Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
Haftung Dritter (Umfang) 
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4. 78 8 11II, Preuß. Feld- und ForstpolGß v. 
1. 4. 80 8 6, Preuß. JagdO v. 15. 7. O7 8 80), 
oder der Nachweis, daß er nicht imstande war, 
den Frevel zu verhindern (so bayr. ForstG v. 
28. 3. 52 a 69 II), oder der Nachweis, daß ihn 
ein Verschulden nicht trifft 'so Württ. Wirtsch.= 
Abg G v. 4. 7. 00 a 26, Württ. Bier St G v. 4. 7. 00 
à 54, Württ. Erbsch StG v. 26. 12. 99 a 34). 
Die letztgenannte Gruppe von Gesetzen unter- 
scheidet sich von der vorhergehenden äußerlich 
dadurch, daß das materiellrechtliche Erfordernis 
des Verschuldens des Haftbaren einesteils gar 
nicht erwähnt, andernteils aber in vollem Umfang 
und nicht bloß bei Zutreffen bestimmter Voraus- 
setzungen präsumiert wird. Der Sache nach rücken 
aber (abgesehen von dem zweiten Unterschiede, 
der natürlich erheblich bleibt) beide Gruppen 
nahe zusammen. Denun die rein prozessuale Be- 
stimmung, daß der Nachweis des Nichtwissens 
pp. die Freisprechung von der H. zur Folge habe, 
hat nur dann Sinn, wenn materiellrechtlich das 
MWissen pp. Voraussetzung der H. ist: sic ergänzt 
nur diesen materiellrechtlichen Satz durch den 
prozessualen, daß das Vorhandengewesensein des 
Missens pp. bis zum Beweise des Gegenteils an- 
genommen und als Urteilsgrundlage verwertet 
werden solle. Verschieden innerhalb der letzten 
Gruppe ist nur Art und Maß des erforderlichen 
Verschuldens. 
Teils ist irgend ein Verschulden genügend 
und durch Präsumtion gedeckt, sodaß prozessual nur 
der volle Exkulpationsgegenbeweis frei macht (so 
in den angeführten bayrischen und württembergi- 
schen Gesetzen). 
Teils ist erforderlich und durch Präsumtion ge- 
deckt, daß der Haftbarc um die Begehung der Tat 
gewußt hat und imstande gewesen ist, sie zu ver- 
hindern, sodaß die H. schon dann entfällt, wenn 
entweder das „Wissen“ oder das „Verhindern- 
können“" widerlegt wird. So in den ange führten 
Preußischen Rechtsquellen (die Schwierig- 
keiten, die Vaillant 30 hier sinden will, sind 
m. E. nicht vorhanden). Aber auch die ange führ- 
ten Reichsgesetze gehören hierher. Sie stellen 
zwar scheinbar nur auf das Missen des Haftbaren 
um die Tatbegehung ab. Aber solches Wissen für 
sich allein kann bei rationeller Gesetzesauslegung 
nicht als erheblich in Betracht kommen (man 
denke an den Fall, daß der Haftbarc infolge von 
Krankheit oder von zu großer Entfernung die 
Rolle eines passiven Zuschauers spielen mußte); 
wenn das Requisit überhaupt Sinn haben soll, 
so muß es notwendig in das wissentlich und willent- 
lich Nichtverhindern übergeführt werden. 
Daß es sich hier überall um Schuldprä- 
sumtionen handelt, ist die herrschende Auf- 
fassung. (Sie ist bestritten worden von Oetker. Er 
unterstellt dem Gesetz den Gedanken, daß es schon 
  
  
  
