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Grundsteuer
flächen, Dienstgrundstücke, die zur Besoldung von
Beamten gehören, oder im Eigentum von Anstal-
ten sind, die der Staat ganz oder teilweise zu er-
halten hat, öffentliche Wege, Straßen, Plätze,
Spaziergänge, Begräbnisplätze, Brunnenteiche,
Feuerweiher, Viehschwemmen und ertragslose
Grundstücke. Der Besteuerung liegt der Rein-
ertrag zugrunde.
Die St Objekte werden in zwei Gruppen
eingeteilt: Wälder und andere Grundstücke. Zur
Ermittelung des Reinertrags der letzteren werden
die Grundstücke in Klassen eingeteilt und für jede
Kulturart und Klasse bestimmte Reinerträge, die
„Steueranschläge ; festgestellt. Diese St-
Anschläge werden nun auf die einzelnen Parzellen
angewendet und so deren St Kapitale nach Abzug
der Grundlasten berechnet. Die Kulturarten sind:
Aecker, Wiesen, Weinberge, Gärten, Hopfen-
gärten, Wechselfelder und Weiden. Aehnliche
Grundsätze wurden auf die Ertragsermittelung
der Wälder angewendet. Die Organe der Ein-
schätzung waren die Katasterkommission, vom
Finanzminister ernannte Beamte, die Land-
schätzer, Landwirte, die auf Vorschlag der Kataster-
kommission vom Finanzminister ernannt wurden,
und die Bezirksschätzungskommissionen, die aus
vier von der Katasterkommission gewählten Mit-
gliedern und einem St Kommissär bestanden.
Bei der Schätzung der Waldungen waren die Kom-
missionen aus drei Mitgliedern zusammengesetzt,
die Forstleute von Fach sein mußten. Der Grund-
kataster ist für jede Markung, die einen Stistrikt
bildet, im einzelnen aufzustellen. Er steht dann
im engsten lokalen Zusammenhang mit dem Ge-
bäude- und Gewerbekataster. Der Betrag der
St wird dann jeweils im Finanzgesetz für die
Etatsperiode festgesetzt.
z 8. Hessen. Die GSt, die auch die Gebäude-
erträge mitumfaßte, wurde durch G v. 13. 4. 1824
eingeführt. Sie beruht auf einem Parzellen-
ertragskataster, für dessen Aufstellung auch die
sonst üblichen Grundsätze galten. Auch hier wurde
die Vergleichung der einzelnen Parzellen mit
Mustergrundstücken zur Ermittelung des steuer-
pflichtigen Ertrags gewählt. Für die Waldungen,
für die sich aus den alten Katastern ein zu günstiges
Verhältnis gegenüber den andern Kulturarten
ergab, hat man seit 1864 die GSt erhöht. Man
bediente sich dabei des in den alten Katastern er-
mittelten Reinertrags und hat nur die alten An-
sätze pauschalmäßig erhöht. Das Finanzgesetz be-
stimmt dann, wie viel Pfennige GSt von je 1 Mk.
GStReinertrag erhoben werden sollen.
Durch G v. 12. 8. 99 ist die GSt mit den übri-
gen Ertrags St als Staatssteuer außer
Hebung gesetzt und ihr Ertrag den Gemein-
den überwiesen worden.
9#. Elsaß-Lothringen. Hier hatte man nach
1871 zuerst mit den französischen Ertrags St auch
die GSt übernommen. Die Mängel aber, die
diesem unvollkommenen System des französischen.
Rechts anhaften, wurden im Laufe der Zeit
immer mehr empfunden, zumal da die Ertrags St
in den deutschen Nachbarländern viel entwickelter
waren. Man trat daher seit den 1880er Jahren
wurde die Erneucrung der alten französischen
GSt Kataster angrordnet und durch G v. 6. 4. 92
wurde die Neucinschätzung sämtlicher Grund-
stücke eingeleitet. Auf Grund der so katastrierten
Reinerträge fand eine Neuveranlagung zur Gt
statt (G v. 14. 8. 03). Der StöSatz beträgt vom
Reinertrag 3 1½0%, wodurch eine starke St Ermäßi-
ung zur Beseitigung der Klagen über die Ueber-
astung des Grundeigentums eingetreten ist.
