Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
Gewerbe (Schutzgebiete) 
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den, im wesentlichen aber die gleichen Ziele für 
das Handwerk wie die sonstigen G. verfolgen. 
3. Alle diese Vereine, ob sie sich Gewerbe= oder 
Handwerkervereine nennen oder sich eine ähnliche 
Bezeichnung geben, sind freie gewerbliche 
Vereinigungen, die keinen besonderen gesetzlichen 
Bestimmungen unterliegen, sondern hinsichtlich 
ihrer Entstehung und Organisation ausschließlich 
durch die Vorschriften des Reichs-Vereins G v. 
19. 4. 08 bestimmt werden. Juristische Personen 
sind sie nicht, sofern sie nicht die Rechtsfähigkeit 
nach Maßgabe der ## 21, 55—66 BGB durch 
Eintragung in das Vereinsregister des zuständigen 
Amtsgerichts erwerben. Ist ihr Zweck aber auf 
einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet, 
so können sie die Rechtsfähigkeit (vgl. § 22 BGB) 
nur durch staatliche Verleihung erlangen. 
Ueber die Entwickelung der G. in den einzelnen 
Bundesstaaten und in den Provinzen von Preu- 
ßen s. den Art. Gewerbeverein von Noack in 
HW# StaatsW' 1909 Bd. 4 S 1057/1068. 
Nelken. 
B. Gewerberecht in den Schutzgebieten 
# 1. Das deutsche Kolonialgewerberecht; seine Quellen. 
* 2. Gewerbefreiheit und ihre Schranken. 3 3. Beschrän- 
kungen der Besugnis zum Gewerbebetriebe. 4 4. Beschrän- 
kungen der Ausübung des Gewerbes. 15. Gewerbebetrieb 
im Umherziehen. 1 6. Marktverkehr. # 7. Organisationen. 
3 8. Hilfspersonal. 
## 1. Das deutsche Kolonialgewerberecht und 
seine Quellen. Das in den deutschen Schutzge- 
bieten geltende öffentliche und private GewR 
wird nicht, wie das mutterländische durch ein 
umfassendes Gesetz geregelt, sondern der größte 
Teil wird durch örtliche Verordnungen besonders 
der Gouverneure bestimmt. Außerdem sind von 
Bedeutung internationale Abmachungen, so die 
Kongoakte v. 1885, die Generalakte der Brüsseler 
Antisklavereikonferenz v. 1890 u. a. m. Endlich, 
da die dem bürgerlichen Rechte angehörenden 
Vorschriften des Reichsgesetzes für die Nicht- 
eingeborenen in den Schutzgebieten Geltung ha- 
ben (Schutzgeb G §5P 3 und 4, Konsul Gg #19 Ziff. 1), 
so haben in diesem Umfange auch die privatrecht- 
lichen Normen der RöaewO Kraft (streitig), da- 
gegen gelten nicht ihre öffentlichrechtlichen Teile. 
Ueber die Besteuerung des Gewerbes X Ko- 
lonialfinanzen. 
#+2. Die Gewerbefreiheit und ihre Schranken. 
Wie das mutterländische, so wird auch das koloniale 
GewR durch den Grundsatz der GewFreiheit be- 
herrscht, wenn er auch nicht für die Gesamtheit 
der Schutzgebiete durch eine gesetzliche Bestim- 
mung ausgesprochen wird. Das Prinzip der 
GewFreiheit ist aber in den Kolonien nicht mit 
den gleichen Garantien umgeben, wic im Mutter- 
lande. Zu seiner Einschränkung bedarf es keines 
förmlichen Gesetzes, sondern ein jeder Faktor, 
welcher Rechtssätze im Gesetzgebungs= oder Ver- 
ordnungswege aufstellen darf, ist dazu be fugt. — 
Wenn auch nicht allgemein, so doch in einigen 
Fällen ist die Gew Freiheit durch ausdrückliche Be- 
stimmung anerkannt worden. Jedermann ist sie 
in dem östlichen und nördlichen Teile Ostafrikas 
  
gewährt. Im übrigen ist sie in den Schutzgebieten 
nur zugunsten von Ausländern durch Staatsver- 
träge garantiert worden, jedoch nur in relativer 
Weise, d. h. es muß den Ausländern bloß die gleiche 
Freiheit gewährt werden, wie den eigenen Unter- 
tanen, soweit aber die letzteren eingeschränkt wer- 
den, werden auch die privilegierten Ausländer 
mitbetroffen. In diesem Umfange ist die Gew- 
Freiheit garantiert allen Völkern in den zu den 
Seitenzonen „des konventionellen Kongobeckens 
gehörigen Teilen von Ostafrika und Kamerun, 
den Engländern in Neu-Guinea, auf den Mar- 
schallinseln und Samoa, den Franzosen in der 
Gegend des Tschadsees, des Benus und des 
Logone in Kamerun, den Spaniern auf den Ka- 
rolinen, Palau und Marianen, den Nordamerika- 
nern auf Samoa. 
