Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
28 Geheimmittel 
  
fentlichen Ankündigung oder An- 
preisungvon G. zu legen, denn nichts fördert 
deren Verbreitung mehr, als diese, besonders 
wenn sie in recht prahlerischer Weise erfolgt. Dies 
Verbot muß aber ein weitgehendes sein und wo- 
möglich alle Wege der Ankündigung, direkte 
wie indirekte, verschließen. Daneben kommen noch 
Verkehrsbeschränkungen, Einfuhr- 
verbote oder wenigstens hoher Eingangs- 
zoll in Frage. Die von mancher Seite gefor- 
derte zuvorige behördliche Prüfung 
und Genehmigung zum Vertriebe von G., 
die in einzelnen außerdeutschen Ländern besteht, 
ist dagegen nicht empfehlenswert; sie erleichtert 
war den Ueberblick über den Verkehr mit diesen 
Mitteln, fördert dagegen deren Absatz, ganz ab- 
gesehen von der für die Behörden daraus erwach- 
senden schweren Verantwortlichkeit. 
z 3. Die gesetzlichen Maßnahmen gegen das 
G.Wesen waren bis zum Jahre 1903 hauptsächlich 
durch Landesrecht (meist Pol Verordnungen) ge- 
regelt und infolge dessen außerordentlich ver- 
cchiedenartig- seitdem haben sie insofern eine ein- 
heitlichere Regelung erfahren, als durch Bun- 
desratsbeschluß v. 23. 5. 03, abgeändert 
durch Beschl v. 27. 5. 07, ein Entwurf zu Vor- 
schriften über den Verkehr mit G. und ähnlichen 
Mitteln angenommen und den einzelnen Bundes- 
regierungen mit dem Ersuchen mitgeteilt ist, 
gleichförmige Bestimmungen nach dem Vorbilde 
des Entwurfs auf landesgesetzlichem 
Wege zu erlassen. Dies ist dann überall geschehen, 
in Preußen auf Anlaß der Min E v. 27. 8. 
und 9. 9. 0O7 durch Provinzial-Polizeiverordnun- 
gen, in Bayern durch Kgl V v. 7. 9. 7, in 
Sachsen durch V v. 30. 11. 03, 13. 1. 04 und 
30. 7. 07, in Württemberg durch MinVfg v. 
1. 8. und 22. 12. 07, in Baden durch V v. 
7. 9. 07, in Hessen durch V v. 23. 12. 03 und 
31. 8. 07, in Elsaß-Lothringen durch 
Bezirkspolizei V v. 4. u. 5. 1.08. Die betreffenden 
Vorschriften beschränken sich auf bestimmte, in 
zwei Verzeichnissen (A und B) einzeln aufgeführte 
G. und ähnliche Arzneimittel, deren öffentliche 
Ankündigung und Anpreisung ver- 
boten wird (5 4 Abs 1). Ergänzungen der beiden 
Verzeichnisse hat sich der Bundesrat allerdings 
vorbehalten, desgleichen ist in § 1 Abs 1 der Vor- 
schriften bestimmt, daß die Vorschriften auch dann 
auf die betreffenden Mittel Anwendung finden, 
wenn etwa ihre Bezeichnung bei im wesentlichen 
gleicher Zusammensetzung geändert wird; immer- 
hin bleiben zahlreiche G. und vor allem alle 
Reklamemittel unberücksichtigt. Der „öffentlichen 
Ankündigung und Anpreisung“ ist es gleich zu 
achten, wenn in öffentlichen Anpreisungen auf 
Druckschriften oder sonstige Mitteilungen verwie- 
sen wird (§5 4 Abs 2). Weiterhin bestimmt #2, daß 
auf den Abgabegefässen und deren äußeren Um- 
hüllungen nur der Name des Mittels und des 
Verfertigers sowie der Name oder die Firma des 
abgebenden Geschäftes und die Höhe des Preises 
angegeben werden darf, während Anpreisungen, 
insbesondere Empfehlungen, Bestätigungen von 
Heilerfolgen, gutachtliche Acußerungen oder Dank- 
sagungen, in denen dem Mittel eine Heil= oder 
Schutzwirkung zugeschrieben wird, weder auf den 
Gefäßen und Umhüllungen angebracht sein noch 
auf sonstige Weise verabfolgt werden dürfen. 
  
