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Handwerkskammer (Aufgaben)
In Ermangelung einer Verständigung entscheidet
die Aufsichtsbehörde. Name und Wohnsitz des
Beauftragten sind der Aufsichtsbehörde anzu-
zeigen. Der Beauftragte ist verpflichtet, den Ge-
werbeaufsichtsbeamten [#| auf Erfordern über
seine Ueberwachungstätigkeit Mitteilung zu ma-
chen (s5 103ni. V. mit § 946 GewO).
4. Nicht als Organ der HK ist einerseits die
Gesamtheit der Handwerkskam-
mer, d. h. die Gesamtheit ihrer Mitglieder zu
erachten, der eine Reihe von gesetzlich vorgesehenen
Gegenständen, wie die Feststellung des Haushalts-
plans vorbehalten ist, und deren Aufgabenkreis
im übrigen durch das Statut geregelt wird,
andererseits der Sekretär, der regelmäßig
von der HK angestellt wird, und zwar als ein von
der Gesamtheit zu wählender Beamter, der zur
ordnungsmäßigen Erledigung ihrer Geschäfte eine
ewisse Schulung mitbringt und besoldet werden
ann. Soll seine Anstellung für mehr als 6 Jahre
erfolgen, so bedarf der Beschluß der Genehmigung
der Aufsichtsbehörde. In Preußen hat der dauernd
und hauptamtlich angestellte Sekretär die Stellung
des mittleren Staatsbeamten, und er muß deshalb
vereidigt werden (5 103 g). Das gleiche gilt für
sonstige Angestellte der Handwerkskammer.
5. Aufgaben der Handwerkskammer. Die
HK ist juristische Person, die zur Ver-
tretung der Interessen des H ihres Bezirks be-
rufen ist. Im einzelnen liegen ihr folgende Auf-
gaben ob: 1) die nähere Regelung des Lehr-
lingswesens. Insbesondere hat sie Form und
Inhalt der Lehrverträge festzustellen, und sie kann
auch sonstige auf die Lehrlingsverhältnisse bezüg-
liche Bestimmungen, wie z. B. die Höchstzahl der
Lehrlinge, die Dauer der Lehrzeit festsetzen, hin-
sichtlich der Anleitungsbefugnis und der Prüfungs-
ausschüsse Bestimmung treffen (vgl. ös 129 a, 130,
130 a, 131 und 132 GewO). Eine Regelung der
Lehrlingsverhältnisse, welche von Innungen im
Widerspruche mit diesen Vorschriften getroffen
wird, verliert ihre Wirksamkeit. Bei dem von der
Gesamtheit der HK zu fassenden Beschlusse hat
der Gesellenausschuß mitzuwirken. Der Beschluß
bedarf der Genehmigung der Landeszentral-
behörde und ist nach erfolgter Genehmigung zu
veröffentlichen; 2) die Ueberwachung der Durch-
führung der für das Lehrlingswesen geltenden
gesetzlichen oder von der HK erlassenen Vorschrif-
ten. Zuwiderhandlungen, die insbes. von dem
Beaustragten festzustellen sein werden, kann sie
mit Ordnungsstrafen bis 20 Mark ahnden;
3) die Staats= und Gemeindebehörden in der För-
derung des H durch tatsächliche Mitteilungen und
Erstattung von Gutachten über Fragen, welche
die Verhältnisse des H berühren, zu unterstützen,
ferner Wünsche und Anträge, welche die Verhält-
nisse des H berühren, zu beraten und den Behör-
den wie auch den gesetzgebenden Körperschaften
vorzulegen, sowie Jahresberichte über ihre die
Verhältnisse des H betreffenden Wahrnehmungen
zu erstatten. Soweit derartige Gutachten und
Anträge an die Behörden sich auf Gegenstände
beziehen, welche die Gesamtinteressen des H,
insbesondere die darauf bezügliche Gesetzgebung
betreffen, so befindet darüber die Gesamtheit der
& und zwar, wenn Verhältnisse der Gesellen
und Lehrlinge in Frage stehen, unter Mitwirkung
der Gesamtheit des Gesellenausschusses. Sonst
genügt bei den genannten Gegenständen die Mit-
wirkung eines Mitgliedes des Gesellenausschusses.
