Handel (Ausstellungswesen)
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1. die Genehmigung zur Veranstaltung von
Lotterien, 2. die Bewilligung oder die Inaussicht-
stellung von Staatsmedaillen aus Anlaß der Aus-
stellung. Besondere Ausstellungsmedaillen wer-
den von der preußischen Regierung nicht ver-
liehen, dagegen unter Umständen die Staatsme-
daillen für gewerbliche Leistungen; 3. die Be-
willigung von Frachtermäßigungen durch die Eisen-
bahnverwaltungen. Zuständig ist die Eisenbahn-
direktion des Ausstellungsorts, die nach Beneh-
men mit dem Operpräsidenten entscheidet: 4. der
Beitritt unmittelbarer oder mittelbarer Staats-
beamten zu den Komitees, Ehrenkomitees oder
Preisrichterkollegien.
Eine behördliche Förderung von gewerblichen
Ausstellungen durch diese Mittel ist nach dem
Min E v. 5. 4. 04 von der Gemeinnützigkeit,
Wirtschaftlichkeit und Reellität sowie von einer
angemessenen Regelung des Prämiierungswesens
abhängig zu machen. Dabei ist durch Verhandlung
der beteiligten Behörden unter einander der Ge-
fahr einer verschiedenen Auffassung über den
Charakter einer Ausstellung entgegenzuwirken.
Bei Entscheidungen über die Punkte 1— sind
selbstverständlich die in diesen Beziehungen be-
stehenden allgemeinen Grundsätze zu berücksichti-
gen.
Bei den großen internationalen Ausstel-
lungen nimmt in der Regel das Reich die Zusam-
menfassung der deutschen Beteiligung in die Hand.
Zu dem Zwecke pflegt eine Reichsunterstützung
bewilligt und ein Reichskommissar bestellt zu wer-
den, der mit den in Betracht kommenden Industrie-
gruppen über Art und Umfang ihrer Beteiligung
an der Ausstellung das Erforderliche vereinbart
und sobald mit der Einrichtung der Ausstellung be-
gonnen wird, an den Ausstellungsort übersiedelt,
um dort nicht nur während der Dauer der Aus-
stellung, sondern schon vorher bei der Einbringung
und Aufstellung der deutschen Ausstellungsgegen-
stände und nach dem Schlusse der Ausstellung beim
Abbruch der Baulichkeiten und der Rückbeförde-
rung der Ausstellungsgüter die deutschen In-
teressen wahrzunehmen. Dies Verfahren hat sich
bewährt; bei allen Weltausstellungen hat neben
der Güte der deutschen Ausstellungsgüter die Ge-
schlossenheit der deutschen Abteilung rühmliche
Anerkennung gefunden.
Zur Erleichterung des internationalen Aus-
stellungsverkehrs ist in den meisten Staaten Für-
sorge getroffen, daß Ausstellungsgüter, sofern sie
das Land der Ausstellung wieder verlassen, zollfrei
bleiben. In Deutschland bleiben Gegenstände,
die aus dem freien Verkehr des Inlands zur öffent-
lichen Ausstellung nach dem Auslande gesandt
werden, bei ihrer Rückkehr ins Inland zollfrei.
Das gleiche kann für die aus dem Auslande zu
öffentlichen Ausstellungen des Inlands eingehen-
den Güter, sofern sie demnächst wieder ausge führt
werden, gestattet werden. In beiden Fällen ist
die Identität der Ausstellungsgüter durch geeig-
nete Zollkontrollen sicherzustellen (W.8G # 113,
114). Kunstsachen, die zu inländischen Kunst-
ausstellungen eingehen, sind schlechthin zollfrei,
auch wenn sie im Inlande bleiben (ZollTarifG
v. 1902 §K 6 Nr. 11).
