Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
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Haftung Dritter (Entscheidung) 
  
dieselbe Geldstrafe haftbar verurteilt, so ist korrek- 
terweise auszusprechen, daß sie unter einander 
nur als Solidarschuldner verurteilt werden (val. 
oben S. 315 Sp. 18, Sp. 22). « « 
Der zur H. verurteilenden Entscheidung ist 
(ähnlich wie der Verhängung einer Buße) eigen- 
tümlich, daß sie nur zulässig ist, wenn gleichzeitig 
eine Verurteilung des eigentlich Schuldigen auf 
dasjenige, wofür gehaftet werden soll, ergeht, 
oder (soweit dies nach unten 9 vorkommen kann) 
eine solche Verurteilung vorangegangen ist. Dies 
ist in einer Reihe von Gesetzen direkt ausgespro- 
chen (vgl. S 309 Sp. 2 unten), gilt aber allgemein. 
Die Entscheidung ist aber weiter ipso jure auch 
resolutiv bedingt dadurch, daß diese ihr zur Basis 
dienende Beurteilung prozessual bei Bestand 
bleibt. Jede kraft Gesetzes oder kraft höherer 
Entscheidung eintretende Aufhebung der letzteren 
bewirkt, solange sie nicht solbst wieder ausgehoben 
wird, von selbst einen Zusammenfall des auf die 
H. bezüglichen Entscheidungsannexes. Erzielt also 
der als Täter Verurteilte in höherer Instanz seine 
Freisprechung (oder wird er, was gleichsteht, in 
höherer Instanz unter dem Gesichtspunkt eines 
Delikts, das keine H. nach sich zieht, verurteilt), 
so sinkt die Verurteilung des Dritten zur H. von 
selbst in sich zusammen, ohne daß eine Anfech- 
tung des H. Urteils durch den Haftbaren Voraus- 
setzung wäre, und ohne daß das Gericht bei Mangel 
solcher Anfechtung in der Lage wäre, formell das 
H. Urteil aufzuheben. 
Ist ein kraft Gesetzes (wie z. B. bei Einspruch 
gegen einen Strafbefehl) oder kraft höherer Ent- 
scheidung hinfällig gewordener Strafausspruch 
im weiteren Verlaufe des Verfahrens durch einen 
neuen Strafausspruch ersetzt worden, so sukze- 
diert dieser nicht in die Stellung des vormaligen 
Strafausspruchs (auch nicht, wenn er inhaltlich 
völlig übereinstimmt). Soll in solchem Falle die 
H. nicht ausfallen, so muß sie daher abermals in 
nunmehriger Verbindung mit dem neuen Straf- 
ausspruch verhängt werden (unter Wiederholung 
der Zuziehung des Haftbaren). 
Ist so die Existenz eines Strafurteils für den 
H. Ausspruch erforderlich, so ist doch auf der ande- 
ren Seite sein Inhalt (Bejahung der Tat und 
der Strafbarkeit des eigentlich Beschuldigten) für 
das Urteil über die H. nicht maßgebend oder bin- 
dend. Das die Haftbarkeit bejahende Urteil bedarf 
vielmehr der selbständigen Feststellung 
nicht bloß der eigentlichen Hasftungsvoraussetzun- 
gen, sondern auch der die H. auslösenden Tat und 
ihrer Strafbarkeit, denn die Strafverhängung 
gegen den eigentlich Schuldigen wirkt nur inter 
partes. Dies ist von Wichtigkeit in den Fällen, 
in denen lediglich der H. Anspruch zur Kognition 
steht, während der Strafanspruch als solcher ab- 
getan ist (unten 9). In diesen Fällen kann die 
Verurteilung des Haftbaren keineswegs auf die 
bloße Feststellung der eigentlichen H. Voraus- 
setzungen gegründet und die Feststellung der Tat 
und ihrer Strafbarkeit durch Bezugnahme auf die 
Aburteilung des eigentlich Schuldigen ersetzt 
werden; vielmehr muß sich das Gericht selber die 
Ueberzeugung von der Tat und ihrer Strafbarkeit 
verschafft haben (wobei natürlich in freier Beweis- 
würdigung das Vorderurteil benutzt werden kann). 
  
