Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

Heer 
  
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Gesetzeskunde, 1899; Walther, Die Frage der Men- 
sionterung der H., Vorbericht für die 4. Bersammlung 
der Bereinigung zur Förderung des deutschen H. Wesens, 
1909; Wiederholungslehrgänge für H., 8 für das gesamte 
deutsche, österreichische und schweizerische Hebammenwesen, 
III. Band; Hans Wolfs. Strafrechtl. Schutz des Berufs-. 
geheimnisses, 1908 S. 78, 154 und 8 StrW 1910 S. 76. 
Solbrig. 
Heer 
1. Die geschichtlichen Grundlagen. # 2. Die verfas. 
sungsmäßigen Rechte des Reichs. ## 3. Die verfassungs- 
mäßigen Rechte der Einzelstaaten. # 4. Die Organisation 
und Gliederung des Heeres. # 5. Der Militärdienst. 
z 1. Die geschichtlichen Grundlagen. 
1. Die Gestaltung des deutschen H. Wesens ist 
sehr eigentümlich und sonderbar. Für das H. 
kommt ein anderes Grundprinzip zur Anwendun 
wie für die Kriegsmarine [I] und die in der K 
enihaltene Regelung des Verhältnisses zwischen 
dem Reich und den Einzelstaaten hat nirgends im 
ganzen Reich unveränderte Geltung und sollte 
sie auch nicht haben; denn schon bei der Feststellung 
der norddeutschen Bundesverfassung und der 
Reichsverfassung wurde durch vertragsmäßige 
Vereinbarungen ein Zustand hergestellt, der für 
einzelne Einzelstaaten eine Erweiterung, für die 
meisten eine Beschränkung, für alle eine Verände- 
rung der verfassungsmäßigen Be fugnisse darstellt. 
Diese Eigentümlichkeit beruht nicht auf rationellen. 
Gründen, allgemeinen Rechtsprinzipien oder 
technischen Bedürfnissen, sondern lediglich auf 
historischen Ursachen, d. h. auf der Art und 
Weise, wic die Gründung des Reichs sich voll- 
zogen hat und auf dem Zustande des H.Wesens, 
den das Reich bei seiner Entstehung vorgefunden 
hat. Alle zum Norddeutschen Bunde, beziehentlich 
zum Deutschen Reiche sich vereinigenden Staaten 
waren von alters her in der durchaus selbständigen 
Ausübung militärischer Hoheitsrechte: der ehe- 
malige Deutsche Bund beschränkte die Militär- 
hoheit der deutschen Staaten ebensowenig, wie 
er im übrigen ihrer Souveränität Abbruch tat; 
er begründete nur die Verpflichtung aller deut- 
schen Staaten zu gegenseitigem Schutz und Bei- 
stand, d. h. zur Vereinigung ihrer Truppen im 
Falle eines gemeinschaftlichen Krieges zu einer 
kombinierten Heeresmacht, der sogen. Bundes- 
armee. Infolge dieser völkerrechtlichen Verpflich- 
tung vereinbarten die deutschen Staaten gewisse 
allgemeine Grundzüge der Heeresorganisation, 
welche in jeder Beziehung ungenügend waren, 
um eine wirkliche Uebereinstimmung in der Forma- 
tion, Bewaffnung und Ausbildung der einzelnen 
Kontingente herbeizuführen und ein einheitliches 
Zusammenwirken der kombinierten H. Körper im 
Falle eines Krieges zu sichern und um die Lasten 
des H.Wesens auf die gesamte Bevölkerung 
Deutschlands gleichmäßig zu verteilen. Schon 
lange vor Ausbruch des Krieges von 1866 war die 
preußische Regierung eifrig bemüht, eine Ver- 
besserung des Bundesmilitärwesens herbeizufüh- 
ren, aber ohne erheblichen Erfolg. Auch bei der 
im Jahre 1866 von Preußen beantragten Bundes- 
reform stand die Revision der Bundeskriegsver- 
  
