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Hinterlegungswesen (I. Preußen — II. Bayern)
Liüteratur: Zu 11: Hahn, Ö. Gesetz, Kommentar,
1896; Leyers, Die H. in Gegenwart und Zukunft, 1908.
Zu 1 2: Eine orientierende Zusammenstellung der maß-
gebenden Bestimmungen gibt Kleeis, Das neue Recht
der H., 1912. Nofsin.
Binterbliebene ·
Witwen= und Waisenpension, Invaliden=
versicherung
Hinterlegungswesen
OK = Hinterlegungskasse; HSt = Hinterlegungestelle!
I. Preußen
Für das HWesen scheint eine einschneidende Um-
bildung bevorzustehen. Unter dem 10. 6. 12 ist der
„Entwurf einer Hinterlegungsordnung"“ dem Her-
renhause zur weiteren Veranlassung zugegangen
(Drucks. Nr. 151). Es wird davon abgesehen, an
dieser Stelle den gegenwärtigen Rechtsstand wie-
derzugeben, da er voraussichtlich in Kürze durch
eine abweichende Regelung überholt sein wird.
Die Darstellung des Gegenstands wird deshalb
bis zum Schlusse dieses Bandes aufgeschoben.
II. Banern
5 1. Einleitung. s 2. Hinterlegungsstellen. 3 3. Hinter-
legungever fahren. # 4. Hinterlegung bei den Notariaten.
5 5. Hinterlegungsgebühren.
#1. Einleitung. Man unterscheidet zwei Arten
des HW: das der Gerichte und das der Verw-
Behörden. Bis zum 1. 7. 62, dem Zeitpunkte der
; lichen HSt zusammen um die gleiche Zeit nur etwao 78 Mil-
gänzlichen Trennung von Justiz und Verwal-
tung in Bayern (GVe v. 10. 11. 61 — GBl 209
—)yv sind beide Arten einheitlich durch die V v.
22. 12. 40 über die Behandlung der Gerichts= und
Administrativdepositen (Reg Bl 1841 S 33) ge-
regelt. Für die Verw Behörden ist diese Verord-
nung auch bis jetzt maßgebend und der Hauptsache
nach unverändert geblieben. Das HW der Ge-
richte aber hat seitdem besondere Regelung und
wiederholte Umgestaltung erfahren durch die V
v. 28. 5. 62 (Reg Bl 1077), v. 8. v. 79 (GBhl 1115),
v. 25. 9. 79 (GV Bl 1300), v. 17. 10. 88 (GWBl
219), endlich durch die OO v. 18. 12. 99 (G##l.5
1033) und die zugehörigen Gebührenvorschriften
und Ausführungsvorschriften. Der Grund der
sich hier zeigenden Verschiedenheit der Entwicke-
lung ist der, daß seit 1862 die Einrichtung der
.. .. . .
VerwBehörden und das Verfahren der inneren
Verwaltung im wesentlichen unverändert geblie—
ben sind, während die Einrichtung und das Ver-
fahren der Gerichte durch das Reichsrecht und seine
Wandlungen wiederholte Aenderungen erlitten
haben. Immerhin sind sachlich in ihren Grund-
zügen die Vorschriften für die Verw Behörden und
die Gerichte einander ähnlich geblieben. Im nach-
folgenden ist darum hauptsächlich das gerichtliche
HW, dessen Bedeutung weitaus überwiegt, dar-
gestellt, die Darstellung des HW der Verw Behör-
den aber mehr auf die Hervorhebung seiner Unter-
schiede vom gerichtlichen beschränkt.
+ 2. Die Hinterlegungsstellen. Nach dem
Bayer. AG z. GVG a 76 Abs 1, 3 (GVBl 1879
S273) in der Fassung durch a 167 Nr. XXII des
AG z. B# (Beilage zu Nr. 28 des GVl 1899),
ist bestimmt, daß für die gerichtlichen Hbei den
Amtsgerichten Ht errichtet werden, daß
aber auch die Staatsregierung die Besorgung der
H der Königlichen Bank — einer staatli-
chen Anstalt mit der Hauptniederlassung in Nürn-
berg und vielen Zweigniederlassungen — über-
tragen kann. Die Staatsregierung hat von der
ihr erteilten Ermächtigung in doppelter Art Ge-
brauch gemacht. Sie hat zunächst an denjenigen
Amtsgerichtssitzen, wo sich Niederlassungen der
Kgl Bank befinden, und das sind insbesondere alle
größeren Städte, die H im Ganzen der Kgl Bank
übertragen und setzt diese Uebertragungen fort,
so oft sich das Netz der Niederlassungen der Kgl
Bayerischen Bank erweitert (GVBl 1899 S 1249;
1900 S 161; 1901 S 10, 459; 1904 S 247; 1905
S3, 41; 1906 S 884; 1908 S 1001). Die Staats-
regierung hat fernerhin bestimmt, daß bei der Kg
Bank, auch soweit diese für den Bezirk des be-
treffenden Amtsgerichts nicht ohnehin Ht ist,
die H dann erfolgen kann, wenn der Hinterleger der
Kgl Bank die Verwaltung der hinterlegten Sache
nach den für die Verwaltung offener Depots gel-
tenden Grundsätzen überträgt. Hiernach ist die
Kgl Bank zur HSt erklärt: für offene Depots
(d. h. zur Verwahrung und Verwaltung überge-
bener Massen) unbeschränkt für das ganze König-
reich, im übrigen für den Bezirk bestimmter (grö-
ßerer) Amtsgerichte.
Von welcher Bedeutung die Erklärung der Kal Bank
zur allgemeinen HSt für offene Depots ist, ergibt sich
daraus, daß am Schlusse des Jahres 1910 rund 105 Millio-
nen Mark zu offenem Depot hinterlegt waren, während
die Gesamtsumme der übrigen, nur zur Verwahrung hin-
terlegten Massen bei der Kgl Bank und den amtsgericht-
lionen Mark betrug. Gleichzeitig ist aber auch hieraus er-
sichtlich, daß bei den amtegerichtlichen H St nur ein ver-
hältniomäßig geringer und durch die Ausdehnung des Bank-
netzes immer noch sich vermindernder Teil der Gesamt-
masse verwahrt ist.
Für das HW der Verw Behörden ist eine der
ausschließlichen Berufung der Amtsgerichte ent-
sprechende Beschränkung nicht getroffen. Es gilt
vielmehr der Grundsat, daß jede staatliche Verw-
Bohörde für den Vereich ihrer örtlichen und sach-
lichen Zuständigkeit selbst die HSt abgibt. Auch
davon, daß an Stelle einzelner Verw Behörden
die Kgl Bank zur HSt berufen wäre, ist nicht die
Rede. Nur die Vorschrift findet sich, daß Bar-
massen, um nicht längere Zeit nutzlos zu liegen,
bei der Kgl Bank angelegt werden sollen.
Sie gehört aber ebenso wie die zahlreichen Vor-
schriften, nach denen gewisse in öffentlicher Ver-
wahrung und Verwaltung befindliche Massen
(Kommunal= und Stiftungsvermögen) bei be-
stimmten Banken in offenes Depot gegeben wer-
den dürfen oder sollen, nicht dem Rechte der Ein-
richtung der HSt an, sondern dem Rechte der
Verwaltung der hinterliegenden Massen.
Die Verfassung der einzelnen HSt ist bei den
Amtsgerichten, der Bank und den Verw Behörden