Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
Gewerbliches Unterrichtswesen (Meisterkurse) 
In Bavern wurden im Schuliahre 1906/07 45 Frauen- 
arbeits., 37 Haushaltungs Sch und 6 Arbeitslehrerinnen- 
Seminare gezählt; die wichtigsten Sch sind in München 
Speyer, Nürnberg, Würzburg und Augeburg. 
Sachsen besitzt eine sehr große Zahl von Sch, deren be- 
deutendste sich in Dresden, Leipzig und Chemnitß befinden. 
Wärttemberg hat 36 Frauenarbeits Sch, hauptsächlich in 
den größeren Gemeinden; zu nennen sind namentlich 
Stuttgart, Reutlingen, Ulm und Heilbronn. 
In Baden gab es Ende 1902 36 FrauenarbeitsSch, 
worunter namentlich Karlsruhe als Zentralanstalt hervorragt. 
Schließlich seien noch angeführt in Hessen die Frauen- 
arbeits Sch zu Darmstadt, in Anhalt die Landes-Frauen- 
arbeits Sch zu Dessau, in Gotha, Hamburg, Lübeck, Bre- 
men je eine Gew Sch und die Frauen-Industrie Sch zu 
Straßburg i. Elsaß. 
15. Meisterkurse. Sie sollen die Hand- 
wer'smeister und älteren Gesellen mit der Hand- 
habung neuzeitlicher, für ihren GewBetricb vor- 
teilhafter Maschinen und Werkzeuge bekannt 
machen, sie zu gediegenen und geschmackvollen 
Arbeiten veranlassen und ihnen auch die zu einer 
gewinnbringenden Geschäftsführung erforderlichen 
kaufmännischen Kenntnisse und Fertigkeiten über- 
mitteln. Zuerst in Baden und Württemberg in 
den achtziger Jahren eingeführt, dann in Preußen 
nach österreichischem Muster sehr vervollkommnet, 
haben sie fast in ganz Deutschland Eingang ge- 
sunden und sind einc unentbehrliche, dauernde ge- 
werbeschultechnische Einrichtung geworden. Diec 
„großen“ Meisterkurse bezwecken einc allseitige 
oder doch möglichst vielseitige Fortbildung der 
Handwerker in ihrem ganzen Gewetriebe durch 
praktisches Arbeiten in den dazu besonders ein- 
gerichteten Lehrwerkstätten und theoretische Be- 
lehrungen in Buchführung, Kalkulation, Ma- 
teriallehre, Genossenschaftslehre usw.; sie sind 
daher von längerer Dauer (4—8 Wochen) und neh- 
men während der Ausbildung die Zeit der Teil- 
nehmer fast vollständig in Anspruch. Dic „kleinen“ 
Meisterkurse wollen nur bestimmte Techniken 
(Beizen, Färben, Polieren der Hölzer, Maßneh-= 
men und Zuschneiden für Schneider, Schuhma- 
cher usw.) und namentlich kaufmännische Kennt- 
nisse in Buchführung, Wechsellehre vermitteln. 
Sie sind daher nur kurz bemessen und werden in 
der Regel so gelegt, daß sie eine Beteiligung der 
Handwerker ohne Aufgabe oder erhebliche Störung 
ihrer Berufstätigkeit ermöglichen. Die „großen“ 
Meisterkurse werden wegen der Kostspieligkeit 
ihrer Einrichtung, der Höhe der laufenden Unter- 
haltungskosten und der durch die Berufsunter- 
brechung erschwerten Teilnahme nur in beschränk- 
ter Zahl abgehalten: dagegen werden „dkleine" 
Meisterkurse, deren Einrichtung sich namentlich 
bereitungskurse eingerichtet, die den Zweck haben, 
den Handwerksmeistern und Gesellen außer der 
gewerblichen Buchführung die Kenntnisse der 
Gesetze, soweit sice für das gewerbliche Leben der 
Handwerker wichtig sind, zu vermitteln und ins- 
besondere als Vorbereitung auf die theoretische 
Meisterprüfung zu dienen. 
Große und kleine Meisterkurse (Abend= und 
Sonntagskurse) veranstaltet die „Bayrische Lan- 
desgewerbeanstalt“ (früher Bayrisches Gewerbe- 
museum) in Nürnberg und das „Pfälzische Ge- 
werbemuseum“ in Kaiserslautern. In Nürnberg 
werden nicht nur technische, sondern auch kunst- 
  
