Gemeinheitsteilung (Preußen, landrechtlich)
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den zur Zeit ihres Erlasses bestehenden Geltungs-
bereich des ALR gegeben, d. i. für die Provinzen
Preußen, Posen, Pommern (mit Ausschluß von
Neuvorpommern und Rügen),
Brandenburg,
Schlesien, Sachsen, Westfalen (mit Ausschluß des
Herzogtums Westfalen, des Fürstentums Siegen,
der vormals nassauischen Aemter Burbach und
Neuenkirchen und der beiden Grafschaften Witt-
genstein) und für die landrechtlichen Kreise Rees
und Duisburg in der Rheinprovinz. Nachdem
durch das Publikationspatent v. 21. 4. 1825
(GS 153) das ALsk nebst seinen Ergänzungen —
wozu die GTO gehört (vgl. Lette und v. Rönne
2, 27) — auch in den vorstehend von der Provinz
Westfalen ausgenommenen Landesteilen einge-
führt war, und aus der Provinz Preußen die Pro-
vinzen Ost= und Westpreußen (1877), aus dem
Kreise Duisburg in der Rheinprovinz die Kreise
Duisburg, Essen, Mülheim a. d. Ruhr und Ruhrort
gebildet worden, umfaßt der Geltungsbereich der
GTO und ihrer Nachträge: die Provinzen Ost-
und Westpreußen, Posen, Pommern (mit Aus-
schluß von Neuvorpommern und Rügen), Bran-
denburg, Schlesien, Sachsen, Westfalen und die
Kreise Rces, Duisburg, Essen, Mülheim a. d. Ruhr
und Ruhrort in der Rheinprovinz.
#4. Begriff, Zweck und Gegenstand der Ge-
meinheitsteilnng.
I. Nach der GTO v. 7. 6. 1821 ist GT die zum
Besten der allgemeinen Landkultur gegen ange-
messene Entschädigung erfolgende Aufhebung der
avon mehreren Einwohnern einer Stadt oder
eines Dorfes, von Gemeinden und Gutsbesitzern
bisher gemeinschaftlich ausgeübten Benutzung
ländlicher Grundstücke“, mögen die Nutzungs-
gerechtsame „auf einem gemeinschaftlichen Eigen-
tum, einem Gesamteigentum oder einem ein-
seitigen oder wechselseitigen Dienstbarkeitsrecht
beruhen“ (GTO s§F 1, 2, 56). Eine Gemeinheit
liegt hiernach nicht nur vor, wenn ländliche Grund-
stücke im Miteigentum oder Gesamteigentum
mehrerer Beteiligter stehen (Gemeinheiten, All-
menden, gemeine Marken), sondern auch dann,
wenn solche Grundstücke mit fremden Dienst-
barkeitsrechten belastet sind z. B. Hütungsrechten
unterliegen (3 f. LandeskulturG 5, 35). „Die
bloß vermengte Lage der Aecker, Wiesen und
sonstigen Ländereien, ohne gemeinschaftliche Be-
nutzung, begründet keine Auseinandersetzung nach
dieser Ordnung.“ Soweit aber die Aufhebung
einer Gemeinheit erfolgt, „müssen die aus der
Gemeinheit scheidenden und darin bleibenden
Teilnehmer die Landentschädigungen möglichst
in einer zusammenhängenden wirtschaftlichen
Lage erhalten“ (GTO §§ 3, 61). Dem Zwecke der
Aufhebung der Gemeinheit tritt also der andere
Zweck der wirtschaftlichen Zusammenlegung an
die Seite, und die GT einer Feldmark charakteri-
siert sich hiernach als Spezialseparation
(oben § 1).
