Handel (Behörden, Vertretungen)
den kann, nachdem die ordnungsmäßigen Rechts-
behelfe, welche die Gesetzgebung des fremden
Staates vorsieht, ohne Erfolg durchlaufen sind.
Einen Rechtsanspruch kann in solchem Falle die
Regierung nur geltend machen, wenn dic ange-
fochtene Entscheidung gegen vertragsmäßige Ab-
machungen verstößt. Tatsächlich werden indessen
Vorstellungen bei ausländischen Staaten häufig
auch auf Billigkeitsgründe gestützt.
4. Den Interessen des Auslands. dient schließ-
lich die Statistik des Warenverkehrs des deutschen
Zollgebiets mit dem Auslande, die vom statistischen
Amt bearbeitet wird, und deren Rechtsgrundlage
das R v. 20. 7. 79 und die dazu ergangenen
Ausführungsbestimmungen des Bundesrats bil-
den [UHandelsstatistiklj.
IV. Behörden und Handelsvertretungen.
5#11. Behörden und Handelsorgane im Reich.
Nach a 4 Ziff. 2 der RV gehört die Zoll= und
Handelsgesetzgebung zu den Angelegenheiten, die
der Beaufsichtigung seitens des Reichs und seiner
Gesetzgebung unterliegen. Die behördliche Ver-
waltungstätigkeit im einzelnen dagegen auf die-
sem Gebiete ist den Bundesstaaten verblieben, und
die Reichsbehörden sind im wesentlichen auf die
Vorbereitung einschlägiger Gesetzentwürfe, der
zur Ausführung der Reichsgesetze vom Bundesrat
zu erlassenden Verw Vorschriften und Einrich-
tungen und der Beschlußfassung des Bundesrats
über Mängel, die bei der Ausführung der Gesetze,
Verw Vorschriften und Einrichtungen hervortre-
ten, beschränkt (RV. a 7). Eine erweiterte Zu-
ständigkeit der Reichsbehörden hat sich nach und
nach auf dem Gebiete des AuslandsH. entwickelt.
Als Organe des Reichs kommen in erster Linic das
Auswärtige Amt, das Reichsamt des Innern und
das Reichsschaßamt in Betracht. Die zweite
(handelspolitische) Abteilung des auswärtigen
Amts bocarbeitet die Berichte unserer Auslands-
vertretungen und macht sic, insoweit der H. daran
ein Interesse hat, den inneren Ressorts des Reichs
und der Bundesstaaten zugänglich. Das auswär-
tige Amt tritt ferner für die Interessen des deut-
schen H. bei ausländischen Regierungen ein, ver-
handelt mit diesen bei Streitigkeiten über An-
sprüche, dic sich aus den H. Verträgen ergeben und
unterstützt auch sonst im diplomatischen Wege die
Münsche Reichsangehöriger, die in dem ordent-
lichen Instanzenzuge des fremden Staats nicht
durchzusetzen sind. Von großer Bedeutung für
den Auslandsp. ist die Tätigkeit des Reichsamts
des Innern, in dem für die Wahrnehmung dieser
Aufgaben eine besondere, die handelspolitische
(IV.) Abteilung geschaffen worden ist. Von hier
aus erfolgt der in §& 10 Ziff. 2 geschilderte Nach-
richtendienst; ferner werden hier die gegen das
Ausland erhobenen Zollbeschwerden auf ihre Be-
gründung geprüft, bevor über die Beschreitung des
diplomatischen Weges Entschließungen ge faßt
werden. Bei Fragen des inländischen Zolltarifs,
die an sich zur Zuständigkeit des Reichsschatzamts
gehören, wirkt das Reichsamt des Innern häufig
durch Erörterung dabei in Betracht kommender
wirtschaftlicher Verhältnisse mit. Zur Beratung
der Reichsregierung in handelspolitischen Ange-
legenheiten ist durch Anordnung des Reichskanz-
lers der „Wirtschaftliche Ausschuß“
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eingerichtet worden, der aus 45 der Landwirt-
schaft, dem H. und der Industrie angehörenden
Mitgliedern und einer Anzahl im Falle der Be-
hinderung ordentlicher Mitglieder eintretender
Ersatzmänner besteht. Der wirtschaftliche Aus-
schuß ist ein begutachtendes Organ, das zusammen-
berufen wird, wenn es sich um wichtige Entschlie-
ßhungen auf dem Gebiete der H. Politik, beispiels-
weise die Frage des Abschlusses eines H. Vertrages,
handelt.