— — 
da, wo sie an vorhandene gewerbliche Sch und 
deren Lehrwerkstätten angegliedert werden können, 
leicht und ohne große Kosten ermöglichen läßt, 
an vielen Orten und in häufiger Wiederkehr von 
Städten und gewerblichen Vereinen, Innungen 
oder Handwerkskammern abgehalten. Nicht selten 
nehmen diese Veranstaltungen auch den Charakter 
von Wanderkursen an. 
In Preußen bestehen Einrichtungen für 
„große“ Meisterkurse in Köln, Hannover, Posen, 
Bromberg, Dortmund, Gumbinnen, Magdeburg 
und Breslau. 
In Bayern haben die Handwerkskammern 
neben den Meisterfachkursen auch Meistervor- 
gewerbliche Kurse abgehalten, um bayrischen 
Kunsthandwerkern, besonders solchen, die fern 
von der Kunstzentrale ihren Wohnsitz haben, Ge- 
legenheit zu geben, sich auf dem Gebiete des mo- 
dernen Kunstgewerbes hervorragend bewährter 
Künstler zu vervollkommnen. 
Auch in Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen und 
den andern Bundesstaaten werden alljährlich 
Meisterkurse von bald längerer, bald kürzerer 
Dauer veranstaltet. 
16. Besuch der gewerblichen Lehranstalten. 
Eine vergleichende Uebersicht über den Besuch 
der gewerblichen Unterrichtsanstalten in ganz 
Deutschland ist nicht möglich, da nach einheitlichen 
Grundsätzen zusammengestelltes statistisches Ma- 
terial noch nicht vorliegt und außerdem in den 
einzelnen Bundesstaaten für die verschiedenen 
Schulgattungen keine gleichmäßige Bezeichnung 
besteht. Folgende Zahlen werden indessen die 
Entwicklung des gewerblichen Schulwesens in 
Keutschland in den größten Bundesstaaten er- 
utern: 
  
1. Preußen 
Fortbildungsschulen: 
Davon 
Schul- gahl staate. Schüler= Verfügbare 
Jahr art lich zahl Etatsmittel 
unterstützt Mk. 
1874 zus. 435 — 37830 142 150 
1884 zus. 644 — 58 371 182 000 
1894 gew. 761 — — — 
kfm. . — — — 
zus. 899 — 111 017 790 000 einschl. 
Kosten 
1900 gew. 1060 8306 151 304 — der Leh. 
tim. 228 83 21 103 — (teraus- 
zus. 1 288 889 172 407 1 125 000 bildung 
1905 gew. 1 395 1 209 226.574 — 
ksm. 316 153 34 389 — 
zus. 1711 1367 260 968 2 350 000 ohne 
Kosten 
1910 gew. 1 318 1 590 340 748 — pder veh- 
zuf. 2209 1 809 393 197 3 800 00 bildung. 
Den gegenwärtigen Umfang und Besuch der 
Fach= und Fortb Sch in Preußen ergeben ferner 
folgende Zahlen: 
Es gab im Schuljahre 1910/1911 21 Ma- 
schinenbau Sch und ähnliche Fach Sch für Metall- 
industrie, die im Sommer von 4915 und im Winter 
von 5092 Tages-, Abend= und Sonntagsschülern 
besucht waren. In dem gleichen Jahre waren die
	        
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