Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
Geheimmittel — Geistliche 29 
  
Tiere, mit Säuglingsmitteln, falls von deren An- 
wendung eine Schädigung der Gesundheit zu be- 
fürchten ist oder wenn sie in einer auf Täuschung 
oder Ausbeutung der Abnehmer abzielenden Weise 
angepriesen oder vertrieben werden, zu beschrän- 
ken oder zu untersagen und ihre Einfuhr zu ver- 
bieten. Er stellt ferner in § 7 unter Strafe (Ge- 
fängnis bis zu einem Jahre und Geldstrafe bis 
5000 Mk. oder eine dieser Strafen) die öffentlichen 
Ankündigungen oder Anpreisungen derartiger 
Mittel, falls in diesen wissentlich unwahre An- 
gaben gemacht werden, die geeignet sind, Täu- 
schungen über den Wert oder die Wirksamkeit der 
Gegenstände usw. hervorzurufen, oder in denen 
in Bezug auf ihren Ursprung, die Person des Ver- 
fertigers usw. oder die Erfolge wissentlich unwahre 
Angaben gemacht sind. Bei fahrlässigem Handeln 
soll Gefängnisstrafe bis zu 3 Monaten und Geld- 
strafe bis zu 600 Mk. oder eine dieser Strafen ein- 
treten. Desgleichen werden im §# 8 mit Gefäng- 
nis bis zu 6 Monaten und mit Geldstrafe bis zu 
1500 Mk. oder mit einer dieser Strafen bedroht: 
öffentliche Ankündigungen oder Anpreisungen von 
Gegenständen, Mitteln oder Verfahren zur Ver- 
hütung, Linderung oder Heilung von Krankheiten 
oder Leiden der Geschlechtsorgane, zur Behebung 
geschlechtlicher Schwäche, zur Verhütung der Emp- 
sängn#is oder zur Beseitigung der Schwanger- 
schaft, sowie zur Verhütung, Linderung oder 
Heilung von Krankheiten, Leiden oder Körper- 
schäden, wenn die Bestandteile oder Gewichts- 
mengen der Gegenstände oder die wesentliche 
Art des Verfahrens bei der Ankündigung oder 
Anpreisung geheimgehalten oder verschleiert wer- 
den. Der öffentlichen Ankündigung oder Anprei- 
fung ist es nach 5&l 15 gleich zu achten, wenn gegen- 
über einem größeren Kreise von Personen Emp- 
fehlungen, Anerkennungen, Gutachten, Dank- 
sagungen oder ähnliche Aeußerungen verbreitet 
werden oder auf solche Aeußerungen verwiesen 
wird; dasselbe gilt von Mitteilungen an einzelne 
Personen, wenn der Mitteilende sich zuvor öffent- 
lich zur Auskunft erboten hat. 
Ob dieser Gesetzentwurf, der sich also auf G. 
und Reklamemittel erstreckt, und dessen Bestim- 
mungen zweifellos eine wirksame Handhabe zur 
Bekämpfung der auf diesem Gebiete herrschenden 
Mißstände bieten, vom Reichstage angenommen 
werden wird, erscheint allerdings nach dem Er- 
gebnis der ersten Lesung sehr zweifelhaft. 
34. Für die Ueberwachung des Verkehrs mit 
Geheim= und Reklamemitteln finden mehr oder 
weniger die gleichen Vorschriften wie über den 
Verkehr mit Arzneimitteln außerhalb der Apo- 
theken Anwendung II Arzneimittel § 41. Der 
Handel mit G. im Umherziehen ist 
ebenso wie der mit Arzneimitteln nach # 56 
Abs 2 Nr. 9 der GewoO grundsätzlich verboten 
und wird nach §* 148 Nr. 7 à mit Geldstrafen bis 
zu 150 Mk. bestraft. Desgleichen kann auf Grund 
des # 4 des G v. 1. 6. 09 zur Bekämpfung des 
unlauteren Wettbewerbs gegen prah- 
lerische und übertriebene Ankündigungen von G. 
vorgegangen werden; in einzelnen Fällen wird 
es auch möglich sein, strafrechtlich wegen Be- 
trugs, fahrlässiger Körperverlet- 
zung oder Tötung einzuschreiten oder zivil- 
rechtlich auf Schadenersatz Klage zu er- 
heben. 
  