fassung in erster Reihe und die Gesichtspunkte, von 
denen die preußische Regierung dabei ausging, 
wurden in den „Grundzügen zu einer neuen Bun- 
desverfassung“ v. 10. 6. 66 a 9 näher ausge führt. 
Die hier präzisierten Vorschläge sind im wesent- 
lichen in die Verfassung des norddeutschen Bundes 
übergegangen. Sie knüpfen an das bestehende 
Recht an und nehmen daher die Fortexistenz 
der Armeen der einzelnen Staaten als getrennter, 
von einander unabhängiger Kontingente zur Vor- 
aussetzung; von dem Gedanken einer Verschmel- 
zung dieser Kontingente zu einer einheitlichen 
Bundesarmce findet sich nicht die leiseste Andeu- 
tung. Die R zeigt an vielen Stellen ihre Ab- 
stammung aus jenen Grundzügen auch in der 
Wortfassung; ihre Anordnungen sind zwar ge- 
nauer und vollständiger, in keiner Beziehung aber 
prinzipiell verschieden. Hieraus ergab sich das 
oberste Prinzip der Heeresverfassung: Es gibt 
kein Heer des Reiches, son dern 
nur Kontingente der Einzelstaa- 
en. 
2. Diesem Grundsatz steht nun aber ein zweiter 
zur Seite. Die deutschen Staaten gaben ihre 
Souveränität auf und ordneten sich der Reichs- 
gewalt unter; sie konnten daher ihr Militärwesen 
nicht einrichten, wie sie wollten und es ihnen gut 
schien, sondern nach den vom Reich ihnen erteilten 
Vorschriften. Die gesamte Einrichtung des H. We- 
sens wird vom Reich normiert; die Gesetzgebung 
und im praktischen Resultat auch die Verordnungs- 
gewalt in Armeeangelegenheiten werden vom 
Reich ausgeübt. Die Einzelstaaten sind formell 
die Subjekte der Militärhoheit, aber Inhalt und 
Umfang derselben bestimmt das Reich; jeder ein- 
zelne Staat hat nach der RV eine Armce für sich, 
aber nur cine so beschaffene, wie das Reich ihm 
erlaubt und das Reich ihm befiehlt. Dadurch 
wurde erreicht und gesichert, daß alle Kontingente 
der Bundesstaaten in der Organisation, Gliede- 
rung, Bewaffnung, Auebildung der Mannschaften 
und Qualifikation der Offiziere und hinsichtlich 
aller anderen Einrichtungen gleichartig sind. Diec 
Landesherren blieben die Kontingentsherren, 
aber der Kaiser erhielt den Oberbefehl und die 
Befugnis, die einzelnen Kontingente zu inspizieren 
und die Abstellung der dabei vorgesundenen 
Mängel anzuordnen. Die Einzelstaaten leisten 
endlich nach der RV die für ihre Kontingentc er- 
forderlichen Ausgaben, aber es steht ihnen kein 
Pfennig zur Verfügung, der ihnen nicht durch das 
Reichsbudget angewiesen ist; die gesamter Kosten 
und Lasten des Militärwesens werden von allen 
Staaten gemeinsam getragen. Z Z 
3. Auf der Verbindung dieser beiden Prinzipien 
beruht das H.Wesen des Deutschen Reiches nach 
derienigen Organisation, welche gemäß der RV die 
normale ist. Hiervon weicht aber der tatsäch- 
lich bestehende Zustand sehr erheblich ab. In 
Preußen ist die Teilung der Befugnisse zwi- 
schen Landesherrn und Kaiser ohne praktische Be- 
deutung, denn die dem Recht nach getrennten 
Befugnisse fließen in der Ausübung wieder zu- 
sammen. Das gleiche gilt von Elsaß-Loth- 
ringen, da hier der Kaiser zugleich die Staats- 
gewalt ausübt. Andererseits ist Bayern 
durch den in der NV bestätigten Versailler Vt 
v. 23. 11. 70 ein weitreichendes Sonderrecht ein- 
geräumt worden, indem dem Könige von Bayern
	        
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