Impfung
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Impfung
3 1. Zwedk und Ausführung der Impfung. Gesahren.
Impfgegner. 1 2. Impfrecht½.
1. Zweck und Ausfüh der Impfung.
Gefahren. Impfgegner. I. Die J. im engeren
Sinne, die Schutzpocken J., besteht darin, daß durch
künstliche Uebertragung von Pockenstoff der mensch-
liche Körper eine leichte Erkrankung durchmacht
und dadurch unempfänglich für eine Erkrankung
an echten Pocken gemacht wird. Während man
ursprünglich dazu den Inhalt von echten Menschen-
pocken, später (nach Jenners berühmter Entdeckung
im Jahre 1796) Kuhpockeninhalt, dann den durch
Uebertragung der Kuhpocken auf den Menschen
gewonnenen humanisierten Impfstoff verwandte,
findet in Deutschland nur noch die animale Lymphe,
d. i. der durch Ueber J. von tierischen oder mensch-
lichen Pocken auf junge Rinder gewonnene und
besonders präparierte Impfstoff, Anwendung.
Der auf diese Weise gewonnene Pockenschutz ist
unwiderleglich durch die Statistik nachgewiesen:
während in früheren Zeiten in allen Ländern all-
jährlich viele Tausende von Menschen aller Stände
von den Pocken hinweggerafft wurden, ist die
Erkrankungs= und Sterbeziffer in all den Ländern,
die die Zwangs J. einführten, so zurückgegangen,
daß Pocken hier nur noch ganz selten vorkommen,
in Ländern ohne Zwangs F. ist diese Ziffer aber
immer noch recht hoch. In Deutschland sind im
Durchschnitt der letzten 10 Jahre jährlich 38 Per-
sonen an Pocken gestorben, es würden aber, wenn
die Pockensterblichkeit noch dieselbe wie ehedem
wäre, jährlich 160 000 Menschen daran sterben.
Der Impfschutz ist indes kein absoluter Schutz
gegen eine spätere Pockenerkrankung; jedoch er-
kranken Geimpfte selten und wenn, meist nur
leicht an den Pocken. Je weniger Zeit nach der
letzten J. verflossen ist, desto weniger empfänglich
wird der Mensch gegen eine nochmalige J. und
desto sicherer kann auch ein Schutz gegen eine
Pockeninfektion angenommen werden. Die durch
die J. erzeugte Schutzzeit ist auf etwa 10 Jahre
zu bemessen.
II. Ausführung der Impfung.
Die J. wird in Deutschland bei den öffentlichen
Impfterminen nur unter Benutzung der animalen
Lymphe, die in staatlichen oder unter staatlicher
Aufsicht stehenden Impfanstalten unter Beobach-
tung aller Vorsichtsmaßregeln gewonnen wird,
von Impfärzten ausge führt, indem mit keimfreien
Instrumenten einige kleine Schnitte in die Haut
des Oberarms gemacht und die Lymphe in die
Wunden eingestrichen wird. Die Ausführung ge-
schieht mit allen Vorsichtsmaßregeln zur Ver-
hütung von Wundinfektionskrankheiten. Die nähe-
ren Bestimmungen über die Vornahme der J.
sind in den Beschl des BR v. 28. 6. 99 mit Ab-
änderungen v. ö. 5. 05 und 28. 6. 11 enthalten.
In Preußen sind hierzu besondere Ausführungs-
bestimmungen durch den Min E v. 28. 2. 00, letzte
Ergänzung v. 10. 3. 11 ergangen.
Die Gefahren der IJ. sind minimale.