Zur Durchführung des Börsen G v. 22.6. 96
sind sodann zwei Reichsorgane geschaffen, die
Berufungskammer (§ 17) als obere Instanz gegen
Entscheidungen der an den Börsen bestehenden
Ehrengerichte und der Börsenausschuß (5 3 das.)
als Sachverständigenorgan zur Begutachtung über
die durch das Börsengesetz der Beschlußfassung
des Bundesrats überwiesenen Angelegenheiten.
Börsel.
Die Statistik des auswärtigen H. (oben & 10
Ziff. 4) wird vom Kaiserl. statistischen Amt be-
arbeitet.
Neben diesen amtlichen Organen sind für das
Reichsgebiet zahlreiche Vereinigungen zur Wahr-
nehmung der Interessen von H. und Industrie
gebildet worden, die in mehr oder weniger engen
Beziehungen zu den Reichs= und den einzelnen
staatlichen Behörden stehen. Besonders hervor-
zuheben sind der deutsche Handelstag, der alle in
den Einzelstaaten bestehenden amtlichen H. Ver-
tretungen und daneben auch freie Vereine um-
faßt, der Zentralverband deutscher Industrieller,
der Bund der Industriellen, der H. Vertragsverein,
neuerdings der Hansabund und vicle zum Teil
sehr bedeutende Vereine, die entweder die In-
teressen eines bestimmten Gewerbes wahrnehmen
oder der Förderung der H. Bezichungen mit einem
bestimmten Stande dienen (z. B. deutsch-russi-
scher Verein).
Wiederholt ist das Bestreben hervorgetreten,
auch im Auslande Vereinigungen deutscher Kauf-
leute zu schaffen, um die deutschen H. Interessen
wahrzunehmen. Es wird dabei auf das Beispiel
anderer Staaten, besonders Frankreichs und
Großbritanniens hingewiesen, die zahlreiche H.=
Kammern im Auslande besitzen. In Deutsch-
land hat dieses Bestreben bisher keine nennens-
werten Erfolge gezeitigt [UHandelskam-
mer S. 351)j.
## 12. Behörden und Handelsorgane in den
Bundesstaaten. In Preußen ist das Min für
H. und Gewerbe die Zentralbehörde für H. Ange-
legenheiten. Es ist aus dem 1848 errichteten Min
für H., Gewerbe und öffentliche Arbeiten hervor-
gegangen, von dem 1878 das Min öl abgezweigt
wurde. Die H. Angelegenheiten werden in der
II. (Zeutral- und Handels-JAbteilung des Min
bearbeitet. Von den von ihm ressortierenden Or-
ganen ist für den AuslandsH. die 1808 errichtete
technische Deputation für Gewerbe von Bedeu-
tung, deren Gutachten in den im Zollwesen auf-
tauchenden technischen Fragen regelmäßig erfor-
dert wird. Die Tätigkeit des H. Min erstreckt sich
sowohl auf den Inlands= als auf den AuslandsH.
In Zollfragen wirkt es durch Wahrnehmung der
dabei in Betracht kommenden wirtschaftlichen In-
teressen mit. Unter den laufenden Geschäften
nimmt hierbei die Prüfung von Anträgen auf
Zulassung eines zollfreien Veredlungsverkehrs
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