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Gutsbezirke (Preußen)
Der Gutsbesitzer ist der geborene Gutsvorsteher;
allerdings bedarf er der Bestätigung des Land-
rats. Er braucht aber die Geschäfte nicht selbst
auszuüben, sondern kann sie durch einen dazu be-
fähigten Stellvertreter besorgen lassen.
Dieser muß dann seinen ständigen Aufenthalt im
G. oder in dessen unmittelbarer Nähe haben. Der
Gutsbesitzer kann jedoch auch sämtliche oder ein-
zelne Gutsvorstehergeschäfte an den Vorsteher
einer benachbarten Gemeinde mit dessen Zu-
stimmung gegen eine angemessene Entschädigung
übertragen (§ 123 Abs 2 östl. Kr O). Ehefrauen
werden durch ihren Ehemann, Kinder unter elter-
licher Gewalt des Vaters durch diesen, unter Vor-
mundschaft oder Pflegschaft stehende Personen
durch ihren Vormund oder Pfleger vertreten. In
gewissen Fällen muß die Bestellung eines Stell-
vertreters erfolgen, nämlich wenn das Gut einer
unverheirateten oder verwitweten Besitzerin oder
einer juristischen Person gehört, wenn mehrere
Besitzer sich nicht darüber einigen können, wer von
ihnen die Geschäfte des Gutsvorstehers wahrneh-
men soll, wenn die elterliche Gewalt über den Be-
sitzer der Mutter zusteht oder von dieser ausgeübt
wird, oder wenn der Vormund oder Pfleger des
Besitzers eine Frau ist, wenn der Gutsbesitzer ein
Ausländer ist oder nicht seinen ständigen Aufent-
halt im G. oder in dessen unmittelbarer Nähe
hat oder schließlich wenn er wegen Krankheit oder
aus anderen in seiner Person liegenden Gründen
außer Stande ist, die Pflichten eines Gutsvor-
stehers zu erfüllen (§+ 124 Abs 1 östl. LGO).
Für vom Hauptgut entfernt gelegene Teile
eines G. kann vom Kreisausschuß die Bestellung
besonderer Stellvertreter angeordnet werden, so-
fern dies für eine ordnungsmäßige örtliche Ver-
waltung erforderlich ist. Schließlich kann noch ein
Stellvertreter für den ernannten Gutsvorsteher
für Fälle der Behinderung auf Antrag des Guts-
besitzers bestellt werden.
Unterläßt der Gutsbesitzer in den gesetzlich vor-
geschriebenen Fällen die Bestellung eines Stell-
vertreters oder befindet er sich im Konkurse oder
nicht im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte, so
steht dem Landrat unter Zustimmung des Kreis-
ausschusses die Ernennung des Stellvertreters
auf Kosten des Besitzers zu. Die Höhe der Ver-
gütung bestimmt der Kreisausschuß.
Der Gutsbesitzer wie sein Stellvertreter be-
dürfen in ihrer Eigenschaft als Gutsvorsteher der
Bestätigung des Landrats. Diese kann nur
unter Zustimmung des Kreisausschusses versagt
werden. Erst durch die Bestätigung des Landrats
erlangt der Gutsvorsteher die Eigenschaft eines
Beamten und die Befugnisse und Pflichten seines
Amts. Vor seinem Dienstantritt wird der Guts-
vorsteher vom Landrat vereidigt.
Wenn Gutsbesitzer und Gutsvorsteher nicht
dieselbe Person sind, so ist zu beachten, daß die
vermögensrechtlichen Verpflichtungen dem Guts-
besitzer als Träger der Gutslasten, nicht dem Guts-
vorsteher gegenüber geltend zu machen sind. Denn
der Gutsvorsteher führt nur die obrigkeitliche Ver-
waltung des G. Dabei hat er dieselben Befug-
nisse wie der Gemeindevorsteher, so auch in Jagd-
angelegenheiten, vgl. Jagd O v. 15. 7. 07 (GS
207). Er ist mittelbarer Staatsbeamter und un-
terliegt wie auch die sonstigen Beamten der G.
bezüglich der Dienstvergehen den Bestimmungen
303
des G v. 21. 7. 52 (GS 463) mit den aus # 143
östl. LGO sich ergebenden Maßgaben.