5* 10. Die übrigen deutschen Staaten. In den
beiden Großherzogtümern Mecklen burgwird
vom landwirtschaftlich benutzten Boden und vom
Landwirtschaftsbetrieb eine landwirtschaftliche St
erhoben. Dabei werden vier Gruppen von St-
Pflichtigen unterschieden. Die ländlichen Grund-
besitzer zahlen nach der Größe ihres Grundbe-
sitzes abgestufte, feste und unveränderliche St Sätze,
die Pächter im Durchschnitt 1,67% der Pacht-
summe, die Inhaber landwirtschaftlicher Be-
triebe innerhalb der Stadt- und Fleckenfeldmark
feste Sätze nach dem durch Schätzung ermittelten
Ertrage und die Verpächter ländlicher Grundstücke
5¾%—190 vom Pachtzins je nach dessen Höhe. In
Oldenburg besteht eine auf Vermessung und
Schätzung beruhende GSt, die nach Maßgabe
eines Parzellarkatasters vom Reinertrag als
Quotitäts St erhoben wird. Sie ist im Herzogtum,
in Lübeck und in Birkenfeld etwas abweichend
geregelt. Die GSt in Braunschweig trifft
den land- und forstwirtschaftlich genutzten Boden
als nach Ertragsklassen eingerichtete Reinertrags-
steuer. Die GSt in Anhalt ist eine feste Ab-
gabe zur Vorbelastung des ländlichen Besitzes
und dient als Ergänzung der Einkommen St. In
gleicher Weise ist die GSt nach dem Grundsatze
der Reinertragsbesteuerung vertreten in Sach-
sen -Weimar, Sachsen-Altenburg,
Sachsen -Coburg-Gotha, Sachsen-
Meiningen, Schwarzburg-Rudol-
stadt und Sondershausen, beiden
Reuß, in Waldeck, Lippe-Detmold
und Schaumburg-Lippe. Eine Beson-
derheit besteht in Re uß ä. L., wo die Gt nur
den Reinertrag des Bodens trifft. Das landwirt-
schaftliche Gewerbe des Selbstwirts wie des
Pächters unterliegt einer besonderen Abgabe,
der Feldgewerbesteuer.
Von den drei Hansestädten trifft die GSt in
Hamburg als Ertrags St den städtischen Bo-
den und die Häuser und wird nach dem Kapital-
wert (Grundwert) der Stbiektive veranlagt. Die
GSt der ländlichen Grundstücke wird nach dem
Reinertrag veranlagt, zu dessen Berechnung ein
Wertkataster dient. Sie ist Quotitäts St. Die
GSt in Bremen, welche die Gebäude mit-
umfaßt, trifft die Gebäude in Form eine Kapi-
talwert St und die eigentliche GSt nach dem
Reinertrag als Quotitäts St. In Lübeck ist
die Grund= und Gebäude St, die in Prozenten
von den Nutzungswerten erhoben wird, eine Ge-
meindesteuer.
Literatur: v. Heckel, Lehrbuch der Finanz-=
wissenschaft 1 (1907), 256 ss; v. Heckel, Fortschritte der
direkten St in den deutschen Staaten, 1904; v. Heckel
und v. Bauer, Vergleichende Darstellung der Ertrags-
besteuerung der Landwirtschaft, VIII. Internationaler
landwirtschaftlicher Kongreß, Wien 1907; Mascher, Die
an eine Umgestaltung herau. Durch G v. 31. 3. 84
Grund StRegulierung in Preußen, 1862; Wyüogodzinski,
Die Besteuerung des landwirtschaftlichen Grundbesitzes in
Preußen, 1906; Schanz, Das bayerische Ertrags St-
System und seine Entwickelung, Finanz Arch 17, 551 ffj;