Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
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Haftung Dritter (Voraussetzungen) 
  
32; Zucker StG v. 27. 5. 96 (6. 1. 03) 1 58; Elbschifs- 
Konvent. v. 13. 4. 44 a 301; Preuß. Forstdiebst G v. 15. 4. 78 
* 11; Preuß. Feld- und Forstpol G v. 1. 4. 80 15 I; Preuß. 
Jagd O v. 15. 7. 07 1 80 I. Aehnlich auch Preuß. G betr. 
die Rheinschiffahrtsgerichte v. 8. 3. 79 1 13; Württ. Wirt- 
schafts Abg G v. 4. 7.00 a 26; Württ. Bier St G v. 4. 7. 00 A 54, 
wo die H. dadurch bedingt erscheint, daß dem Primus eine 
Geldstrafe pp. wegen .. . auferlegt wird, oder von 
den gegen den Schuldigen erkannten Geldstrafen pp. 
die Rede ist. 
Allein diese Ausdrucksweise darf nicht täuschen. 
Die Meinung der hierher gehörigen Gesetze ist 
keineswegs die, daß der rein prozessuale Alt der 
Verurteilung des Primus die H. erzeuge. Dieser 
Akt ist für die Entstehung der H. nicht erfor- 
derlich, denn so sehr auch (s. S. 320) die Verur- 
teilung des Primus prozessual erforderlich 
ist für die Verurtcilung des Haftbaren, so 
wenig ist sie materiellrechtlich von Belang; die 
H. selber entspringt aus der Tat und ist schon vor 
dem Urteil, das gegen den Primus ergeht, vor- 
handen. Er ist andererseits nicht genügend: eine 
unbegründete Verurteilung des Primus schafft 
nicht die H., die vielmehr in solchem Falle selber 
materiell unbegründet wäre (s. S. 320 Sp. 1 unten). 
Es handelt sich also nur um eine ungenaue Aus- 
drucksweise. Der Sinn aller einschlägigen Gesetze 
ist vielmehr durchgängig der, daß die H. bedingt 
ist durch das Vorliegen eines Strafanspruchs gegen 
den eigentlich Schuldigen. 
Unter welchen konkreten Umständen der eigent- 
lich Schuldige sein Delikt begangen hat, ist im all- 
gemeinen gleichgültig. Stellenweise wird jedoch 
die H. durch die Deliktsbegehung nur dann 
ausgelöst, wenn der Täter sein Delikt in einer be- 
stimmten näher angegebenen Funktion begangen 
hat (z. B. bei Ausführung der ihm von dem Haft- 
baren übertragenen oder ein für allemal über- 
lassenen Handels-, Gewerbe= und anderen Ver- 
richtungen, VG F 153, Salzabg G v. 1867 5 17, 
Statist G v. 1879 §5 17; vgl. ferner bayr. Forst G 
v. 28. 3. 52 a 69 Ziff. 6 und 7). 
b) Eine weitere Voraussetzung für den Eintritt 
der H. ist fast durchweg ein bestimmtes 
persönliches Verhältnis zwischen 
Täter und Haftbarem — was für eins, 
ist in den Gesetzen in schier unübersehbarer Weise 
detailliert. Bald handelt es sich um ein familiäres 
Angehörigkeitsverhältnis, sei es schlechtweg, sei 
es um bestimmte Arten (Ehe; Kindes- oder gleich- 
gestelltes Verhältnis des Täters zum Haftbaren): 
bald um ein Hausgenossenschaftsverhältnis des 
Täters zum Haftbaren als dem Hausherrn, bald 
um ein Anstellungs= oder sonstiges kontraktliches 
Verhältnis, auf Grund dessen Angelegenheiten 
des Haftbaren durch den Täter besorgt werden 
(Lehrlinge, Gesellen, Diener, Verwalter, Gehilfen, 
Gewerbegehilfen, Hirten, Vertreter, Markthelfer, 
Tagelöhner, Arbeiter, Geschäftsführer, Beauf- 
tragte, Bevollmächtigte, Schiffsmannschaft usw. im 
bunten Wechsel der Ausdrücke und der Funktionen). 
Doch kommt es auch vor, daß nicht sowohl eine 
persönliche, sondern eine sächliche Bezie- 
hung die H. vermittelt; so haftet nach Elbschiff- 
Konvent v. 13. 4. 44 a 30 „das Schiff“ (= der 
am Schiff Berechtigte mit dem Schiff, also nur 
beschränkt) für den Schiffsführer, sowie nach dem 
Zollreglement zum deutsch-ägyptischen Handels Vt 
v. 19. 7. 92 a 34, 36 1 „der Eigentümer der Wa- 
  
