Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
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Gewerbe 
  
Außerdem ist in Ministerialverfügungen der 
einzelnen Staaten auf die hohe Aufgabe hinge- 
wiesen, welche den Lehrern und Schulaufsichts- 
organen bei der Durchführung des Gesetzes zu- 
ällt. 
Außer dieser vielgestaltigen Aufsichts- 
tätigkeit hat seit Mitte der 70 er Jahre die begut- 
achtende Mitwirkung der G.Beamten bei Aus- 
arbeitung der Arbeiterschutzvorschriften, in Ver- 
bindung mit ihren zum Teil in den Jahresberichten 
niedergelegten Anregungen über das Quartier- 
gänger= und Wohnwesen, über die Haftpflicht= und 
Unfallversicherung u. a. den sozialen Fortschritten 
im Reiche wesentliche Dienste geleistet. Im übri- 
gen ist eine Aenderung in dem ihnen seit 1878 zu- 
ewiesenen Aufgabenkreis nicht eingetreten. Ins- 
besonderre besteht ihre allgemeine Aufgabe in der 
vermittelnden Wirksamkeit. Sie sollen nach 
den Dienstanweisungen ihre Aufgabe vornehmlich 
darin suchen, gestützt auf ihre Vertrautheit mit 
den gesetzlichen Bestimmungen, ihre technischen 
Kenntnisse und amtlichen Erfahrungen durch sach- 
verständige Beratung und wohlwollende Ver- 
mittlung eine Regelung der Betriebs= und Ar- 
beitsverhältnisse herbeizuführen, welche, ohne 
dem Gewerbeunternehmer unnötige Opfer oder 
zwecklose Beschränkungen aufzuerlegen, den Ar- 
beitern den vollen durch das Gesetz ihnen zuge- 
dachten Schutz gewährt und das Publikum gegen 
gefährdende und belästigende Einwirkungen sicher 
stellt. Arbeitgebern und Arbeitern sollen sie die 
gleiche Bereitwilligkeit zur Vertretung ihrer be- 
rechtigten Interessen entgegenbringen und da- 
durch, wie durch die ganze Art ihrer amtlichen 
Tätigkeit eine Vertrauensstellung zu gewinnen 
suchen, zur Erhaltung und Förderung guter Bezie- 
hungen zwischen beiden. Die Arbeitgeber sollen sie 
bei Geltendmachung der Anforderungen des Ge- 
setzes in deren Erfüllung bereitwillig unterstützen 
und auf Wunsch auch in der Ausführung von Ein- 
richtungen, welche auf die Verbesserung der Lage 
der Arbeiter abzielen, zu fördern suchen. Wünsche 
und Beschwerden der Arbeiter sollen sie bereit- 
willig entgegennehmen und ihnen erforderlichen- 
falles nach Maßgabe ihrer Befugnisse Erfüllung 
und Abhilfe zu schaffen suchen. Die durch ihre 
amtliche Tätigkeit sich ihnen bietende Gelegenheit, 
sich über die Verhältnisse der Arbeiterbevölkerung 
ihres Amtsbezirks zu unterrichten, sollen sie sorg- 
fältig benützen und sich über die in diesen Verhält- 
nissen eintretenden Veränderungen in fortlaufen- 
der Kenntnis erhalten. Zur Erfüllung ihrer ge- 
samten Aufgaben haben sie die ihrer Aufsicht 
unterstellten Anlagen fortlaufenden Besichti- 
gungen zu unterziehen. Die Vertrauensstel- 
lung nach beiden Seiten bedingt, daß sie (oben & 1 
III) von unmittelbaren polizeilichen Zwangsmit- 
teln absehen; erforderlichenfalls haben sie sich an 
die ordentlichen Polizeibehörden zu wenden, um 
durch diese Bestrafung und Zwang gegen den Ar- 
beitgeber ausüben zu lassen. Die Ortspolizeibe- 
hörden haben ihnen den innerhalb ihrer Zuständig- 
keit liegenden Beistand zu gewähren, insbesondere 
die wichtigeren Schriftstücke vorzulegen, bei der 
Besichtigung gewerblicher Anlagen Unterstützung 
zu leisten, Besichtigungen und Nachbesichtigungen 
vorzunehmen. Auch die technischen Beamten ha- 
ben ihnen zur Seite zu stehen und nach Bedürfnis 
bei ihren Besichtigungen mitzuwirken. 
  