II. Der Aufhebung nach der GTO unterliegen:
Weideberechtigungen auf Aeckern, Wiesen, Angern,
Forsten und sonstigen Weideplätzen, Forstberechti-
gungen zur Mast, zum Mitgenusse des Holzes
und zum Streuholen, Berechtigungen zum Plag-
gen-, Haide= und Bültenhieb, — alle diese Gerecht-
same ohne Unterschied, ob sie auf gemeinschaftli-
chem (Gesamt-) Eigentum oder Dienstbarkeits-
rechten beruhen. Das Ergänzungsgesetz
v. Stengel-Fleischmann, Wörterbuch 2. Aufl.
v. 2.3. 50 zur GTO hat der Aufhebung nach Maß-
gabe der letzteren ferner unterworfen: das ge-
meinschaftliche Eigentum an Torsmooren und die
Berechtigungen 1. zur Gräserei und zur Nutzung
von Schilf, Binsen oder Rohr auf Ländereien und
Privatgewässern aller Art; 2. zum Pflücken des
Grases und des Unkrauts in den bestellten Feldern
(zum Krauten); 3. zum Nachrechen auf abge-
ernteten Feldern, sowie zum Stoppelharken;
4. zur Nutzung fremder Aecker gegen Hergebung
des Düngers; 5. zum Fruchtgewinne von ein-
zelnen Stücken fremder Aecker (zu Deputatbeeten);
6. zum Harzscharren; 7. zur Fischerei in stehenden
oder fließenden Privatgewässern; 8. zur Torf-
nutzung, — die zu 1 bis 8 gedachten
Berechtigungen jedoch nur, sofern sie
auf einer Dienstbarkeit beruhen, also ge-
gen fremde Grundstücke ausgeübt werden
(GTO 42, Erg. G a 1, 2). — Andere als alle
vorstehend bezeichneten Berechtigungen sind selb-
ständig nicht ablösbar. Wenn jedoch dem Zwecke
der Auseinandersetzung außer einer nach der GTO
und dem Ergänzungsgesetz aufzuhebenden ge-
meinschaftlichen Benutzung noch andere
Grundgerechtigkeiten hinderlich sind,
so müssen auch diese gegen Entschädigung aufge-
hoben werden (GTO 142).
III. Neben der letzterwähnten Erweiterung des
Gegenstandes der G hinsichtlich der Grundge-
rechtigkeiten bestehen andererseits Beschrän-
kungen hinsichtlich der Teilung gemein-
schaftlichen Eigentums: im allgemei-
nen für das erst nach Verkündigung der GTO
entstandene gemeinschaftliche Eigentum, welches
nicht nach den Vorschriften der GT, sondern
nur nach den allgemeinen Regeln über die Tei-
lung gemeinschaftlichen Eigentums (durch den
ordentlichen Richter) aufgelöst werden kann (GTO
* 165, Erg.G à 2; Schneider 106); außerdem im
besonderen für gemeinschaftliches Eigentum an
Forsten. Nach der GT0O ist die Natural-
teilung eines gemeinschaftlichen
Waldes nur zulässig, wenn die einzelnen Teile
zur forstmäßigen Benutzung geeignet bleiben oder
vorteilhaft als Acker oder Wiese zu nutzen sind;
sonst kann die Auseinandersetzung im Mangel einer
Einigung nur durch öffentlichen gerichtlichen Ver-
kauf bewirkt werden (GTO §s§ 109, 110; Zwangs-
vollstr.G 1897 §# 180 ff). Das für den ganzen
Umfang der Monarchie erlassene Gesetz über
gemeinschaftliche Holzungen v. 14.
3. 81 (GS 261) hat die Teilbarkeit gemeinschaft-
licher Forsten noch mehr eingeschränkt. Holzungen
(Grundstücke, deren hauptsächliche Benutzung in
der Holzzucht besteht), an denen beim Inkrafttre-
ten des Gesetzes das Eigentum mehreren Perso-
nen zusteht, ohne daß erweislich die Gemeinschaft
privatrechtlich entstanden ist, insbesondere Hol-
zungen der Realgemeinden, Gehöferschaften und
gleichartiger Genossenschaften, ferner Holzungen,
die Mitgliedern einer solchen Genossenschaft oder
einer Klasse von Mitgliedern, oder von Einwoh-
nern einer Gemeinde durch eine Gemeinheits-
teilung oder Forstdienstbarkeitsablösung als Ge-
samtabfindung überwiesen werden, oder früher
überwicsen worden und bis zum Inkrafttreten des
Gesetzes gemeinschaftliches Eigentum geblieben
sind, dürfen der Regel nach nicht in Natur geteilt
werden. Die Teilung ist nur insoweit — von der
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