Gewerbegerichte (Verfahren)
Bezirk nicht vorhanden ist, steht den Parteien der
ordentliche Rechtsweg offen. Sie sind aber auch
in der Lage bei den genannten und 8 83 des
GewGG angeführten Streitigkeiten die vorläufige
Entscheidung des Vorstehers der
Gemeinde nachzusuchen. Diese Entscheidung
geht in Rechtskraft über, wenn nicht binnen einer
Notfrist von zehn Tagen durch eine der Parteien
Klage bei dem ordentlichen Gericht erhoben wird.
Die Eutscheidungen des Gemeindevorstehers sind
von Amts wegen für vorläufig vollstreckbar zu
erklären und werden gleichwic die vor dem Ge-
meindevorsteher geschlossenen Vergleiche, sofern
die Partei es beantragt, auf Ersuchen des Ge-
meindevorstehers durch die Ortspolizeibehörde
nach den Vorschriften über das Verw Zwangs-
verfahren [## oder, wo solche nicht bestehen, nach
den Bestimmungen über die Zwangsvollstreckung
in bürgerlichen Rechtostreitigkeiten vollstreckt.
4. Verfahren vor den Gewerbegerichten.
Soweit im Gewoes G nicht besondere Bestimmun-
gen vorgesehen sind, finden die für das amtsge-
richtliche Verfahren geltenden Vorschriften der
Zivilprozeßordnung entsprechende Anwendung
(526 Gewoes G). Vereinfachungund Beschleu-
nigung wird namentlich durch folgende Bestimmun-
gen bewirkt: Der Betrieb des Rechtsstreits liegt
nicht den Parteien, sondern den Gerichten ob.
Ladungen und Zustellungen werden daher von
Amts wegen besorgt. Der Vorsitzende kann das
persönliche Erscheinen der Parteien unter An-
drohung einer Geldstrafe bis zu 100 Mk. anordnen.
Rechtsanwälte und Personen, die das Verhandeln
vor Gericht geschäftsmäßig betreiben, werden als
Prozeßbevollmächtigte (Vertreter der Parteien)
oder Beistände nicht zugelassen. In dem ersten
auf die Klage angesetzten Termine kann die Zu-
ziehung der Beisitzer unterbleiben. Hier soll der
Vorsitzende vor allem auf das Zustandekommen
eines Vergleichs hinwirken. Eine Entscheidung ist
in diesem Termin nur zu erlassen, wenn dieselbe
sofort erfolgen kann und beide Parteien
sie beantragen, oder wenn cine Partei ausbleibt,
oder wenn es sich um Anerkenntnisurteile und
um Urteile handelt, welche die Folgen der Klage-
zurücknahme oder eincs Verzichtes auf den Klage-
anspruch aussprechen. Andernfalls ist ein neuer
Verhandlungstermin, zu welchem die Beisitzer
zuzuziehen sind, anzusetzen und sofort zu verkün-
den. Zeugen und Gutachter werden nur auf Par-
teiantrag vereidigt oder falls das Gericht dies
für notwendig hält. Die Leistung aller zugescho-
benen und zurückgeschobenen Parteieide kann durch
—
Beweisbeschluß angcordnet werden. Erscheint der
· gewerblichenArbeiteer147ff.).
Eid ohne weiteres als verweigert anzusehen. Dem
Schwurpflichtige im Schwurtermine nicht, so ist der
Verfahren ist Fortgang zu geben. Gegen Ver—
säumnis urteile, welche auf Antrag der im
Termin anwesenden Partei erlassen werden, ist
binnen der Notfrist von drei Tagen soit der an die
säumige Partei bewirkten Zustellung des Urteils
der Einspruch zugelassen. Ladungs= und Ein-
lassungsfristen sind nicht vorgeschrieben, abgesehen
von der Bestimmung, daß die Zustellung der La-
dung spätestens am Tage vor dem Terminc er-
solgen muß.
Endurteile sind nur dann mit der Berufung
an das Landgericht anfechtbar, wenn der Wert
des Streitgegenstandes den Betrag von 100 Mk.
