten Städteordnung
stehenden Städte durch die Kreis-, für andere Gem
durch die Amtshauptmannschaft (rev. St O §§P 13,
131, 138, rev. LGO 5#T 13, 93, 94).
In Württemberg bedarf es nach a 190
8 3 Gem O von 1906 und a 85 BezirksO von
1906, a 15 und 25 des G v. 21. 5. 91 für Ge-
meinde= und für Amtskörperschaften der regie-
rungsseitigen Genehmigung (Kreisregierung) bei
Kapitalaufnahmen, durch welche der Schulden-
bestand der betr. Korporation vermehrt wird (ab-
gesehen von sog. schwebenden Schulden).
Für Baden (GemO v. 19. 10. 06 5 1724).
gelten ähnliche Bestimmungen.
Für Hessen sind maßgebend die a 47, 117,
118 der St O und a 48, 92, 93 der LGO.
Für Elsaß-Lothringen (G v. 6. 6. 95
5# 74 u. 75) gilt Aehnliches wie für Baden mit
der Maßgabe, daß bei Anleihen, bei denen die
Tilgungsfrist 10 Jahre überschreitet, kaiserliche
Verordnung nötig ist. Auch müssen hier die Höchst-
besteuerten mitwirken (§ 44).
## 4. Juhaberpapiere — Stadtobligationen
(Emissionsformen) — Städtische Schuldbücher.
I. Die Prüfung der Sicherheit, die durch die
Finanzlage der Gem den Gläubigern für die Er-
füllung der Verpflichtungen aus den von ihr auf-
genommenen Anleihen gewährt wird, kann im
allgemeinen der Staat denjenigen überlassen,
welche mit der Gem in bezügliche Verhandlungen.
eintreten. Eine Ausnahme findet statt, wenn die