Die Gew#Freiheit wird eingeschränkt in mehr- 
facher Weise und aus den verschiedensten Veweg- 
gründen. Sicherheitspolizeiliche Erwägungen 
sind maßgebend für die Bestimmungen über den 
Handel mit Waffen, Munition und Sprengstoffen; 
auf das Wohl der Eingeborenen ist der Gesetz- 
geber bedacht, wenn er dem Vertriebe von Spiri- 
tuosen und Opium Grenzen setzt u. a. m. — 
Beschränkt ist mehrfach die Zulassung zum 
Gewetriebe. Auf Samoa ist im Interesse der 
europäischen Kaufleute den Chinesen, die sich 
nach dem 1. 3. 03 niedergelassen haben, der Han- 
del untersagt. Im übrigen ist die Zulassung nur 
durch Monopole und ausschließliche Gew Berechti- 
gungen beschränkt, jedoch darf die Verleihung 
solcher Rechte in den zu den Seitenzonen des 
konventionellen Kongobeckens gehörenden Teilen 
von Ostafrika und Kamerun infolge internationaler 
Abmachungen nicht stattfinden. An Monopolen 
und ausschließlichen GewBerechtigungen kommen 
die solgenden vor. In Ost= und Südwestafrika 
besteht ein Feuerwafsen= und Pulverhandels- 
monopol der Regierung, die auf diese Weise die 
Kontrolle über den Waffen= und Pulverhandel 
ausübt. Gleichfalls Reg Monopol ist im Interesse 
der Gesundheit der Eingeborenen der Opium- 
handel auf Samoa. In getreuer Nachahmung 
des deutschen Rechtes hat man ein Apotheker- 
monopol geschaffen, mit Ausnahme von Südwest- 
afrika. Nur in einer konzessionierten Apotheke 
dürfen die gleichen Waren verkauft werden, die 
auch im Mutterlande nur in einer Apotheke ver- 
kauft werden dürfen (J Apotheken 8 15 Bd. IS148]. 
In Kiautschou (7/1, insbesondere in Tsingtau, wo 
man es mit einer vorwiegend städtischen Nieder- 
lassung mit einer beträchtlichen curopäischen Be- 
völkerung zu tun hat, findet sich eine stärkere An- 
lehnung an das mutterländische GewR. Es ist in 
Tsingtau für Schornsteine und Gebäude europäi- 
scher Bauart der Kehrzwang eingeführt, es besteht 
auch eine ausschließliche Gew Berechtigung eines 
Bezirksschornsteinfegers. Für einige Häfen der 
Südsceinseln und für die Häfen Tsingtau und 
Daressalam besteht für größere Schiffe europäi- 
scher Bauart ein Lotsenzwang zugunsten ange- 
stellter oder approbierter Lotsen (vgl. § 3). 
s 3. Beschränkung der Befugnis zum Ge- 
werbebetrieb. Soweit nicht die Zulassung be- 
schränkt ist (§ 2), ist sie frei, indessen wird die 
Gew Befugnis vielfach durch Konzessionsverpflich- 
tungen oder Betriebsverbote eingeengt. — In 
den Schutzgebieten besteht vielfach eine Kon- 
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