So gehören sämtliche Fälle, in denen nicht das 
Verschuldungsmoment im Gesetz ganz unerwähnt 
bleibt (also die Fälle unter c 6), zusammen, inso- 
fern irgend ein Verschulden des Haftbaren Be- 
dingung für den Eintritt der H. ist, und sie scheiden 
sich nur einmal nach Art und Maß des erforder- 
lichen Verschuldens, sodann prozessual danach, ob 
und eventuell inwieweit das Verschulden unter 
eine Rechtsvermutung gestellt ist. 
4) Durch alle, eine H. anordnenden Bestim- 
mungen leuchtet der Gedanke hindurch, daß das 
haftungbegründende Delikt möglicherweise für den 
Haftbaren profitabel war. Doch ist dies 
regelmäßig nicht zur Voraussetzung der H. in 
concreto erhoben, vielmehr die H. pure im Gesetz 
ausgesprochen, sodaß die Frage, ob im konkreten 
Falle die Deliktsbegehung dem Haftbaren einen 
Vorteil brachte, unerhoben bleibt. Abweichend 
bayr. Pol StGB à 122 II (H. der Eltern usw. für 
Feldfrevel der Kinder usw. nur, wenn sie „zu 
ihrem Vortceil gereichen"). 
2. Anlangend den Umfang der Haf- 
tung, so handelt es sich überall darum, daß der 
Haftbare für die von dem Täter verwirkte Geld- 
strafe haftet. Zu dieser treten nach zahlreichen 
Gesetzen die gegen den Täter aufsgelaufenen 
Prozeßklosten hinzu. 
So nach Vzz6G 153; Salzabg G# v.#1867 17; Statist G 
v 1879 1 17; Tabak StG v. 16. 7. 79 1 43; Zigarett St Gv. 
3. 6. 06 1 21; Schaumwein St v. 9. 5. 02 1 20; Preuß. 
ForstdiebstG v. 15. 4. 78 1 11; Preuß. Feld- und Forst- 
polG v. 1. 4. 80 15; Preuß. G betr. die Rheinschifsahrts= 
gerichte v. B. 3. 79 #1 13; Preuß. Jagd O v. 15. 7. 07 #80; 
Bayr. Forst G v. 28. 3. 52 a 69; Württ. Weidec# v. 27. 3. 73 
a 85; Württ. Forst Stire v. 2. 9. 79 a 18; Württ. Sportel G 
v. 16. B. 11 a 15 V; Württ. Wandergew St# v. 15. 12. 99 
(8. 8. 03) a 26; Württ. Wirtsch Abg Gv. 4. 7. 00 a 26; Württ. 
Bier St G v. 4. 7. 00 a 54. 
Aber auch wo von H. für die Prozeßkosten im Ge- 
setz keine Rede ist, wird man kaum analoger Anwen- 
dung ausweichen können (so auch Pötsch S 102). 
Im Landesrecht wird außerdem öfter die H. 
auf den „Wertsersatz“ oder die „Ent- 
schädigung“ erstreckt, die der Täter dem Ge- 
schädigten infolge der Tat zu leisten hat. 
So Preuß. Forstdiebst'# v. 15. 4. 78 f11; Preuß. Feld- 
und Forstpol G v. 1. 1. N0 6+ 5; Bayr. Forst G v. 28. 3. 52 
a 18; Bayr. Pol StEo B a 122 II; Württ. Weide G v. 26. 
3. 73 a R5; Württ. Forst Str#z v. 2. 9. 79 a 18. Ueber die 
H. auf Zollgefälle und Steuern s. oben S 309 Ziff. 3 
und unten S 322 f. 
3. Das Rangverhältnis der H. zu der 
den cigentlich Schuldigen trefsenden Rechtsfolge 
ist verschieden. 
a) Weitaus in den meisten Fällen tritt die H. 
subsidiär hinter die von dem Täter verwirkte 
bei möglicher Schuld haften lassen wolle. Aber, 
die „mögliche“ Schuld ist nichts anderes, als die 
bekannte beweisrechtliche Situation des 
non liquet, und deren Gleichstellung mit 
dem Erwiesensein bildet eben den Inhalt der 
Präsumtionen. Wenn Oetker ferner „die In- 
kongruenz des „Gegenbeweisthemas“ mit der 
vermeintlich präsumierten Tatsache“ betont, so ist 
sie, wo sie sich mit grammatischer Interpretation er- 
geben würde, nach allgemeinen Auslegungsgrund- 
sätzen durch rationelle Auslegung zu überwinden.) 
Rechtsfolge zurück, so daß sic nur zu deren Ersatz 
bestimmt ist: Subsidiarhaftung oder 
Nachhaftung. Sie ist in diesen Fällen also 
nur bedingt vorhanden. Und zwar lautet die 
Bedingung, durch deren Eintritt die H. purifiziert 
wird, teils auf „Unvermögen“" oder „Zahlungs- 
unfähigkeit“ des Täters schlechthin (so: Zigarett- 
Ste#v. 3. 6. 06 521, Schaumwein St v. 9. 5.02 
§5d20, Preuß. Forstdiebst G v. 15. 4. 78 3 M, Preuß. 
Feld= und ForstpolG v. 1. 4. 80 # 5, Preuß. 
Fischereich v. 30. 5. 74 # 52, Preuß. Jagd O v. 
15. 7. 07 § 80); teils auf „Nichtbeitreiblichkeit“, 
zum Teil mit dem Zusatz „wegen Unvermögens“
	        
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