ren“, mit bezug auf welche Schleichhandel oder 
Zollkontravention begangen ist. 
Vereinzelt wird von einer besonderen persön- 
lichen oder sächlichen Beziehung des Haftbaren 
zu dem Täter bezw. dem tatbefangenen Sach- 
gegenstand ganz abgeschen und statt dessen darauf 
abgestellt, ob der Haftbare Teilnehmer an der 
Tat war (vgl. nachstehend c), so wenn im Zoll- 
reglement zum deutsch-ägyptischen Handels Vt 
v. 19. 7. 92 a 34, 36 I1 eine H. des Teilnehmers 
schlechthin statuiert wird. 
Tc) Unter den Voraussetzungen zu a und b tritt 
a) nach einer Reihe von Gesetzen die H. ein 
ohne Rücksicht darauf, ob dem Haft- 
baren aus seinem Verhalten irgendwie ein Vor- 
wurf gemacht werden kann, m. a. W., ob ihn 
irgend ein Verschulden trifft. 
So nach B3G 1 153“ (Eisenbahnverwaltungen und 
Dampsschiffahrtsgesellschaften); SalzabgG##v. 1867 1 17; 
StatistG v. 1879 1 17; Zoll Regl zum deutsch-ägyptischen 
Handels Bil v. 19. 7. 92 a 34 (Eigentümer der Waren), 36 I 
(Eigentümer der Waren und Schiffskapitäne); Elbschiffahrts- 
konvention v. 13. 4. 44 a 30; Preuß. G betr. die Rhein- 
schiffahrtsgerichte v. 8. 3. 79 3 13; Bayr. Pol St GB a#122 II; 
Württ. Weidech v. 26. 3. 73 a 85; Württ. Forststraf G 
v. 2. 9. 79 a 18; Württ. Sportel G v. 16. 8. 11 a 15 V 
Württ. Gew StG v. 28. 4. 73 (8. 8. 03) a 106; Württ. 
Wandergew. St G v. 15. 12. 99 (8. 8. 03) a 26; Württ. 
Eink St G v. 8. 8. 03 a 70 a. E., 71; Württ. Kapitalsteuer G 
v. 8. 8. 03 a 23 a. E., 24. 
6) Andere Gesetze lassen die H. nur dann ein- 
treten, wenn der Haftbare im Hin- 
blick auf die Tat des Primus in 
Schuld war. So muß sich nach dem deutsch- 
ägyptischen Zollreglement v. 19. 7. 92 a 34, 36 I 
(soweit es sich nicht um die Haftung der Waren- 
eigentümer und Schiffskapitäne handelt) und nach 
dem Preuß. FischereiG v. 30. 5. 74 7# 52 das 
schuldhafte Verhalten des Haftbaren geradezu als 
„Teilnahme“ im strafrechtlichen Sinne an der Tat 
des Primus darstellen. 
Nach R v. 8. 7. 68 betr. die subsidiäre H. des 
Brennereiunternehmers ##1 Ziff. 2, Branntwein- 
steuer G v. 8. 7. 68 + 66, R v. 8. 7. 68 betr die 
subsidiäre H. des Braucreiunternehmers §# l1e, 
BrauSt v. 31. 5. 72 J+ 38, RG v. 19. 7. 69 
betr. die Steuerfreiheit des Branntweins zu ge- 
werblichen Zwecken §& 4, Zucker StE v. 27. 5. 96 
(6. 6. 03) § 58 muß der Haftbare bei Auswahl und 
Anstellung des Primus fahrlässig zu Werke ge- 
gangen sein, nach BranntwStu v. 24. 6. 87 
#32 muß er es unterlassen haben, die zu vertre- 
tende Person von der Zuwiderhandlung abzu- 
halten; nur wird unter bestimmt aufgeführten 
Voraussetzungen (wissentliche Anstellung oder 
Beibehaltung eines nach der gleichen Richtung 
hin vorbestraften Verwalters usw.) die Schuld 
durch das Gesetz präsumiert. 
Eine große Zahl von Gesetzesbestimmungen 
geht endlich dahin, daß die H. nicht auszusprechen 
sei, wenn der Nachweis gelinge, daß die Tat ohne 
Wissen des Haftbaren verübt sei (so VZG 8 153 
Ziff. 1, 3, Salzabg G v. 1867 & 17, Statist G v. 
1879 &+17, Spielkartenstempel G v. 3. 7. 78 J# 18, 
Tabak StG v. 16. 7. 79 § 43, Zigarett StG v. 
3. 6. 06 5 21, Schaumwein StGv. 9. 5. 02 920), 
oder der Nachweis, daß entweder die Tat nicht 
mit seinem Wissen verübt sei, oder er sic nicht ver- 
hindern konnte (so Preuß. Forstdiebst G v. 15.
	        
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