Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
Gemeinheitsteilung 
(Baden — Hessen) 177 
  
setzungen gestattet: a) Es ist stets Staatsge- 
nehmigung dazu erforderlich; über deren Er- 
teilung ist von der Zentralbehörde (Min Inn), nur 
bei Verteilung von Allmendgut zum Genuß 
vom Bezirksamt zu beschließen; sie kann nach 
freiem Ermessen versagt werden. b) Es bedarf der 
Zustimmung einer Mehrheit der 
Beteiligten, und zwar bei Verteilung von 
eigentlichem Gemeindegut zu Eigentum oder 
Genuß und von Allmendgut zu Eigentum der Zu- 
stimmung von 34 sämtlicher Gemeindebürger, bei 
Verteilung von Allmendgut zum gesonderten, 
mit Kultivierung verbundenem Genuß der Zu- 
stimmung der absoluten Mehrheit der genußbe- 
rechtigten Bürger. c) Die Teilung sowohl zu 
Eigentum als zum Genuß hat derart zu erfolgen, 
daß soviel gleichwertige Teile, als Gemeindebürger 
vorhanden sind, gebildet und die Teile durchs Los 
den einzelnen Berechtigten zugewiesen werden. 
Nur bei der Teilung von Allmendgut können die 
Teilungsgrundsätze durch Gemeindebeschluß mit 
Staatsgenehmigung abweichend geregelt werden. 
d) Bei der Teilung von Gemeinde= oder Allmend- 
gut zu Eigentum ist jedenfalls soviel liegenschaft- 
liches Gut als Eigentum der Gemeinde zurückzu- 
behalten, daß jedem Gemeindebürger ein Anspruch 
auf Allmendgenuß an einem Morgen (0,36 ha) 
Acker oder Wiese (bezw. ½ Morgen Acker und 
1½2 Morgen Wiese) gesichert bleibt. 
Ouellen: 2. Konst.-Ed. v. 14. 7. 1807. Bad. Gem- O 
v. 31. 12. 1831, 1 127—148. 1 13 Ziff. 9 lt. c der V v. 
12. 7. 64 zum Vollz. des Verw und 144 der V v. 28. 
8. 84 über das Verfahren in VBerw Sachen. 
Siteratur: A. Christ, Das bad. Gemeindegesetz“ 
1844 S 114 ff; Fr. Fröhlich, Die bad. Gemeindegesetze 
1861 S 188 ff: Fr. Wielandt, Die bad. Gemeindege- 
sens gebung 1°, 344 ff; 3 für bad. Verwaltung, Jahrg. 1869 
S 209 ff, 1879 S 175 f (Pfister); A. Eliasberg, 
Die Bedeutung des Allmendbesitzes in der Gegenwart 
(DAolkswirtschaftliche Abhandlungen der bad. Hochschulen, 
9, 6. Erg. Heft) 1907; E. Walz, Das Staatsrecht des Groß- 
herzogtums Baden S. 290. Echenkel (Lewald). 
V. Bessen 
* 1. Begriff. # 2. Auseinandersetzungsver fahren. 
Auch im Großherzogtum Hessen stehen die Be- 
stimmungen über GT im Zusammenhang mit der 
im Beginn des 19. Jahrhunderts einsetzenden 
Agrargesetzgebung. Bereits 1808 war für das 
seit 1803 zu Hessen gehörige Herzogtum Westfalen 
eine landesherrliche Verordnung wegen der G- 
erlassen worden. Die in dieser aufgestellten Grund- 
sätze wurden durch die landesherrliche V v. 7. 9. 
1814 („Die Beförderung der Kultur durch G, 
Bestimmung der Befugnisse der Weideberechtig- 
ten und Teilung größerer Bauerngüter in kleinere 
Agrikultur-Etablissements betr.“) mit einigen 
Abänderungen auf die Provinzen Starkenberg 
und Oberhessen übertragen. Durch Gv. 19. 5. 
1827 erfolgte die Erstreckung der V v. 7. 9. 1814 
auf die Provinz Rheinhessen. Die praktische Be- 
deutung der Bestimmungen über die G ist in 
der Gegenwart nur noch gering. 
# 1. Begriff. 1. Auseinandersetzungs-Sachen 
(Separations-Sachen) im Sinne der V v. 7. 9. 
v. Stengel- Fleischmann, Wörterbuch 2. Aufl. II. 
  
