Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
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Hessen (B. Behördenorganisation) 
  
Förderung des Geschäftsgangs des Provinzial- 
ausschusses, die Berufung des Ausschusses, die 
Vorbereitung seiner Beschlüsse, die Vertretung 
des Provinzialausschusses nach außen und der 
Erlaß vorläufiger Verfügungen im Namen des 
Prov Ausschusses in den zu dessen Zuständigkeit 
gehörenden nicht aufschiebbaren Angelegenheiten 
(KrO neue Fassung, a 85, 86). 
2. Der Provinzialta korrespondiert in seiner 
Stellung mit dem Kreistag (s. u.). Er besteht aus dem 
Provinzialdirektor als Vorsitzendem (ohne Stimm- 
recht) und aus einer nach der Bevölkerungsziffer 
sich richtenden Zahl von Provinzialtagsabgeord- 
neten. Die letzteren werden von den Kreistagen 
der zur Provinz gehörigen Kreise aus den zu 
Kreislagsabgeordneten wählbaren Kreisangehö- 
rigen — und zwar je einer auf 10 000 Kreisein- 
wohner — gewählt. Die Wahl geschieht auf 6 
Jahre, nach je 3 Jahren scheidet die Hälfte der 
gewählten Mitglieder aus (Kr O a 68 ff). — Die 
Aufgaben des Provinzialtags liegen beinahe aus- 
schließlich auf kommunalem Gebiet; als staatliches 
Verw Organ wird er hauptsächlich nur beim Voll- 
zuge der Wahlen zum Provinzialausschusse und 
zu den durch Gesetz für Zwecke der allgemeinen 
Landesverwaltung angeordneten Kommissionen, 
sowie bei der Erstattung von Gutachten über die 
ihm von den Staatsbehörden zu diesem Behufe 
überwiesenen Angelegenheiten tätig (KrO a 74). 
3. Der Provinzialausschufß. Der Pro- 
vinzialausschuß korrespondiert in seiner organischen 
Stellung mit dem Kreisausschuß, er ist jedoch in 
bezug auf die allgemeine Landesverwaltung, na- 
mentlich was das Gebiet der Polizei anlangt, in 
seiner Zuständigkeit beschränkter als dieser. Er be- 
steht aus dem Provinzialdirektor als Vorsitzendem 
(mit Stimmrecht), und aus acht weiteren, vom 
Provinzialtag aus der Zahl der zu Kreistagsab- 
geordneten wählbaren Provinzialangehörigen ge- 
wählten Mitgliedern; hiezu tritt nach Ermessen der 
Regierung noch ein von dieser bestelltes, zum 
Richteramte befähigtes zehntes Mitglied. Ferner 
werden vom Provinzialtag noch vier Ersatzmänner 
gewählt, und zwar mindestens zwei hievon aus 
seiner Mitte. Geistliche, Kirchendiener, Elemen- 
tarlehrer und Angestellte der Kreise, sowie der 
Provinz, können nicht Mitglieder des Provinzial- 
ausschusses sein; aktive Staatsbeamte bedürfen 
zum Eintritt in denselben der Erlaubnis des vor- 
gesetzten Ministeriums. Die Wahl geschieht auf 
sechs Jahre: alle drei Jahre scheidet die Hälfte der 
gewählten Mitglieder und Ersatzmänner aus und 
wird durch Ergänzungswahlen ersetzt (Kr O# 81, 82). 
Der Provinzialausschuß ist als Staatsorgan 
insbesondere dazu berufen, sein Gutachten über 
alle ihm zu diesem Zwecke von den Staatsbehörden 
überwiesenen Angelegenheiten abzugeben, und 
ferner die ihm durch Gesetz übertragenen Geschäfte 
der allgemeinen Landesverwaltung zu führen. 
Diese Geschäfte bestehen namenkflich in der erst- 
oder zweitinstanziellen Entscheidung bestimmter 
Angelegenheiten des Verwaltungsktreitversahrens 
und des Beschlußverfahrens und in der VTornahme 
der ihm zugewiesenen Wahlen nach Maßgabe der 
hierfür bestehenden oder noch zu erlassenden Vor- 
schriften (Ar O a 33, 84). 
5 12. Die Kreiebehörden. 
1. Der Kreisrat. An der Spitze der staat- 
lichen Kreisverwaltung steht in jedem Kreise der 
  
