Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
Grundsteuer (Kataster) 
  
  
sind entweder gesetzlich festgelegt oder es ist dem 
VerwErmessen eine gewisse Bewegungsfreiheit 
gelassen. Andere Staaten kennen das Institut 
der GStdNachlässe nicht, sondern beschränken sich 
auf die Gewährung von Unterstützungen (Preu- 
en). 
5 Ueber Quotitäts St oder Repartitions St vgl. 
unten # 3 am Ende. 
Die vormalige Grund= und Waldgrundsteuer 
in Baden ist durch G v. 26. 9. 06 zu einem Teil 
Vermögens St geworden und hat überhaupt auf- 
gehört, Ertrags St zu sein. 
Kolonialfinanzenl. 
2. Der Kataster. Allgemeines und Ge- 
schichtliches. Während man in älterer Zeit auf 
eine genauere Ermittelung des Reinertrags des 
Bodens zum Zwecke der Besteuerung verzichtete, 
sich mit einer allgemeinen Schätzung begnügte, 
beruht die GSt im modernen Staat auf einer 
möglichst genauen Vermessung des Bodens und 
einer zuverlässigen Ermittelung der seinen Er- 
trag beeinflussenden Faktoren. Aus diesen Ma- 
terialien hat man dann den Kataster oder 
Grundsteuerkataster konstruiert. Er ist 
eine, auf Grund der Feststellung der Rente der 
einzelnen Grundstücke (GStReinertrag, kata- 
straler Reinertrag) aufgebaute Beschreibung und 
Zusammenstellung der einschlägigen Daten. 
bildet somit eine Uebersicht, aus der die auf jedes 
Grundstück entfallende GStziffer als Quote des 
Reinertrags berechnet werden kann. Die mo- 
dernen GSt beruhen daher auf der Herstellung 
eines detaillierten Grundstückskatasters, dessen 
Herstellung die Hauptaufgabe für die Veranlagung 
der G#t ist. 
I. Geschichtliches. Die ältesten kataster- 
ähnlichen Aufnahmen in Deutschland reichen 
zurück bis in die fränkische Zeit. Wahrscheinlich 
hat man die Ueberreste der römischen Kataster 
benutzt und im Frankenreiche haben sie die Kö- 
nige Siegbert, Childebert II. und Childerich I. 
ergänzen lassen. Bei vielen germanischen Stäm- 
men bildete die Hufe lange Zeit die Unterlage 
für Vermögens- und Gt. Ein Katasterwerk hat 
dann später und auf zuverlässigeren Grundlagen. 
Karl IV. im brandenburgischen Landbuch herstellen 
  
