Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
Infolge dessen wurde die Hagelgefahr auch vielfach über- 
trieben. 
Da in Bayern in bezug auf die H eine klaffende 
Lücke vorhanden war, welche durch die Privat- 
tätigkeit nicht ausgefüllt wurde, entschloß sich die 
Regierung, eine öffentliche H. Anstalt 
unter staatlicher Leitung zu organi- 
sieren. Nach dem G v. 13. 2. 84 ist die bayerische 
Anstalt auf folgenden Grundlagen aufgebaut: 
1. Die Anstalt bildet ein selbständiges Rechis- 
subjekt. Ihr Vermögen ist von den Staatsfonds 
vollkommen getrennt; 
2. Die Anstalt wird von Staatsbeamten ver- 
waltet, jedoch ist der Vertretung der Versicherten 
und der Landwirtschaft der weitgehendste Einfluß 
auf die Verwaltung und die Gestaltung der Ver- 
sicherungsbedingungen eingeräumt. 
3. Freiwilligkeit des Beitritts ohne Ausschluß 
der Privatversicherungsgesellschaften. 
4. Fester Beitrag ohne jede Nachschußverbind- 
lichkeit: Entschädigung nach Maßgabe der vorhan- 
denen Mittel, mithin Herabsetzung der Entschädi- 
gungsbeträge, wenn diese nicht reichen. 
5. Heranziehung aller Gemeinden zur Mitwir- 
kung durch Uebertragung der Erntewertbestim- 
mung. 
—— — — — 
Hagelversicherung 
  
  
325 
——. — 
—. A— 
kleiner Anwesen haben zur Anstalt Vertrauen ge- 
faßt und sind ihr beigetreten. Die Anstalt hat es 
in den ersten 25 Jahren ihres Bestehens auf 
165 000 Mitglieder mit einer Versicherungssumme 
von 267 Millionen gebracht. 
Die Durchschnittsversicherungssumme für den 
einzelnen versicherten Landwirt beträgt in Bayern 
nur ctwa 1000 Mk., ein Beweis dafür, daß die 
neue Anstalt auch für den Kleinbesitz zugänglich 
wurde, während dieser früher die H. ganz ent- 
behren mußte. Im Interesse des kleinen Besitzes 
werden in Jahren mit umfangreichen großen 
Hagelschäden nicht Beitrags-Nachschüsse erhoben, 
um die Entschädigungen ausbezahlen zu können, 
sondern es wird die Entschädigung mit Zustim- 
mung des Ausschusses der Versicherten verhält- 
nismäßig herabgesetzt. Das ist in verschiedenen 
Jahren geschehen: 1901 auf 9706% des Schadens, 
1890 auf 9000, 1888 und 1898 auf 8500, 1885, 
6. Heranziehung der angesehensten und erfah- 
Sie muß vor allem eine verlässige Schadensstati- 
rensten praktischen Landwirte zu den Schadens- 
schätzungen. 
7. Unterstützung der Anstalt durch einen jähr- 
lichen Staatszuschuß von 200 000 Mk. und durch 
Zuweisung eines Stammkapitals von einer 
Million Mark. 
Die Verwaltung der Anstalt ist der K. Versiche- 
rungskammer übertragen, in welcher einc eigene 
Abteilung für H. eingerichtet wurde. Für die 
Kosten der Verwaltung hat die H. Anstalt 2% 
für 100 Mk. Vers Summe zu entrichten. Da mit 
dieser Leistung nicht alle Verwaltungsausgaben 
gedeckt werden können, bestreitet die Landes- 
Brandv. Anstalt X Feuerversicherung) die Mohr- 
ausgabe, die übrigens verhältnismäsig nicht be- 
trächtlich ist. Die Abt. f. H. ist mit einem 
Vorstande und der erforderlichen Zahl von juri- 
stisch oder technisch vorgebildeten Beamten besetzt. 
Infolge dieser Organisation bildet die H. in 
Bayern eine öffentliche Angelegenheit, für die 
sich alle Kreise interessieren, und man darf be- 
haupten, daß diesem Umstand ein groser Teil 
ihres Erfolges zuzuschreiben ist. Auch die Besitzer 
  
1886, 1889, 1892, 1894, 1896, 1897, 1902 auf 
800% 1891 und 1008 auf 76% , 1900 auf 6700, 
1903 auf 570. 
Für die gedeihliche Entwicklung und ange- 
messene Fortbildung einer Versicherungsgemein- 
schaft ist die Führung einer sorgfältig aufgebauten 
Statistik unerläßlich. Die bayrische Anstalt 
hat auch in dieser Beziehung Erhebliches geleistet. 
stik führen, weil von dieser die Festsetzung der 
Orts--Hagelgefahrenklassen abhängt, in welche 
sämtliche Gemeinden des Königreiches eingereiht 
werden mußten. Nach der Ortsgefahr und der 
Fruchtempfindlichkeit bemessen sich die Beiträge. 
Eince sehr bedeutsame Rolle spielt bei der bay- 
rischen Anstalt der Reservefonds. Dieser 
wird gebildet aus den Ueberschüssen, aus den Bei- 
trittsgebühren und den Zinsen des Stammkapi- 
tals und hat gegenwärtig einen Bestand von fast 
10 Millionen Mark. Er dient dazu, schlechte und 
gute Geschäftsjahre unter einander auszugleichen 
und kann in Jahren, in denen die vorhandenen 
Mittel zur Vergütung von acht Zehnteln des 
Schadens nicht ausreichen, bis zu einem Viertel 
seines Bestandes zur Entschädigungsleistung her- 
angezogen werden. 
Die Geschäftsverhältnisse bei der 
bayerischen Anstalt haben sich in den 
ersten 25 Jahren ihres Bestehens gestaltet wie 
folgt: 
I. Entwicklung der Anstalt. 
  
  
  
  
  
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Versicherte Beschädigte . .. ---—.- — — . — 6— 
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im Ganzen Mitglied in Prozenten der Versicherungssumme 
I« -I- 
1834 7 375 985 90 193 11 140 233 1511127 o,: 0,67 1,49 0, 05 
1890 57186 7258 743 752 84 634 4600 1 480 1.18 1,31 D 1.18 1,49 0,04 
1990 125 702 . 18 315 1 761 241t9 194 511 540 1547 1,27 2,67 1,79 1,370,04 
1809 163 774 13 618 2 400 000 267 560 620 1634446 1,20 1,.20 3,19 0006 
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