5#3. Organisation. Es ist ersichtlich, daß bei 
einer so durchgreifenden Erweiterung und bei 
einer so gründlichen Ausgestaltung des Aufgaben- 
kreises auch die Organisation des Aufsichtsdienstes 
nach verschiedenen Richtungen eine Umgestaltung 
erfuhr. Diese erfolgte einmal durch Vermehrung 
des Personals, andererseits durch Vertiefung in 
der Ausbildung der Beamten und endlich durch 
möglichste Anpassung in der Qualität der Beamten 
an das bestehende Bedürfnis. Bei der Auswahl 
der Beamten wurde grundsätzlich von der Erwä- 
gung ausgegangen, daß tüchtige technische Kennt- 
nisse die Vorbedingung für die Zulassung zum 
höheren G.Dienste bilden müssen. Bei der Man- 
nigfaltigkeit der industriellen Betriebe, deren Auf- 
sicht ihnen obliegt, konnte dabei keine Rede davon 
sein, einem bestimmten technischen Spezialfache 
den Vorzug zu geben, und so finden unterschieds- 
los Bau-, Hütten-, Maschinen-, auch Bergtech- 
niker sowie Chemiker Verwendung, während über 
das Maß der nachzuweisenden technischen und, 
soweit für erforderlich erachtet, auch sonstigen, ins- 
besondere juristischen, Kenntnisse die Landesregie- 
rung im einzelnen Falle befindet, soweit nicht, 
wie in Preußen, durch die Vorbildungs= und Prü- 
fungs O v. 7. 9. 97 (MBli V 221) und die dazu 
erlassene Ausführungs Anw v. 13. 9. 97, abgeän- 
dert durch Erl v. 20. 6. und 17. 10. 1910 (OMBl 
273, 533) ein bestimmtes Maß von Kennt- 
nissen nachzuweisen ist. 
I. In Preuße ndbildet nach dieser Prüfungs- 
ordnung ein 3jähriges technisches und ein 1 ½jäh- 
riges rechts= und staatswissenschaftliches Studium 
die Voraussetzung für die Zulassung zur ersten 
Prüfung („Gewerbereferendar“, Erl v. 25. 1. 04, 
HMVBl 23). Hierzu tritt ein 1 ½ jähriger Vorberei- 
tungsdienst bei den G. Behörden und ein 1 ½jäh- 
riges Studium der Rechts= und Staatswissenschaf- 
ten, nach dessen Beendigung die Zulassung zur 
zweiten Prüfung vor dem Prüfungsamte für 
G. Beamte in Berlin, dessen Mitglieder das Han- 
dels Min ernennt, erfolgt („Gewerbeassessor“). 
Indem so für den höheren G. Dienst ähnliche 
Anforderungen wie für die anderen höheren 
Beamtenstellungen gefordert wurden, rechtfer- 
tigte sich hiermit die in den AE v. 27. 4. 91 und 
27. 1. 98 erfolgte Regelung ihrer Rang= und 
Anstellungsverhältnisse. Hiernach treten den tech- 
nischen Reg Räten die gewerbetechnischen hinzu, 
zu deren Unterstützung in der Wahrnehmung der 
Gewerbeinspektion für bestimmte Bezirke „Ge- 
werbe-Inspektoren“" bestellt werden. Letztere sind 
Organe der Reg- und Gewerberäte, deren Wei- 
sungen sie zu folgen haben, sie stehen an der Spitze 
eines Gewerbeinspektionsbezirks, und es können 
ihnen zu ihrer Unterstützung Assistenten überwiesen 
werden, welche an den Geschäften nach ihrer Anord- 
nung teilzunehmen haben und Vertretungsbefug- 
nis besitzen, vgl. auch DAnw v. 23. 3. 92, MBli B 
162, v. 3. 6. Ol, 4. 10. 09). Sämtliche Beamte des 
G.Dienstes sind dem Reg Präsidenten unterstellt. 
Eine ähnliche Organisation ist auch in den übri- 
gen Bundesstaaten getroffen, wenn auch nicht 
gleichartige Vorbildungsvorschriften erlassen sind. 
In Bayern ist nach der Allerh. V v. 7. 2. 07 
  
  
1) Eine Uebersicht über die Organisation des G. Dienstes 
für Preußen erscheint alljährlich im Min l der Handels- 
und Gew Verwaltung.
	        
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