6. Zweckverbände. Abgesehen von den
gänzlich leistungsunfähigen G. und Landgemein-
den gibt es immerhin noch eine erhebliche Anzahl,
die nicht eine derartige Leistungsfähigkeit besitzen,
um den umfassenderen kommunalen Aufgaben
für sich allein völlig gerecht zu werden. Um die-
sem Uebelstande abzuhelfen, hat die östliche LGO
im vierten Titel eine Verbindung nachbarlich
belegener Gemeinden und selbständiger G. behufs
gemeinsamer Wahrnehmung kommunaler An-
gelegenheiten vorgesehen. Solche Zweckverbände
gibt es, abgesehen von den sieben östlichen Pro-
vinzen, auch in Schleswig-Holstein (LGO für
Schleswig-Holstein s#5 128—138) und in Hessen-
Nassau (LGO für Hessen-Nassau s#s 100, 110).
Die auf Grund von besonderen Gesetzen bestehen-
den Verbände sind dadurch nicht berührt worden.
Für die Bildung von Gesamtschulverbänden sind
die Bestimmungen des Volksschulunterhaltungs-
gesetzes maßgebend. Auch mit Stadtgemeinden
können G. und Landgemeinden zu Zweckverbän-
den vereinigt werden (§ 138 LEO). Was für
kommunale Angelegenheiten Anlaß zur Grün-
dung eines Zweckverbandes sein können, ist im
Gesetz nicht besonders bestimmt. Zu beachten ist,
daß die Einrichtung, zu dessen Durchführung der
Zweckverband geschaffen wird, im G. bestehen
darf. So ist die Vorschrift eines Verbandsstatuts
für rechtsunwirksam erklärt worden, die einem
aus einer Gemeinde und einem G. gebildeten
Verbande auch die Aufstellung von Bebauungs-
plänen überwies. Denn im G. gibt es weder
Gemeindevorstand noch Gemeinde, denen nach
& l des G v. 2. 7. 75 die Festsetzung von Flucht-
linien übertragen ist. Voraussetzung zur Bildung
von Zweckverbänden ist zunächst, daß die Betei-
ligten damit einverstanden sind; dann erfolgt die
Bildung durch Beschluß des Kreisausschusses. Ist
dagegen ein Einverständnis der Beteciligten nicht
zu erzielen, so soll ein Zwang nur ausgeübt wer-
den, wenn das öffentliche Interesse dies erfor-
dert. In diesem Fall erfolgt die Bildung eines
solchen Verbandes durch den Oberpräsidenten,
nachdem die Zustimmung der Beteiligten im Be-
schlußverfahren durch den Kreisausschuß ersetzt
worden ist (§ 128 Abs 2 östl. LGO). Bei der Bil-
dung dieser Verbände ist auf die sonst bestehenden.
Verbände (Amtsbezirke, Kirchspiele, Wegebau--,
Schul- und Armenverbände usw.) tunlichst Rück-
sicht zu nehmen. Es können diesen Verbänden
auf ihren Antrag mit Kgl Genehmigung die
Rechte öffentlicher Körperschaften beigelegt wer-
den. Die Rechtsverhältnisse der Verbände wer-
den durch ein Statut geregelt, dessen Inhalt sich
nach §# 132 östl. 2GO bestimmt. Es ist von den.
Beteiligten im Wege freier Vereinbarung fest-
zustellen und bedarf der Bestätigung des Kreis-
ausschusses. Selbständige G. werden durch den
Besitzer des Gutes bezw. dessen Stellvertreter
im Verbande vertreten. Die Wahl des Verbands-
vorstehers bedarf, wenn der Gewählte nicht zu-
gleich Gemeinde-, Guts= oder Amtsvorsteher ist,
der Bestätigung durch den Landrat. Kommt ein
Statut durch freie Vereinbarung nicht zustande,
so ist es nach Anhörung der Beteiligten durch den
Kreisausschuß festzusetzen. Das Nähere, auch
über die Zusammensetzung des Verbandsaus-