Ist der Gesellenausschuß mit dem Gutachten oder
dem Berichte der HK nicht einverstanden, so
kann er besonders an die Behäörde berichten.
Andererseits soll aber auch die HK in allen wich-
tigen die Gesamtinteressen des H oder die In-
teressen einzelner seiner Zweige berührenden An-
gelegenheiten von den Behörden gehört werden,
und die Behörden haben die Verpflichtung, inner-
halb ihrer Zuständigkeit den gesetzmäßigen Erfu-
chen der HK Folge zu geben. Indessen kann die
höhere VerwBehörde bestimmen, inwieweit die
durch die Erfüllung dieser Verpflichtung entstehen-
den Kosten von der HK als eigene Verw Kosten
zu erstatten sind (5 103p); 4) die Bildung von
Prüfungsausschüssen zur Abnahme der
Gesellenprüfung, soweit nicht durch die
Innungen oder Lehrwerkstätten, gewerbliche Un-
terrichtsanstalten und vom Staate eingesetzte Prü-
fungsbehörden für die gesetzliche Abnahme der
Gesellenprüfung Sorge getragen ist; 5) die Bil-
dung von Berufungsausschüssen zur Entscheidung
über Beanstandungen von Beschlüssen der Prü-
sungsausschüsse. Bei diesen Entscheidungen hat
der Gesellenausschuß nach Maßgabe des Statuts
mitzuwirken (5 103e); 6) der Erlaß einer Prü-
fungsordnung für die Meisterprü-
fung:; doch wird die Prüfungskommission nicht
von der HK, sondern nach ihrer Anhörung von
der höheren Verw Behörde gebildet (s 133 GewO);
7) die Verfügung über Verwendung des Ver-
mögens einer infolge Errichtung einer Zwangs-
innung geschlossenen freien Innung (§5 100t
GewO). — Außerdem ist die HK befugt, auch
sonstige im Interesse des H liegende Maßnahmen
zu treffen, insbesondere Veranstaltungen zur För-
derung der gewerblichen, technischen und sitt-
lichen Ausbildung der Meister, Gesellen und Lehr-
linge vorzunehmen. Wie sie demgemäß auch
Fachschulen errichten und unterstützen kann, so
muß sie auch zu deren Leitung als berechtigt
erachtet werden, wenngleich die Schulen im üb-
rigen nach Maßgabe des Landesrechts der staat-
lichen Schulaufsicht unterliegen.
Zur Durchführung ihrer Vorschriften kann sie
sich der Innungen und Innungsausschüsse be-
dienen, welche verpflichtet und von der Aufsichts-
behörde dazu anzuhalten sind, den von der HK
zuständigerweise erlassenen Anordnungen Folge
zu leisten. Gegen die einzelnen Handwerker kann
sie nur durch Androhung von Geldstrafen
bis zu 20 Mk. einschreiten. Die Festsetzung erfolgt
durch die untere VerwBehörde (Preußen in
Städten über 10 000 Einw. Gemeindebehörde,
sonst der Landrat bezw. Oberamtmann; Bayern
Distriktsverwaltungsbehörde, München der Ma-
gistrat; Württemberg in Städten über
10 000 Einw. der Gemeinderat, sonst das Ober-
amt; Baden der Bürgermeister; Hessen in
Städten, für welche die Städteordnung gilt, der
Bürgermeister, sonst das Kreisamt; Elsaß-
Lothringen in den größeren Gemeinden
(&§1 GemO) der Bürgermeister, sonst der Kreis-
direktor). So weit das Gesetz selbst für Zuwider-
handlungen Strafen vorsieht, können derartige
Ordnungsstrafen nicht verhängt werden, wie z. B.
bei dem vorschriftswidrigen Halten von Lehr-
lingen. Gegen die Verhängung der Ordnungs-