Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
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Gerichtskosten (Reichsrecht) 
  
samt-Solleinnahmen an E (einschl. Geldstrafen) im 
Etatsjahre 1909 rund 97 Millionen betrugen, während sich 
die laufenden Gesamtausgaben für die Justizverwaltung 
auf rund 152 Mill. Mk. beliesen. Beim Reichsgericht, wo# 
nur Kosten in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und in 
Strafsachen erwachsen, betrug 1909 die Solleinnahme an 
solchen 930 000 Mk., während die Gesamtsollausgaben 
für das Reichsgericht (ohne die Kosten des Reichsjustizamts) 
sich auf 2 075 015 Mk. stellten. 
II. Das GK Wesen beruhte bis zum Jahre 1879 
durchweg auf landesgesetzlichen Vorschriften; erst 
mit dem Erlaß der Reichsjustizgesetze ergab sich 
die Notwendigkeit der reichsgesetzlichen Regelung 
für das durch die gedachten Gesetze betroffene 
Gebiet. Diese Regelung erfolgte zunächst durch 
das GKG v. 18. 6. 78, wonach Geb und Auslagen 
der Gerichte in allen vor die ordentlichen Gerichte 
(d. h. Amts-, Land--, Oberlandesgerichte, Reichs- 
gericht und bayerisches Oberstes Landesgericht) 
gehörigen Rechtssachen, auf welche die ZP, 
St PO oder KonkO Anwendung findet, zu er- 
heben sind. 
Obgleich seitdem auch das Verfahren der 
wangsversteigerung und Zwangsverwaltung von 
rundstücken und Schiffen sowie das Grundbuch- 
wesen und die freiwillige Gerichtsbarkeit (W#Ü 
reichsgesetzlich geregelt worden ist, blieb doch die 
Bestimmung des Kostenwesens für diese Ange- 
legenheiten wie auch sonst in allen landesrechtlich 
geordneten Verfahrensarten den Bundesstaaten 
überlassen. 
Das schon vor dem Inkrafttreten der Reichsjustizgesetze 
ergangene, auf Wahrscheinlichkeitsannahmen aufgebaute 
GKGesetz ist in der Begründung zum Entwurf unverhohlen 
als ein Versuch bezeichnet worden, der voraussichtlich bald 
die auf Erfahrungen sich stützende Hand der Revision heraus- 
sordern werde. Gegen dasselbe ist denn auch bald nach 
seinem am 1. 10. 79 erfolgten Inkrafttreten wegen der 
Höhe der Kosten in der Presse und im Publikum ein wahrer 
Ansturm erfolgt, so daß bald darauf durch die Nov. v. 28. 
6. 81 eine Ermäßigung einiger Geb und besonders der 
Schreib Geb eintreten mußte. Da trotzdem vie Klagen über 
zu starke Belastung des rechtsuchenden Publikums durch 
die GK nicht verstummten, so wurde abermals im Jahre 
1887 dem Reichstag ein auf Ermäßigung der Prozeßkosten 
gerichteter Entwurf vorgelegt, der aber auch zugleich das 
Gebiet der Anwalts Geb umfaßte. Der Entwurf fand nicht 
Annahme (Reichstag Drucki Nr. 54 Leg P 7, Session 1 1887). 
Der Erlaß des B#B und die danach vorgenom- 
mene Aenderung der Z3PO führten auch eine 
Abänderung des GKG — durch a 1 E zur 
3PONov. v. 17. 5. 98 — herbei. Das GK ist 
alsdann in neuer Fassung durch Bek v. 20. 5. 98 
veröffentlicht. Weitere Abänderungen sind durch 
die 8PONov. v. 1. 6. 09 und das G betr. die 
Zuständigkeit des Reichsgerichts v. 22. 5. 10 
erfolgt. 
Das GKG gilt auch für die Konsular-= 
gerichtssachen gemäß KonsG# G v. 7. 4. 00 
sowie in den Kolonien (Schutzgebieten) 
laut Vig des RK v. 28. 11. 01. Ueber die Ab- 
weichungen von dem mutterländischen Recht un- 
ten § 25, 26. 
In dem Verfahren vor den Gewerbe-- und 
Kaufmannsgerichten #| wird eine ein- 
malige Geb von 1—30 Mk. nach dem Werte des 
Streitgegenstandes erhoben. (GewGerG #58, 
n- 29. 9. 01 und Kaufmanns Ger G v. 6. 7. 04 
  