Die den beiden Vorschriften beigegebenen Ver- 
zeichnisse enthalten 153 Mittel, davon entfallen 
auf Verzeichnis A: 123, auf B: 32; die letzteren 
darf der Apotheker nur auf schriftliche mit Datum 
und Unterschrift versehene Anweisung eines 
Arztes, Zahnarztes oder Tierarztes abgeben; auch 
bei wiederholter Verabfolgung ist eine solche er- 
forderlich, desgleichen bei Mitteln des Verzeich- 
nisses A, über deren Zusammensetzung der Apo- 
theker keine Gewißheit hat (5 3). 
Da von diesen Vorschriften zahlreiche G. so- 
wie alle Reklamemittel nicht getroffen werden, 
sind in vielen preußischen Reg Bezirken und in 
andern Bundesstaaten noch weitergehende Be- 
stimmungen getroffen bezw. in Kraft geblieben, 
was in den BRBeschl v. 25. 5. 03 und 27. 5. 07 
ausdrücklich als zulässsig erklärt worden ist. Diese 
anderweiten Bestimmungen verbieten zunächst die 
Ankündigung von allen dem freien Verkehr ent- 
zogenen Arzneimitteln, wozu fast alle G. gehören 
n. vorher § 1 Abs 1); weiterhin verbieten sie das 
nkündigen von Gegenständen, Mitteln, Vorrich- 
tungen und Methoden, die zur Verhütung, Lin- 
derung oder Heilung von Menschen= oder Tier- 
krankheiten bestimmt sind, wenn sie ihrer Be- 
shessenhet nach geeignet sind, Gesundheitsbe- 
schädigungen hervorzurufen, oder wenn ihnen 
besondere, über ihren wahren Wert hinaus- 
ehende Wirkungen beigelegt werden oder das 
Hublikum durch die Art ihrer Ankündigung irre- 
geführt oder belästigt wird. In Preußen ist 
dieses z. B. auf Grund des Min E v. 28. 6. 02 ge- 
schehen; das Verbot jedoch später infolge des 
Min E v. 7. 4. 03 in den meisten Reg Bezirken 
lediglich auf derartige von Kurpfuschern aus- 
gehende. Ankündigungen eingeschränkt. In ähn- 
icher Weise ist in anderen Bundesstaaten ver- 
fahren, während man in Baden noch weiter 
gegangen ist und durch das G v. 20. 8. 04 
betr. Abänderung des Pol StGB die Ankündi- 
gung nicht nur von allen dem freien Verkehr 
überlassenen Arzneimitteln sowie von Gegen- 
ständen, Mitteln, Vorrichtungen oder Methoden 
verboten hat, falls darüber täuschende Angaben 
oder prahlerische Versprechungen gemacht wer- 
den, sondern auch die Ankündigung von Mitteln, 
die zur Verhütung der Empfängnis dienen sollen. 
Ein gleiches Verbot war schon vorher für Ham- 
burg durch V des Senats v. 1. 6. 1900 erlassen. 
Durch die vorher erwähnten Bundesratsbe- 
schlüsse ist somit eine einheitliche gesetzliche Rege- 
lung des G.= und Reklamewesens für das ganze 
Deutsche Reich nicht erreicht; die Rechtslage ist 
vielmehr in den einzelnen Bundesstaaten und 
preußischen Reg Bezirken nach wie vor eine so 
verschiedenartige, daß eine Beseitigung der da- 
durch bedingten Mißstände auf reichsgesetzlichem 
Wege dringend geboten erscheint. Eine solche ist 
durch den (1910) dem Reichstage vorgelegten Entw 
eines Gesetzes gegen die Mißstände im Heil- 
gewerbe beabsichtigt. Dieser Entwurf erteilt im 
§&5 dem Bundesrat die Ermächtigung, den Verkehr 
mit Gegenständen, die bei Menschen die Empfäng- 
nis verhüten oder die Schwangerschaft beseitigen 
sollen, sowie mit Arzneien, Apparaten und 
anderen Gegenständen, die zur Verhütung, Lin- 
derung oder Heilung von Krankheiten, Leiden 
oder Körperschäden bei Menschen dienen sollen, 
ferner mit Kräftigungsmitteln für Menschen oder
	        
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