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Gewässer — Gewerbe
z 10. Elsaß-Lothringen. Nach dem G über
Wasserbenutzung und Wasserschutz v. 2. 7. 91 be-
dürfen diejenigen Veranstaltungen von Wasser-
läufen jeder Art (zu welchen die im Eigentum
stehenden Teiche, Seen, Schiffahrtskanäle, Wall-
gräben, Stauweiher und sonstige zu öffentlichen
Zwecken dienende Wasseranlagen nicht gehören)
einer Genehmigung, welche den Lauf des Was-
sers zu verändern geeignet sind; insbesondere
die Anlage von Wassereinführungen in einen
Wasserlauf und von Veranstaltungen, welche die
Eigenschaften des Wassers durch Zuleitung fremder
Stoffe zu verändern oder in sonstiger Weise
die Benutzung des Wassers zu verhindern oder zu
erschweren vermögen. Die Genehmigung erfolgt
unter Vorbehalt der Rechte Dritter. Die Be-
hörde prüft, ob durch die beabsichtigte Veran-
staltung öffentliche Interessen gefährdet oder
erhebliche Nachteile für benachbarte oder sonst
von der Anlage berührte Grundstücke herbeige-
führt werden. Auf die Erteilung der Genehmigung
finden die Vorschriften der I# 17—22, 25, 49
der GewO und §& 8 des E v. 27. 2. 88 An-
wendung (5§ 2). Sie erfolgt nur unter der Be-
dingung, daß sie aus Gründen des öffentlichen
Interesses jederzeit widerrufen oder beschränkt
werden kann. Hinsichtlich schiff= oder flößbarer
Wasserläufe und bei Neuverteilung des Wassers
an nicht schiff= oder flößbaren Wasserläufen ent-
fällt jeder Entschädigungsanspruch (#1 5).
& 11. Thüringische Staaten.
Die Landesgesetze der Kleinstaaten entstammen
der Mitte des 18. Jahrhunderts. Sie lehnen sich
an das ältere deutsche Wasserrecht an. Hatte dieses
die Schranken der Benützung des Wassers in dem
Gemeingebrauch und den besonderen Wasser-
nutzungsrechten, z. B. der Müller, der Fischer,
gesehen, so gestatten auch jene Gesetze den Ge-
meingebrauch, durch welchen weder die Beschaf-
senheit des Wassers oder des Wassergrundstücks
(Bett, Ufer) auf schädliche Art wesentlich verändert
noch jemand in seinen Benutzungsrechten gestört
wird. Darüber hinausgehende Nutzungen, z. B.
Ableitung schädlicher Flüssigkeiten aus Gerbereien,
Färbereien, Bleichereien usw. werden von einer
Erlaubnis oder Verleihung der Behörde abhängig
gemacht. Das Röten von Flachs und Hanf in
fließenden Gewässern wird durch die meisten
Fischerei= oder Wassergesetze mit Zulassung ein-
zelner widerruflicher Fälle verboten. Soweit die
Landesgesetze Lücken bieten, wird häufig auf das
Reichsrecht zurückgegriffen, das die Unter-
sagung erheblicher, nicht ortsüblicher Bceeinträch-
tigungen von Nachbargrundstücken, z. B. durch
übelriechenden Schlamm der Abwässerungen,
gestattet (§§ 903, 906, 1004 1 BGB). Schwierig-
keiten haben sich oft daraus ergeben, daß für Schä-
digungen durch Abwässer unzulänglicher geneh-
migter Anlagen, welche gegen die Klage aus
#§ 1004 1 B geschützt sind, nach § 26 GewO
kein Schadenersatz geleistet wird. -
Ziteratur: Kloeß, Die allgemeinen Sachen
Luft und Wasser nach deutschem Rechte (mit Berücksichtigung
der Abwässerfrage) 1907; Kloeß, Das deutsche Wasserrecht
und das Wasserrecht der deutschen Bundesstaaten 1908;
im übrigen die Schriften beim Artikel Gewässer (Unter-
haltung) oben S 233 und bei „Entwässerung“. Kloeß.
Gewerbe
A. Reichsgebiet'?)
I. Gewerbepolizei S 238. II. Gewerbliche Anlagen
S 248. III. Gewerbliche Arbeiter Bd. I S 149—177.
IV. Gewerbeaussicht S 253. V. Gewerbliche Berufsver-
tretungen S 257.
B. Schutzgebiete S 259
A. Reichsgebiet
I. Gewerbepolizei
* 1. Geschichtliche Einleitung. # 2. Die Gewerbefreiheit.
# 3. Der ambulante Gewerbebetrieb und der Gewerbe-
betrieb im Umherziehen. ## 4. Der Handelsreisende. 3 5.
Meß= und Marktverkehr. # 6. Der stehende Gewerbe-
betrieb. 3 7. Untersagung gewerblicher Betriebe. 1 8. Kon-
zessionen. 1 9. Einzelne Besonderheiten. # 10. Stellver-
tretung der Gewerbetreibenden.
lGew — Gewerbe; Gew Pol — Gewerbepolizeil
é 1. Geschichtliche Entwickelung. Das Ge-
werbewesen des Mittelalters hat sich auf der
Grundlage der Zunftverfassung aufgebaut. Die
Zünfte waren genossenschaftliche Verbindungen
von Gewerbetreibenden desselben oder verwand-
ter Handwerke zur gemeinsamen Förderung
ihrer Interessen. Sie hatten obrigkeitliche Befug-
nisse und übten auf gewerblichem Gebiete Ge-
richtsbarkeit und Polizei aus mit der Befugnis,
auch bindende Rechtsvorschriften zu erlassen. Die
Befugnis zum Gewetriebe war von der nur
unter Erfüllung gewisser Bedingungen gewährten
Mitgliedschaft bei der Zunfst (Zunftzwang) ab-
hängig, vielfach auch noch an Grund und Boden
gebunden und durch Zwangs= und Bannrechte
beschränkt. Als sich mit dem Nicdergange der
Zünfte die Klagen über die sog. „Handwerks-
mißbräuche“ erhoben, und gleichzeitig die Staats-
gewalt erstarkte, kam die Idee zum Durchbruche,
daß die staatliche Gewalt für eine gute Produktion
sorgen und die Regulierung der Konkurrenz in
die Hand nehmen müsse. Neben dem Zunft- ent-
wickelte sich demgemäß gegen Ende des 17. und
besonders im 18. Jahrhunderte das Konzessions-
system, auf Grund dessen der GewBetrieb von
einer staatlichen Genehmigung abhängig gemacht
wurde. Dieses System kam insbesondere für die
damals aufkommenden Fabriken IX1 und indu-
striellen Unternehmungen zur Anwendung, wäh-
rend das Zunftwesen für das Kleingewerbe fort-
bestand, freilich in modifiziertem Maße, da die
Zünfte ihrer bisherigen Selbständigkeit entkleidet
und vollständig der Staatsgewalt unterworfen
wurden.
Dieser Zustand währte bis zum Beginne des
19. Jahrhunderts. Diejenigen Gebietsteile, die
*) Als besondere Artikel solgen: Gewerbegerichte,
Gewerbesteuern, Gewerblicher Unterricht.
Gewerbefreiheilt S210; Ladenschluß S 241.
Vol. serner: Handel, Handwerk, Fabrik, Wan-
dergewerbe, Schankgewerbe und die in dem Art.
„Gewerbepolizei“ hervorgehobenen besonderen Stichworte.