m militärgerichtlichen Verfahren 
fallen die Kosten der Militärverwaltung zur Last. 
(MStGO v. 1. 12. 98 5 469). 
I. Reichsgesetzliche Gebühren 
## 2. Vorbemerkungen. Das GKesetz regelt 
die Vergütung der gerichtlichen Tätigkeit grund- 
sätzlich nach dem Pauschgebührensystem, 
wodurch die Einzelberechnung für richterliche 
Akte und Nebendinge ausgeschlossen wird. Als 
Maßstab bei der Geb Berechnung dient — in bür- 
gerlichen Rechtsstreitigkeiten und Konkurssachen 
— ein Tarif. Danach beträgt die volle Geb in 
der ersten Wertklasse bei einem Objekt 
bis 20 Mk. einschl. 1.— Mk. bis 1600 Mk. einschl. 38 Mk. 
„ 60 „ „ 2.40 „ „ 2100 „ „% 44 „ 
„ 120 „ „ 4.60 „, „ 2700 „ „ 50 . 
„ 200 „ „ 7.50 „ „ 3400 „ „ 56 „ 
„ 300 „ „ 11.— „ „ 4300 „ „ 62 „ 
„ 450 „ „ 15.— „ „ 5400 „ „ 68 „. 
„ 650 „ „ 20.— „ „ 6700 „ « 74« 
«900..28.—..8200..81« 
„ 1200 „ „ 32.— „ „ 10000 „ „ 90 „ 
Die ferneren Wertklassen steigen um je 2000 Mk. und die 
Gebühren um je 10 Mk. Der Mindestbetrag einer Gebühr 
ist 20 Pf. (vgl. unten # 20). 
Eine Erhebung von Stempeln ) und an- 
deren Abgaben neben den Geb ist unstatthaft. Ur- 
kunden (z. B. auch Vollmachten) von denen im 
Verfahren Gebrauch gemacht wird, sind nur inso- 
weit einem Stempel oder einer anderen Abgabe 
unterworfen, als sie es auch ohne diesen Gebrauch 
sein würden. Dagegen bleiben die im Verfahren 
errichteten Urkunden, soweit ihr Inhalt über den 
Gegenstand des Verfahrens hinausgeht, den all- 
gemeinen Vorschriften über Erhebung von Stem- 
peln oder anderen Abgaben unterworfen. So- 
weit die danach zu berechnende Abgabe für Ver- 
gleichsurkunden nicht etwa von der betreffenden 
Geb erreicht wird, ist der Mehrbetrag besonders 
zu erheben. 
In der höheren Instanz erhöhen sich 
sämtliche Geb Sätze: in der Berufung um ½, in 
der Revision (Reichsgericht und bayr. Oberstes 
Landesgericht) auf das Doppelte (vgl. unten 
#s#4 a. E.). 
A. Gerichtsgebühren in bürgerlichen Rechts- 
streitigkeiten 
z 3. Gebührenarten. Der Zivilprozeß wird 
Wje nach Verlauf und Ausdehnung durch drei Arten 
von Geb besteuert und zwar 
a) die Verhandlungsgebühtr, die für 
die kontradiktorische Verhandlung) d. h. eine solche 
Verhandlung erhoben wird, in welcher beide Teile 
1) Nur in Ehesachen, in Rechtsstreitigkeiten, welche die 
Feststellung des Rechtsverhältnisses zwischen Eltern und 
Kindern zum Gegenstande haben, in den vor die Landge- 
richte gehörigen Entmündigungssachen und in dem Ver- 
fahren über die gegen eine Todeserklärung erhobene An- 
sechtungsklage wird ausnahmsweise immer, sofern nur der 
Kläger verhandelt, eine Verhandlungs Geb erhoben; ebenso 
für die Verhandlung im vorbereitenden Verfahren vor einem 
beauftragten Richter, d. h. in Prozessen, welche die Richtig- 
keit einer Rechnung, eine Vermögensauseinandersetzung 
oder ähnliche Verhältnisse zum Gegenstande haben.
	        
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