lassen. Doch beruhten dieser Versuch und die 
späteren Aufnahmen auf mehr oder weniger 
genauen Schätzungen der Bodenbeschaffenheit 
und Leistungsfähigkeit einzelner Landesteile oder 
kleinerer Bezirke. Erst in neuerer Zeit wurden 
eigentliche Katastralvermessungen vorgenommen. 
Sie beginnen seit der zweiten Hälfte des 17. Jahr- 
hunderts, als sich das deutsche Staats= und Wirt- 
schaftsleben von den Verwüstungen des dreißig- 
jährigen Krieges wieder zu erholen begann: so 
in Oesterreich unter Leopold I., 1660 in der 
Oberpfalz, 1680 in Hessen, 1683 in Braun- 
schweig, 1684 in Würzburg, 1692 in Magdeburg. 
Auf diese Anfänge folgten vollendetere Kataster- 
herstellungen im 18. Jahrhundert. Die bedeutend- 
–MM . — 
sten Erfolge haben in dieser Zeit die Habsburger 
in ihren Erbländern erzielt. Auf das Katasterwerk 
Karl VI. im Mailändischen (censimento milanese) 
von 1718—60 folgten die Theresianische StRekti- 
fikation und die Vermessungen unter Joseph II. 
zum Zwecke von Grundsteuerreformen (1718—56 
und 1785—90). In Preußen hat Friedrich 
Wilhelm I. eine große, organisatorische Tätigkeit 
entfaltet. Berühmt ist seine GSt Reform, der „Ge- 
neralhufenschoß" v. J. 1715. Durch diesen sollte 
die St Last gerechter verteilt, die Bonität der Aecker 
berücksichtigt, St Hinterziehungen verhütet und die 
Vielheit der ständischen St durch eine einheitliche 
GSt ersetzt werden. Der Erfolg war aber nur ein 
teilweiser. Auch im 19. Jahrhundert gelang es 
zunächst nicht, grundlegende Neuerungen einzu- 
führen (1810, 1820, 1848). Das heutige preußische 
Katasterwerk ist im Vollzug des G v. 21. 5. 61 
hergestellt worden. Auch die übrigen deutschen 
Mittelstaaten haben erst seit dem 19. Jahrhundert 
moderne Katasterwerke geschaffen: Bayern 
seit 1828, Württemberg 1821—40 (1850), 
Sachsen 1835—184243, Baden seit 1810, 
Hessen seit 1824. In Elsaß-Lothringen 
waren zuerst die französischen Katasteranlagen 
(1807—1850) übernommen worden, über die aber 
besonders laute Klagen herrschten. Die allgemeine 
Erneuerung der alten GSt Kataster wurde durch 
Gv. 31. 3. 84 und die Neueinschätzung der Grund- 
stücke durch ein G v. 6. 4. 92 eingeleitet. Dagegen 
sind die in den GStGesetzen vorgeschriebenen Ka- 
tasterrevisionen in der Regel unterblieben. Man 
hat sich mit den älteren Katastrierungen beholfen. 
II. Die beiden Grundformen des Katasters sind 
der Ertragkataster und der Wertkataster. 
1. Der Ertragskataster. Durch ihn 
wird das Flächenmaß und der aus natürlichen und 
wirtschaftlichen Umständen fließende Ertrag fest- 
gestellt. Alle modernen Katastersysteme zielen auf 
Ermittelung des Reinertrags ab. Deshalb 
ist die Rohertragskatastrierung nur vorbereitende 
Handlung für die Reinertragskatastrierung. Dar- 
um sind wenigstens im Prinzip die Bewirtschaf- 
tungskosten vom Rohertrag abzuziehen sowie alle 
Aufwendungen zur Gewinnung des Ertrages, ein- 
schließlich der Schuldzinsen. Diesen Anforderun- 
gen sind die GSt esetze nur teilweise gerecht 
geworden. Vor allem haben sie den Abzug der 
Schuldzinsen überhaupt nicht zugelassen und die 
Produktionskosten nur summarisch berücksichtigt. 
Daraus ergibt sich das Resultat, daß die Katastrie- 
rung den wirklichen Reinertrag nicht ermittelt, 
sondern meist nur ein Zwischenprodukt zwischen 
Rohertrag und Reinertrag hervorbringt. Darin 
liegt aber die Quelle oft sehr ungleicher Verteilung 
der Steuerlast. 
Die Herstellung des Ertragskatasters beruht 
auf der topographischen Landesver- 
messung durch Triangulierung und Trigono- 
metrie, sowie auf deren Darstellung in topogra- 
phischen Karten. Der durchschnittliche Ertrag der 
einzelnen Grundstücke wird dann durch die Bo- 
nitierung erforscht und festgestellt. Hierbei 
wird zunächst der Naturalertrag in den einzelnen 
Hauptarten der landwirtschaftlichen Erzeugnisse 
geschätzt und aufgenommen. Um diese Operation 
zu vereinfachen und abzukürzen, wird nicht jedes 
Grundstück individuell untersucht, sondern es wer- 
den die Grundstücke einer Flur nach Kulturarten 
annähernd gleicher Beschaffenheit in Gruppen 
eingeteilt, für die einzelnen Lagen, Kulturen und 
Beschaffenheiten Mustergrundstücke (Ty- 
pen) ausgewählt und diese genau nach den indi- 
viduellen Ertragsmengen untersucht, wobei für 
die Ermittelung der Fruchtmengen selbst das 
ortsübliche Wirtschaftssystem und für die Bewer- 
tung der Fruchtmengen örtliche Durchschnitts- 
 
	        
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