Ernstliche Schädigungen, die der J. zur Last zu
legen sind, sind außerordentlich selten und ent-
1) Impfung von Tieren 7 Viehseuchen.
weder als Unglücksfälle anzusehen oder auf un-
zweckmäßiges Verhalten der Impflinge zurückzu-
führen. Die Impfgegner, deren Zahl nicht
unbedeutend ist, wehren sich (Petitionen an den
Reichstag usw.) gegen den staatlichen Impfzwang
und behaupten, daß die Abnahme der Pocken-
sterblichkeit nicht Folge der Schutzpocken J. sei und
daß die J. zahlreiche Gefahren (Erkrankungen und
Todesfälle) mit sich bringe. Diese Behauptungen
sind durch nichts bewiesen. Die sorgfältigsten Nach-
forschungen über angebliche Impfschädigungen
haben vielfach Entstellungen und Unrichtigkeiten
ergeben.
82. Impfrecht. Die J. ist durch RG v. 8. 4. 74
(RGBl S 31) in Deutschland einheitlich geregelt.
I. Hiernach ist 1. jedes Kind vor dem Ablauf. des
nach seinem Geburtsjahr folgenden Kalenderjahrs,
2. jeder Zögling einer öffentlichen oder privaten
Schule im zwölften Lebensjahr zu impfen. Die
zweite J. nennt man Wieder J. (Revakzination).
Bei erfolgloser J. findet eine Wiederholung der
J. statt, der bei abermaligem Nichterfolg eine
zweite und letzte Wiederholung folgt. Eine Be-
freiung von der J. ist möglich, wenn der Impf-
pflichtige nach ärztlichem Zeugnis nicht ohne Ge-
fahr für Leben und Gesundheit geimpft werden
kann. Die J. ist nach Aufhören des diese Gefahr
begründenden Zustandes nachzuholen. Eine dau-
ernde Befreiung von der J. wegen Krankheit ist
nicht zulässig (OV.G'#. 24. 4. 11). In zweifelhaften
Fällen hat der Impfarzt zu entscheiden, ob eine
solche Gefahr noch fortbesteht (§ 2 R). Die Vor-
führung eines Impflings behufs ärztlicher Unter-
uchung durch den Impfarzt kann in Preußen auf
Grund des #132 des LVG zwangsweise bewirkt
werden.
In jedem Bundesstaat werden Impfbezirke
gebildet, deren jeder einem Impfarzt unterstellt
wird (§ 6 RE). Die Bildung der Impfbezirke
ist in Preußen den Kreisen übertragen; in Bayern
sind es die Stadtgemeinden und Amtsgerichts-
bezirke, die zugleich die Impfbezirke bilden. In
den anderen Staaten werden die Impfbezirke
durch die Aemter oder Amtsbezirke gebildet. Die
Bestellung der Impfärzte soll nach den Beschl des
Bz. v. 28. 6. 99 durch die Staatsbehörde erfolgen;
dies ist aber noch nicht in allen Bundesstaaten aus-
geführt, vor allem auch nicht in Preußen, wo die
Kreise die Impfärzte bestellen. Nach denselben
Beschlüssen soll vorzugsweise den beamteten Aerz-
ten das öffentliche Impfgeschäft übertragen wer-
den; dies ist auch mit Ausnahme von Preußen,
Sachsen und Elsaß-Lothringen meist durchgeführt.
Die für notwendig erachtete ausdrückliche In-
pflichtnahme der Impfärzte ist jetzt überall ange-
ordnet, in Preußen durch Min v. 28. 2. 00.
Die Impftermine fülür die öffentlichen
I., die meist in der wärmeren Jahreszeit mit
Ausnahme der Monate Juli und August ab-
gehalten werden, sind rechtzeitig öffentlich be-
kannt zu machen. Als Impfräume sind gecignete
saubere und gut gelüftete Räume (tunlichst ge-
trennt nach Warte= und Operationszimmer) seitens
der Gemeinde bereitzustellen. In Preußen soll
nach dem Min E v. 28. 2. 00 die Zahl der Erst-
impflinge in einem Termin 50, die der Wieder-
impflinge 80 nicht überschreiten, wobei die gleich-
zzeitige Anwesenheit von Erst= und Wiederimpf=
ilingen zu vermeiden ist. In Baden dürfen nach