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Heimatrecht — Helgoland
1. Als Beteiligte haben ein Recht auf Gehör und
zur Beschwerde: a) die Gemeinden, denen gegen-
über Heimatverhältnisse in Frage kommen, sowie
jene Gemeinden, die den in a 8 bezeichneten An-
spruch erhoben haben, vertreten durch die Ge-
meindebehörde; bei unmittelbaren Städten, wenn
gemäß a 20 der Magistrat selbst zu entscheiden hat,
durch das Kollegium der Gemeindebevollmäch-
tigten, b) der Fiskus, vertreten durch das Regie-
rungsfiskalat, bei Anweisung einer vorläufigen
Heimat oder Erhebung des in à 8 bezeichneten An-
spruchs, c) die Personen, deren heimatrechtliche
Verhältnisse in Frage stehen (a 26).
Wichtig ist folgende Bestimmung des a 21:
„Keine Polizeibehörde darf Personen, deren Hei-
mat zweifelhaft oder streitig ist, aus dem Polizei-
bezirke ausweisen, ehe die Heimat solcher Personen
ausgemittelt oder ihnen eine vorläufige Heimat
angewiesen wurde. Ebensowenig darf cine Poli-
zeibehörde solche Personen, die ihr von einer an-
deren inländischen Polizcibehörde zugewiesen
wurden, unter dem Vorwande des Mangels der
Heimatberechtigung vor desfalls ergangener Ent-
scheidung wegweisen. Zuwiderhandelnde Beamte
haften für alle durch die Zuwiderhandlung ent-
stehenden Kosten und Schäden.“
Streitigkeiten über Heimatgebühren sind gleich-
falls Verwaltungsrechtssachen (G v. 8. 8. 78,
à 8 Ziff. 27, a 9 Abs 1).
8. Heimatscheine sind amtliche Bestätigungen
über den Besitz der Heimat. Ihre Ausstellung ist,
soweit nicht auf Grund von Staatsverträgen an-
ders bestimmt ist, Sache der Gemeindebehörden.
Die Ausstellung von Heimatscheinen darf ohne An-
gabe von Gründen weder verweigert noch verzö-
gert werden (à 22). Heimatscheine können von den
Gemeindeobehörden nur zum Gebrauche innerhalb
Bayerns ausgestellt werden. Min E v. 28. 12. 99
Z. 10 (Anl des Staatsministeriums des Innern
S 803).
Literatur: Seydel in Annalen 1886 S 719 ff;
Seydel StR 2, 48—73 ; v. Riedel, Kommentar
zum bayer. Gesetz über Heimat, Berchelichung und Auf-
enthalt? 1898; A. Reger, Das Gesetz über Heimat, Ver-
ehelichung und Aufenthalt usw. 1911; Th. Kuter,
Bayer. Helmatrecht, 1905. Max v. Seydel
(ergänzt v. J. v. Graßmann).
Hämatscheln
Staatsangehörigkeit, Heimatrecht § 8
Helgoland
Größe: 70 ha 60 a 20 am.
Einwohner (1911): 3415
Der letzte englische Voranschlag (für 1890) schloß
ab mit 170 000 Mk. Der Voranschlag für 1911
schließt mit 418 692 Mk.
4 1. Erwerb. 12.
1* 3. Ergebnis.
§s 1. Die Erwerbung von Helgoland. Durch
a XII #& I des deutsch’englischen Kolonial V##v.
1. 7. 90 (3NKBl 127) wurde die Souveränität über die
Entwicklung des Rechtszustandes.
