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üglich der Zurücknahme der Bestellung gilt das-
selbe wie bei Konzessionen (vgl. § 8).
-10. Stellvertretung der Gewerbetreibenden.
Eine Stellvertretung ist nur für den stehenden
Gew Betrieb, nicht auch für den Gewetrieb im
Umherziehen gestattet; doch muß der Stellver-
treter allen denjenigen Erfordernissen genügen,
welche auch von dem selbständigen Gewerbetrei-
benden erfüllt sein müssen, wenn er zu dem Gew-
Betriebe zugelassen werden will, also z. B., wo
er geboten ist, den Nachweis der Befähigung be-
sitzen (§ 45 GewO)y. Für die Pfandleiher, Pfand-
vermittler und Stellenvermittler, sowie für die
vorstehend im §5 9 Ziff. 2 bezeichneten Gewerbe-
treibenden, für die Händler mit Giften, Lotsen
und Markscheider und für Schornsteinfeger, denen
ein Kehrbezirk zugewiesen ist, hat aber diejenige
Behörde, welche die Konzession oder Anstellung
verleiht, darüber Bestimmung zu treffen, ob und
inwiefern eine Stellvertretung zulässig ist (§ 47
Gewd0).
Eine besondere Art der Stellvertretung regelt
#s46 GewO. Hiernach dürfen die Rechtsnachfol-
ger eines Verstorbenen dessen Gewerbe fort-
setzen, und zwar, wenn sie selbst nicht den gesetz-
lichen Anforderungen entsprechen, durch einen
Stellvertreter. Dieser vertritt die Witwe während
des Witwenstandes und die minderjährigen Kin-
der. Ebenso darf der bestellte Pfleger als Stell-
vertreter seines Pfleglings und, wenn eine Nach-
laßregulierung in Frage steht, derjenige, welcher
mit der Fortführung des Gew Betriebs betraut
ist, als Stellvertreter der Nachlaßmasse für die in
der Auseinandersetzung begriffenen Miterben
das Gewerbe fortsetzen. In allen diesen Fällen
muß aber der Stellvertreter alle diejenigen Be-
dingungen erfüllen, ohne welche auch der selb-
ständige GewBetrieb nicht zulässig wäre.
Aber auch derjenige Stellvertreter, welcher allen
Anforderungen genügt, muß von dem Gewerbe-
treibenden bei Verlust der ihm verliehenen Kon-
zession, Approbation, Bestellung entlassen werden,
wenn er bei der Ausübung des Gewerbes polizei-
liche Vorschriften übertreten hat, an deren Ueber-
tretung der Verlust dieser Verleihungen geknüpft
ist (5 151 Gew0O).
Lüteratur: M. v. Seydel, Das Gew Polecht
des Deutschen Reiches 1881, neue Ausgabe von Schecher
1910; v. Landmann, Kommentar zur Gew Ordnung"
1911; Schenkel, Deutsche Gewerbeordnung nebst Vollz.=
Vorschriften 1899/94; v. Schicker, Die Gew Ordnung für
das Deutsche Reich“ 1901; v. Rohrscheidt, Die Gew.
Ordnung für das Deutsche Reich 1904; Nelken, Das
GewRecht in Preußen Bd. 1 1906; Neukamp, Gew-
Ordnung? 1910; Berger-Wilhelmi, Gew Ordnung
(bearb. von Spangenberg) ½ 1907; Reger, Hand-
ausgabe zur Gew Lrdnung, bearbeitet von Stöhsel,
4. Aufl., 1908; Nelken, Gew Ordnung für Elsaß-Loth-
ringen bearb. 1909; Hoffmann, Gewo#dnung 7. u. 8.
Aufl. 1910; Stenglein, Kommentar zu den strafrecht-
lichen Nebengesetzen des deutschen Reiches " 1 1911, Nr.
75—90 „Gewerbliche Geseye“ (Lindenberg - Ebermayer);
Groschuff, Eichhorn, Delius, Die preußischen
Strasgesetze, erläutert? 1904 Nr. 69—74; Bossen, Der
Schutz der Gewfreiheit durch das preuß. O##1910;
Kähler, Stellvertretung im Gewketrieb, 1993.