Kiteratur: Hofstetter, Deutsche Drogisten- 
gesetzgebung 1910; Kronecker, Preußische Polizei- 
vorschriften über Ankündigung von Arzneimitteln, Medi- 
zinalarchiv H. 1—9, 1910; Pslanz, G. Wesen, Festschrift 
des Preuß. Medizinalbeamtenvereins: Das preußische 
Medizinal- und Gesundheitswesen, 1883—1908, 1908 E 435 
bis 464:; Rapmund, Entwurf eines Gesetzes gegen 
Misstände im Heilgewerbe, 8 für Med.-Beamte 1910, 
Nr. 24; Rost, Geheimmittel in Eulenburgs Realenzyklo- 
pädie 1908, 5 S 361/880; Urban, Die gesetzlichen Be- 
stimmungen über die Ankündigung von G., Arzneimitteln 
und Heilmethoden, 1904. — Entwurf eines Gesetzes gegen 
Mißstände im Heilgewerbe; Drucksachen f. Reichstag 1910/11, 
Beröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamtes 1903 
bis 1910; 8 für Medizinalbeamte, Beilage Rechtsprechung 
und Gesetzgebung 19083—1910. Siehe auch die Artikel 
„Apothekenwesen“ und „Arzneimittel“. —..— 
Geistliche 
5 1. Begriff. 
I. Staatsgesesliche Vorschriften über An- 
stellung und Ausübung kirchlicher Amts- 
handlungen. 
A. Katholische Kirche. 1 2. Im allgemeinen. 
5#8 Reichsangehörigkeit. 3 4. Borbildung. 1 5. Sittliche oder 
bürgerliche Unbescholtenheit. 6. Staatliche Rechte bei 
der Anstellung der Geistlichen und bei ihrer Zulassung zu 
kirchlichen Funktionen. 1 7. Anstellungserfordernisse. 1 #8. 
Ausschließung der Geistlichen von der Ausübung kirchlicher 
Funktionen. 
B. 1 9. Evangc#ische Airche. 
II. Staatsschutz, Bereildigung, staatsrecht- 
liche Stellung. 1 10. Staatsschutz. 1 11. Staatliche 
Vereidigung. 1 12. Staatsrechtliche Stellung. 
#s 1. Begriff. I. Da es hier im wesentlichen dar- 
auf abgesehen ist, die von der Staatsgesetzge- 
bung bestimmte Rechtsstellung der Geistlichen dar- 
zustellen, so erübrigt es sich, des näheren die tief- 
greifenden grundsätzlichen Unterschiede in den Be- 
griffsbestimmungen des katholischen und des evan- 
gelischen Kirchenrechts zu enthüllen. Alle 
diese Unterschiede finden Grund und Erklärung 
in der Wesensverschiedenheit der Ordination. Im 
Sinn der katholischen Kirche wirkt sie Ausscheidung 
aus dem Laienstand und Begabung mit einer spe- 
zifischen facultas spiritualis. Geistlicher i. w. S. 
ist daher Jeder, welcher den ordo auf einer der 
sieben Weihestufen erhalten, i. e. S. derjenige, 
welcher mit dem Empfang der ordines majores 
den character indelebilis erworben hat. Von der 
Anstellung in einem Amte ist, wiewohl eine solche 
den regelmäßigen Ordinationstitel selbst bildet, 
doch an und für sich der Begriff des G. nach katho- 
lischem Kirchenrecht unabhängig. Die evange- 
lische Kirche kennt keinen abgeschlossenen geistlichen 
Stand im Sinne dieses Rechts. Auf Grundlage 
des allgemeinen Priestertums unterscheidet sie 
Kirchenglieder, welche zur ordnungsmäßigen und 
dauernden Ausübung von Wort- und Sakra- 
mentsverwaltung berechtigt und berufen, und 
solche, welche es nicht sind. Jene sind die evan- 
gelischen G. Aber beide trennt keine facultas 
Spiritualis, sondern nur ein jurisdiktionelles Recht. 
Diese jurisdiktionelle Ausstattung ist Inhalt und 
Wirkung der evangelischen Ordination. Ganz
	        
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