Insel H. an den Deutschen Kaiser abgetreten,
wobei in den folgenden I§ 2—7 mehrere Vorbe-
halte zugunsten der Bewohner der Insel und der
englischen Staatsangehörigen gemacht wurden:
1. Den aus dem abgetretenen Gebiete herstam-
menden Personen wurde die Befugnis eingeräumt,
vermöge einer vor dem 1. 1. 92 abzugebenden
Erklärung für die britische Sraatsangehörigkeit zu
optieren — dies ist in 6 Fällen geschehen —;
2. die aus dem abgetretenen Gebiete herstammen-
den Personen und ihre vor dem Tage der Unter-
zeichnung des Abkommens geborenen Kinder
bleiben von der Erfüllung der Wehrpflicht befreit;
3. die zur Zeit bestehenden heimischen Gesetze und
Gewohnheiten bleiben, soweit es möglich ist, un-
verändert fortbestehen; 4. bis zum 1. 1. 10 darf
der Helgoländer Zolltarif nicht erhöht werden;
5. alle Vermögensrechte (auch das 1894 abgelöste
Signalrecht des Lloyd), die Privatpersonen oder
bestehende Korporationen der britischen Regie-
rung gegenüber auf H. erworben haben, bleiben
aufrecht erhalten; die ihnen entsprechenden Ver-
pflichtungen gehen auf die Deutsche Regierung
über; 6. die Rechte der britischen Fischer, bei jeder
Witterung zu ankern, Lebensmittel und Wasser
einzunehmen, Reparaturen zu machen, die Ware
von einem Schiff auf das andere zu verkaufen, zu
landen und Netze zu trocknen, bleiben unberührt.
Nachdem die Insel vorläufig im Namen des
Kaisers verwaltet worden war, trat sie durch Ro
v. 15. 12. 90 (RGl 207) dem Bundesgebiete hin-
zu, und das Reich gab gleichzeitig seine Zustim-
mung zu der Einverleibung der Insel in Preußen.
Die Vereinigung der Insel mit der preußischen
Monarchie erfolgte durch preußisches G v. 18. 2.91
(GS 11) mit Wirkung v. 1. 4. 91 ab.
Die Insel H. bildet eine Landgemeinde des
Kreises Süderdithmarschen (Prov. Schleswig-
Holstein), vgl. § 2 III.
#§ 2. Entwickelung des Rechtszustandes.
I1I. Englisches Recht. Von den zur Zeit
der englischen Herrschaft durch den Gouverneur
nach Anhörung des Executive Couneil erlassenen
Verordnungen gelten heute auf Grund der Be-
stimmung zu 3 (s. oben § 1) im wesentlichen noch
folgende:
1. Ordinance Nr. 6 v. 25. 6. 64 über das Gericht von
.Guten Männern“ für gütliche Ausgleichung von Loisen
sachen.
2. Ord. Nr. 3 v. 28. 2. 65 about the Fishing of the Heli-
goland Oysterbank (Austernfischerei).
J. Ord. Nr. 6 v. 1. 3. 65; Taxation for Ecclesiastical and
Educationel Purposes (Kirchen- und Schulabgabe).
4. Orb. Nr. 1 v. 1. 3. 78 a L und II; Crd. Nr. 1 v. 15. 4. 82
a III. Ord. Nr. 4 v. 11. 6. 34 und Prollamation v. 6. 7. 86
über den Einfuhrzoll auf Spirituosen, Wein und Bier.
5. Ord. Nr. 1 und 4 v. 1. 5. 83 to regulate the salc otf
Spirits by retaib (Schankkonzession).
6. Ord. Nr. 2 v. 13. 6. 83 abont the lmport duty on
petroleum and the save keeping of petrolcum (Einfuhrzoll
und Aufbewahrung von Petroleum).
7. Ord. Nr. 6 v. 2. 6. 83 for licensing retail traders
(Konzession zum #leinhandel und zum Wandergewerbe).
8. Ord. Nr. 2 v. 21. 1. 81 to provide for the taxation of
Visitors luring the bathing-scason (Kurtarxec).
9. Ord. Nr. 3 v. 10. 5. 81 about the licensing of
Boats and Watermen and to ensure the salety and comfort
of porsons using such Boats (Bootswesen).