„Kreisrat“; er ist ein vom Großherzog ernannter, 
zum höheren Staatsdienst befähigter Einzel- 
beamter, dessen Dienststelle die Bezeichnung 
„Kreisamt“ führt. Dem Kreisrate sind die zu 
seiner Vertretung und Unterstützung erforderlichen 
VerwBeamten und technischen Beamten unter- 
stellt; namentlich ist ihm regelmäßig ein „Kreis- 
amtmann" zur Beihilfe und zur Stellvertretung 
in Verhinderungsfällen beigegeben. Der Kreis- 
rat führt als Organ der Staatsregierung die Ge- 
schäfte der allgemeinen Landesverwaltung im 
Kreise. Er ist hierbei teils als bureaumäßig ent- 
scheidender selbständiger Einzelbeamter, teils als 
Vorsitzender der seine Zuständigkeit beschränken- 
den kollegialen Selbstverwaltungsorgane tätig. 
Seine Zuständigkeiten bestimmen sich im wesent- 
lichen nach der Kreisordnung und den beiden Ge- 
meindeordnungen und — soweit diese auf den 
früheren Rechtszustand verweisen (z. B. KrO 
à 63 II, 66 I) — nach dem Edikt v. 6. 6. 32 und 
der Kreisrats Instr v. 20. 9. 32. 
2. Der Kreistag. Der Kreistag ist zwar im 
wesentlichen ein kommunales Selbstverwaltungs- 
organ, er ist jedoch zugleich mit der Wahrnehmung 
bestimmter Funktionen auf dem Gebiete der all- 
gemeinen Landesverwaltung betraut. Er besteht, 
unter dem Vorsitze des Kreisrats, je nach der Ein- 
wohnerzahl des Kreises aus 15—24, im Ehrenamt 
sunktionierenden, Kreistagsabgeordneten, von wel- 
chen ein Drittel von den wahlberechtigten Höchst- 
besteuerten des Kreises, zwei Drittel von Bevoll- 
mächtigten der Gemeindevorstände aus der Mitte der 
letzteren gewählt werden. Die staatlichen Funktionen 
des Kreistags beschränken sich im wesentlichen auf 
die Abgabe von Gutachten für die Staatsbehörden. 
3. Der Kreisausschuß ist, abgesehen von 
seiner Eigenschaft als Organ der Kreisgemeinde, 
ein mit der Wahrnehmung bestimmter Funktio- 
nen auf dem Gebiete der allgemeinen Landes- 
verwaltung betrautes staatliches Selbstverwal- 
tungsorgan. Er besteht aus dem Kreisrat als Mit- 
glied und Vorsitzendem, und aus 6 weiteren Mit- 
gliedern nebst 2 Ersatzmännern — darunter min- 
destens 4 Kreistagsabgeordneten — welche von 
dem Kreistag aus der Zahl der zu Kreistags- 
abgeordneten wählbaren Kreisangehörigen ge- 
wählt werden. Geistliche, Kirchendiener, Elemen- 
  
tarlehrer und Kreisangestellte können nicht 
Mitglieder des Kreisausschusses sein; aktive 
Staatsbeamte bedürfen zum Eintritt in ihn 
der Erlaubnis des vorgesetzten Ministeriums. 
Die Wahl erfolgt auf 6 Jahre, alle 3 Jahre schei- 
det die Hälfte der Mitglieder aus. Der Kreisaus- 
schuß wird nach Bedürfnis vom Kreisrat einberu- 
fen, ist bei Anwesenheit von mindestens 5 Mitglie- 
dern beschlußfähig und beschließt nach Stimmen- 
mehrheit, und zwar in verwaltungsrechtlichen An- 
gelegenheiten in öffentlicher, sonst in nicht öffent- 
licher Sitzung. Seine Tätigkeit als Staatsorgan 
besteht in der Besorgung bestimmter, ihm durch Ge- 
setzoder Verordnung ausdrücklich übertragener An- 
gelegenheiten der allgemeinen Landesverwaltung, 
und umfaßt einerseits die Erledigung reiner Verw- 
Geschäfte, besonders auf dem Gebiete des Kreis- 
straßen= und des Landarmenwesens, andererseits 
verwaltungsrichterliche Funktionen (a 44, 47, 48). 
z 13. Die örtlichen Behörden. Als Organe der 
staatlichen Lokalverwaltung kommen in den 
Gemeinden ausschließlich die Bürgermeister,
	        
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