Zeitschrift: Gewerbearchiv.
Nellen.
Gewerbe
II. Gewerbliche Aulagen
m 1. Begriff und Einleitung. # 2. Geräuschvolle gewerb-
liche Anlagen. # 8. Untersagung des Betriebs anderer be-
stehender Anlagen. # 4. Die genehmigungspflichtigen An-
lagen. # 5. Das Genehmigungsverfahren. # 6. Wirkungen
der Genehmigung. 4 7. Dauer der Genehmigung. 1 8.
Weitergehende landesrechtliche Borschriften.
# 1. Begriff und Einleitung. Gewerbliche An-
lagen sind Einrichtungen, die zum Zwecke einer
gewerbsmäßigen Be= und Verarbeitung von Ge-
genständen auf eine gewisse Dauer bestimmt sind,
also nicht etwa bloße Niederlagen, in wel-
chen Waren oder Stoffe lagern, andrerseits auch
nicht Anlagen, welchen der gewerbliche
Zweck fehlt, und die etwa für landwirtschaftliche
oder ausschließlich eigenwirtschaftliche Zwecke be-
stimmt sind.
Derartige Anlagen können für den Besitzer oder
Bewohner der Nachbargrundstücke oder auch für
das Publikum überhaupt erhebliche Nachteile, Ge-
fahren oder Belästigungen, sei es durch Verun-
reinigung der Luft oder Gewässer, sei es durch
Feuer= oder Wassergefahr, sei es durch Lärm oder
üble Gerüche mit sich führen. Gegen solche Schä-
digungen hat die Gesetzgebung schon von jeher
durch Regelung des Nachbarrechts einen mehr.
oder minder weitgehenden zivilrechtlichen
Schutz gewährt, und auch § 907 B bestimmt,
daß der Eigentümer eines Grundstücks die
Unterlassung solcher Anlagen auf dem Nachbar-
grundstücke verlangen kann, deren Bestand oder
Benutzung voraussichtlich auf sein Grundstück eine
unzulässige Einwirkung zur Folge haben wird,
während andererseits § 906 dem Besitzer der
Anlage insoweit Schutz gewährt, als der Nachbar
solche ungünstigen Einwirkungen nicht verbieten
kann, insofern dadurch die Benutzung seines Grund-
stücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt
wird, und § 26 Gewp statt der Klage auf Ein-
stellung des Gewerbebetriebs nur eine Klage auf
Herstellung von Einrichtungen, welche die Benach-
teiligung ausschließen, oder auf Schadloshaltung
gewährt, sofern die gewerbliche Anlage mit obrig-
keitlicher Genehmigung errichtet ist. Auch vom
öffentlichrechtlichen Standpunkte ge-
währte das allgemeine Polecht schon früher
(vgl. z. B. preuß. ALR #& 10 11 17) eine gewisse
Sicherheit gegen die der Oeffentlichkeit von sol-
chen Anlagen drohenden Gefahren und Belästi-
gungen, insoweit die Polizei überhaupt den Stö-
rungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung
entgegenzuwirken hat. Im übrigen bestand aber
bis gegen die Mitte des 19. Jahrhunderts
kein nennenswerter polizeilicher Schutz gegen
die von gewerblichen Anlagen ausgehenden Nach-
teile für die Nachbarschaft und die Oeffentlichkeit.
Den ersten bedeutungsvollen Schritt nach dieser
Richtung machte Frankreich mit dem Dekret v.
15. 10. 1810 (bull. d. Lois, série IV Nr. 6059)
betr. die Fabriken und Werkstätten, welche einen
gesundheitsschädlichen oder belästigenden Geruch
verbreiten. Durch dieses Dekret wurde die Er-
richtung derartiger Anlagen von behördlicher Ge-
nehmigung abhängig gemacht, welche je nach dem
Grade der zu erwartenden Nachteile an mehr
oder minder scharfe Bedingungen geknüpft wurde.
!Zu dem Zwecke fand eine Klassifikation dieser