Die Bedeutung, die das Ausstellungswesen als
Propagandamittel für die Cntwicklung der In-
dustrie besitzt, hat in verschicdenen Staaten zu
Organisationen der daran interessierten gewerb-
lichen Kreise geführt, die sich die Behandlung der
auf das Ausstellungswesen bezüglichen Fragen
zum Zweck gesetzt haben. Den Anfang machte
Frankreich im Jahre 1890. Ihm folgte Belgien
1903, Italien 1905 und seit dem 1. 1. 07 Deutsch-
land, wo der Zentralverband deutscher Indu-
strieller, die Zentralstelle zur Vorbereitung von
H. Verträgen und der Bund der Industriellen die
a„ständige Ausstellungskommission für die deutsche
Industrie“ begründeten. Sie wurde nachträglich
durch Hinzutritt des Vereins zur Wahrung der
Interessen der chemischen Industrie Deutschlands,
des Verbands deutscher Elektrotechniker und der
Vereinigung deutscher Elektrizitätsfirmen erwei-
tert. Die Kommission steht in engen Beziehungen
zum Reichsamt des Innern, durch dessen Ver-
mittlung sie die konsularen Berichte über Aus-
stellungen im Auslande fortlaufend erhält. Die
in den verschiedenen Staaten bestehenden Aus-
stellungskommissionen, zu denen außer den bereits
genannten 1906 eine für Holland und 1907 eine
für Ungarn hinzukam, vereinten sich 1907 in Paris
zur ersten internationalen Ausstellungs-
konferenz. Auf der zweiten internationalen
Konferenz, die 1908 in Brüssel stattfand und auf
der auch die neu errichteten Ausstellungskommis-
sionen für Dänemark und die Schweiz vertreten
waren, erfolgte ein festerer Zusammenschluß sämt-
licher bestehenden Ausstellungskommissionen in der
Fédération Internationale des Comités Perma-
nents d’'’Expositions.
Zu gedenken ist schließlich noch der Ausstel-
lung von Lehrlingsarbeiten, die
als ein wichtiges Mittel zur Förderung der Aus-
bildung der Lehrlinge sich besonderer staatlicher
Fürsorge erfreut. Aus staatlichen Mitteln werden
Zuschüsse für derartige Ausstellungen gewährt, so-
fern sie von Handwerkskammern [JI, Innungsver-
bänden, Innungsausschüssen, Innungen (N) oder
Gewerbe= und ähnlichen Vereinen veranstaltet
werden. Zur Prämiierung sind ausschließlich Ar-
beiten zugelassen, die entweder Gesellenstücke dar-
stellen oder wenigstens im letzten Lehrjahr ange-
fertigt sind. Der für die Prämiierung bewilligte
Staatszuschuß ist so zu zerlegen, daß möglichst für
alle bei der Ausstellung in größerem Umfange
vertretenen Gewerbe Staatspreise — im Wert
von mindestens je 20 Mk. — ausgesetzt werden
können. Damit sich die Handwerkskammern über
die Erfolge der Lehrlingsausbildung innerhalb
ihres ganzen Bezirks unterrichten kann, ist die Ge-
währung von Staatszuschüssen für Ausstellungen,
die von andern Organisationen veranstaltet wer-
den, davon abhängig, daß dem Preisrichterkolle-
gium ein Vertreter der Handwerkskammer ange-
hört (Erl des Handels Min v. 23. 11. 07).
III. Bekämpfung des Ausstellungs-
schwindels. Die Auszeichnung von Ausstel-
lern durch Erteilung von Medaillen, Diplomen
und dergl. hat für diese eine geschäftlich verwert-
bare Bedeutung, indem das Publikum aus dem
Besitze solcher Auszeichnungen auf besonders
tüchtige Leistungen des damit bedachten schließt.
Es ist daher üblich, daß die Inhaber derartiger
Medaillen und Diplome deren Besitz vor der
Oeffentlichkeit erkennbar machen. Diese Verwend-
barkeit der von Ausstellungen verliehenen Aus-
zeichnungen birgt die Gefahr in sich, daß aus unlau-