urteil widersprechenden Begründung freizuspre- 
chen (so auch die gemeine Meinung. AM Pötsch). 
Die Kosten des H. Prozesses sind dem Haft- 
baren, wenn er verurteilt wird, aufzuerlegen 
(so Katzenstein. A Hümmer). Im Preuß. G 
über das Verw Stri Vf. 5 48 III und im Württ. 
Fisk Str Pr G a#32 ist dies direkt gesagt. Und zwar 
trägt der Haftbare diese Kosten stets prinzipaliter 
und allein. 
Die Entscheidungen sind dem Haftbaren in 
demselben Umfang und in der gleichen Weise be- 
kanntzumachen, wie Entscheidungen von entspre- 
chendem Inhalt dem Beschuldigten zu eröffnen 
sind, also im allgemeinen in praesentem durch 
Verkündung, in absentem durch Zustellung. Zu 
vergleichen auch Preuß. Güber das Verw Strf f. 
à 371, Württ. Fisk Str Pr G a 30 III. 
9. Das Prozeßverhältnis gegen den Haftbaren 
erlischt grundsätzlich mit dem eigentlichen 
Prozeßverhältnis selber. Eine Abtrennung der 
H. Sache im Sinne einer Verweisung ad separa- 
tum kann (Gründe S 316 Ziff. 2) nicht erfolgen (es 
wäre denn, daß ein isolierter H. Prozeß nach ge- 
setzlicher Spezialbestimmung zulässig ist). Deshalb 
bleibt das Gericht mit der H. Frage auch dann be- 
faßt, wenn die Staatsanwaltschaft den auf die H. 
bezüglichen Klageantrag zurücknimmt (so Galli 
gegen Pötsch). 
Die gleiche ratio verbietet aber auch eine will- 
kürliche Abtrennung des H. Annexes, die nur in 
dem Sinne gemeint ist, daß das Verfahren über 
das gegen den eigentlich Schuldigen ergehende 
Urteil hinaus anhängig bleiben solle. Die Ab- 
urteilung des Haftbaren muß notwendig mit der 
des eigentlich Schuldigen zusammen erfolgen. 
Nur da kann bei Erlaß des eigentlichen Straf- 
urteils ein Vorbehalt der Fortsetzung der Pro- 
zedur gegen den Haftbaren erfolgen, wo prozeß- 
rechtliche Hindernisse die gleichzeitige Aburteilung 
des letzteren rechtlich unmöglich machen (z. B. der- 
zeitige Geisteskrankheit bei krimineller Haftung). 
Ferner kann sich das H. Prozeßverhältnis da- 
durch verselbständigen, daß es allein durch Rechts- 
mitteleinlegung an die höhere Instanz devolviert 
oder infolge eines anderen Rechtsbehelfs (Ein- 
spruch, Antrag auf gerichtliche Entscheidung) in 
ein neuces Prozeßstadium erwächst, während die 
rigentliche Strafsache sich früher rechtskräftig er- 
edigt. 
§ 6. Besondere Prozeßarten. Auch für sie 
gelten die in §& 5 entwickelten Regeln. Einzelnes: 
1. Die Verhängung der H. durch Straf- 
befehl ist im gleichen Umfang zulässig wie die 
zugehörige Verhängung der Uebel, für die gehaftet 
werden soll, gegen den eigentlich Schuldigen 
(AM Pötsch, der einen H. Strafbefehl für unzu- 
lässig erklärt). Dies ergibt sich für die kriminelle 
H. schon daraus, daß sie selber eine Geldstrafe ist 
(s. & 4 Ziff. 2); für die sonstigen H. Fälle daraus, 
daß St PO # 447 lediglich an die normalen direk- 
ten Tatfolgen denkt, und aus der Erwägung, daß 
kein Grund besteht, für den Haftbaren höhere 
prozessuale Garantien zu fordern als für den 
eigentlich Schuldigen. 
Auch in den Fällen, wo ein „richterliches Er- 
kenntnis“ für die Verhängung der H. vorgeschrieben. 
ist (vgl. S. 316 Sp. 2), besteht gegen den Straf- 
Gewinnt das Gericht diese Ueberzeugung nicht, befehl kein Bedenken, da diese Wendung nur 
so hat es den Haftbaren mit einer dem Vorder= gegen administrative Erledigung der Sache ge-
	        
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