265
übersteigt. Dasselbe Landgericht befindet auch über
Beschwerden gegen sonstige Verfügungen des
Gew#G. Beschwerden gegen Anordnungen aus
5#l 160, 179, 180, 182, 183 Abs 3 GVc gehen an
das Oberlandesgericht. Ein durch rechtskräftiges.
Endurteil des Gewc# geschlossenes Verfahren kann
durch die Nichtigkeits= und Restitutionsklage wic-
der ausgenommen werden. Mängel des Wahl-
verfahrens bilden ebensowenig einen Anfechtungs-
grund wie Gründe, welche die Wählbarkeit eines.
Beisitzers ausschließen, es sei denn Unfähigkeit
zum Schöffenamt.
Die der Berufung oder dem Einspruch unter-
liegenden Urteile sind von dem Gews für vor-
läufigvollstreckbar zu erklären, wenn der
Gegenstand der Verurteilung an Geld oder Gel-
deswert die Summe von 300 Mk. nicht über-
steigt, sowie wenn sie den Antritt, die Fortsetzung
oder die Auflösung des Arbeitsverhältnisses, die
Aushändigung oder den Inhalt des Arbeitsbuches,
Zeugnisses, Lohnbuches, Arbeitszettels, Lohn-
zahlungsbuches oder der Arbeitskarte (§ 11
Kinderschutz G letzter Absatz) betreffen.
Die Vollstreckung der Endurteile und
Vergleiche crfolgt so wie aus den Urteilen der
ordentlichen Gerichte. Die Bestimmungen der
Zivilprozeßordnung sind auch bezüglich des
Arrestes und der einstweiligen Ver-
fügung maßgebend.
Ueber Gebühren oben # 2 III.
Durch das R betr. Aenderungen des Gerichts-
verfassungsgesetzes, der Zivilprozeßordnung, v.
1. 6. 09 (RBl 475 ff) wird das gewerbegericht-
liche Verfahren viclfach beeinflußt, namentlich:
Kostenfestsetzung (## 103 ff 38PO), Anordnung
des persönlichen Erscheinens der Partei (* 141
8VPOq, vereinfachtes Verfahren bei Versäumnis-
und Anerkenntnisurteilen (§ 313 3PO; dazu das
„Gewerbe= und Kaufmannsgericht" 15, 188),
Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen
(§§ 391, 392, 393, 410 Z8PO), Verfahren bei Ab-
nahme von Eiden (5 481 3PO), die abgekürzte
Ausfertigung von Urteilen (X196 3PO), die vor-
bereitenden Anordnungen des Gerichts vor der
mündlichen Verhandlung (§5 501 Z8PO), die Ver-
weisung von Rechtsstreitigkeiten an die ordent-
lichen Gerichte und umgekehrt (§& 505, 506 3P0O).
Siehe noch Prenner, Die Reform des amts-
gerichtlichen Verfahrens und die Sondergerichte
(Gewerbe= und Kaufmannsgericht 14, 329 ff);
Reichert, Der Einfluß der Zivilprozeßnovelle v.
1. 6. 09 auf das gewerbegerichtliche Verfahren.
(Gewerbe= und Kaufmannsgericht 15, 147 ff;
Burchardt u. v. Schulz, die Rechtsverhältnisse der
§ 5. Das Gewerbegericht als Einigungsamt.
Das Gericht tritt als Einigungsamt in Tätigkeit,
wenn cs bei Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern
und Arbeitern über die Bedingungen der Fort-
setzung oder Wiederaufnahme des Arbeitsverhält-
nisses angerufen wird (zumeist bei Vereinbarung
von Tarifverträgen /4). Der Vorsitzende ist ver-
pflichtet auf frie dliche Beilegung der bezeichneten
Differenzen hin3zuwirken. Unter bestimmten Vor-
aussotzungen ist er befugt zur Einleitung der Ver-
handlung und in deren Verlauf Personen, die an
den Streitigkeiten beteiligt sind, unter Androhung
von Geldstrafen bis zu 100 Mk. vorzuladen. Das
Einigungsamt muß stets außer dem Vorsitzenden