  
  
1814 sind (s 6): a) Gemeinweiden (sog. Walde- 
meien), d) Hüteberechtigungen auf Waldboden 
und Blößen, c) Mastberechtigungen, d) Forst- 
gemeinheiten, Berechtigungen zum Mitgenuß 
eines Waldes zum gemessenen oder ungemessenen 
Gebrauch, e) Vorhute und Nachhute auf Wiesen, 
Fettweiden und Kuhkämpen. 
2. Zur Entscheidung der Frage, was „Separa- 
tions-Sache“ (und damit ausschließlich Sache der 
Teilungsbehörden) und was „reine Justizsache" 
(d. h. Sache der ordentlichen Gerichte) ist, gibt die 
Verordnung selbst eine Abgrenzung (S# 7—10). 
Darnach ist Separations--Sache: a) die Unterfu- 
chung und Entscheidung der Frage, ob eine 
Gemeinheits-Aufhebung, Teilung, Abfindung usw. 
geschehen soll, b) die Frage, wie die Aufhebung, 
Teilung, Abfindung durchgeführt werden soll 
(Teilungsfuß, Ausmittelung und Größe der Ab- 
findung, Richtigkeit der Vermessung, Bonitierung, 
Angemessenheit des zugewiesenen Anteils u. ä.), 
IP) die Entscheidung aller Nebenpunkte (insbeson- 
dere der Kostenfrage), d) die Ausführung der 
Auseinandersetzung (mit Anlegung der Kommuni- 
kationswege, Brücken, Abwässerungsanlagen usw. 
Ueber alle diese Fragen ist der ordentliche Rechts- 
weg ausgeschlossen. Dagegen gehören „alle strei- 
tigen. Punkte, welche die von der bevorstehenden 
oder im Werke begriffenen Auseinandersetzung 
stattgehabten Rechte selbst, als Eigenthums-, 
Nutzungs- und Servituts-Rechte nach ihrer Wirk- 
lichkeit, Beschaffenheit und Ausdehnung betreffen, 
nicht zur Kompetenz der Theilungsbehörden als 
solcher, sondern sind im Wege Rechtens auszu- 
machen“ (7 8). 
g 2. elsshanbersehungsverfahres. 1. Das 
Auseinandersetzungsverfahren erfolgt auf An- 
trag. Antragsberechtigt (### 38—54) ist der 
Eigentümer von Grund und Boden, für den einer 
der oben 5 1 Ziff. 1 aufgeführten Fälle gegeben. 
ist. Antragsrecht besitzt auch ein Miteigentümer 
gegen seine Miteigentümer und gegen die Be- 
rechtigten. Kein Antragsrecht steht dagegen dem- 
jenigen zu, der nur kraft einer Servitut das Recht 
auf die Mitbenutzung eines Areals hat. Der An- 
tragsteller hat die Größe des Teilungsgegenstandes, 
die Miteigentümer und die Berechtigten anzu- 
geben, ferner die Beschaffenheit und das Maß der 
Rechte, die ihm und den übrigen Interessenten 
zustehen, die Beweggründe zur Auseinander- 
setzung, die Art der Durchführung (§+ 55). 
2. Ergeben die dem Antrage folgenden einlei- 
tenden Erhebungen die Nützlichkeit der Auseinan- 
dersetzung, so erfolgt eine vorläufige Lo- 
kaluntersuchung (5 59). Fällt auch sie im 
Sinne des Antragstellers aus, so ernennt das 
Kreisamt einen Kommissär zur Auseinander- 
setzung, dessen nächste Aufgabe „die Liguida- 
tion der auf dem Obiekte der Auseinander- 
setzung haftenden Realrechte“ ist (§ 63). Zu die- 
sem Zwecke ergeht Ladung an die Interessenten 
zu einem Liguidationstermin (55 64 
bis 75). In dem Liquidationstermin werden von 
dem leitenden Beamten aus der Zahl der Interes- 
senten Deputierte, sowie unter Zuziehung der 
Deputierten ein Kurator für die zu teilende Ge- 
meinschaft ernannt. Die angemeldeten Ansprüche 
werden geprüft und festgestellt. Bleiben An- 
sprüche, die zur Kompetenz= der ordentlichen Ge- 
richte gehören (s. o. 3 1 a. E., 65 70—75) streitig, 
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