Internationales Privatrecht (Freiwillige Gerichtsbarkeit)
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conflict of laws', 2 Bde., 1905 (Amerika). — 3 für Jß
und Strafrecht (später: für IP und öffentliches Recht;
jetzt: für int Recht) seit 1891; Revue de drolt int. seit
869; Journal du drolt Int. privé seit 1873, dazu 4 BRde.
Tables générales mit umfassender Bibliographie; Revue
de droit int. prive seit 1905. Annualre de I’Institut de drolt
int. seit 18F77, R. Bincent, E. Penaud, Dictionnalre
de drolt int. privé, 1888. Bealc, A selectlion of cases
on the consflict of laws, 3 Bde., 1900/02.
Die rein persönlichen Angelegenheiten des ein-
zelnen und diejenigen der Familie bedürfen einer
gleichmäßigen, von dem jeweiligen Aufenthaltsort
unabhängigen Regelung, die das „Personalstatut"
gewährt. Hat man diese Regelung in Deutschland
früher vorwiegend nach dem Wohnsitz bestimmt, so
knüpfen Ec# und Haager Verträge zur Bezeich-
nung des maßgebenden Rechts im Anschluß an
den Rechtszustand in den meisten europäischen
Staaten an die Staatsangehörigkeit an. Anwen-
dungsgebiet des Personalstatuts sind vorbehaltlich
mancher positivrechtlicher Abweichungen in Einzel-
heiten Rechtsfähigkeit und Geschäftsfähigkeit, Ehe-
recht und Elternrecht, Erbfolge und Schenkung,
wie auch die inneren Angelegenheiten der juristi-
schen Personen. Und zwar entscheidet jeweils die
Staatsangehörigkeit der für das Rechtsverhältnis
wichtigsten Person, des Ehemanns, Vaters, Erb-
assers.
Sachenrechtlich steht bewegliches und unbe-
wegliches Gut unter der Herrschaft des Orts, wo sich
die Sache zur Zeit des behaupteten Erwerbs oder
Verlustes eines Rechts befindet. Bei immate-
riellen Gütern muß der Erwerb und der Schutz
des erworbenen Rechts gegen dritte Personen aus-
einandergehalten werden; unkörperlich sind sie, auch
wo sie ein einheitliches Rechtsgut bilden, einer
gleichzeitigen Verletzung in verschiedenen Staaten
ausgesetzt. Das Maß ihres Schutzes nun bemißt
sich für sämtliche Immaterialrechte nach den Ge-
setzen des Staats, in dem sie beeinträchtigt werden.
Dabei spalten sich Patent und Gebrauchsmuster in
so viel selbständige Rechtsgüter, als Staaten ihnen
Schutz verleihen. Die übrigen Rechte dieser
Gruppe dagegen bilden cinheitliche Güter, deren
Erwerb auch für andere Staaten unter den Ge-
setzen des Ursprungslandes steht; für den Namen
unter der Ordnung präjudizieller familienrecht-
licher Beziehungen, ergänzt durch Verleihung des
Heimatstaats; für Firma, Warenzeichen, Ge-
schmacksmuster unter den Gesetzen des Nieder-
lassungsortes; für das literarische und künstlerische
Urheberrecht unter den Gesetzen des Orts der Ver-
öffentlichung, eventuell des Heimatstaats. Jedoch
wirkt auf einen Teil dieser Güter die Tendenz,
sich ähnlich dem Erfinderschutz in eine VielheitW
territorial selbständiger Rechte aufzulösen; für das
literarische und künstlerische Urheberrecht ist das
in der revidierten Berner Uebereinkunft bereits
geschehen.
Bei obligatorischen Verträgen können
die Parteien das maßgebende Recht bestimmen, so-
weit es sich um dispositives Recht handelt. Zuvor
also muß die anwendbare Rechtsordnung feststehen.
Sie wird im Zweifel durch den Wohnsitz oder die
gewerbliche Niederlassung der jeweils verpflich-
teten Partei im Zeitpunkt des rechtserzeugenden
Tatbestands bezeichnet. Die frühere deutsche Recht-
sprechung hatte hier mit einer Gleichmäßigkeit, die
daran war, Gewohnheitsrecht zu schaffen, das
Recht des Erfüllungsortes zugrunde gelegt; doch
hält sich das Reichsgericht unter der Herrschaft des
B#B an diese Rechtsprechung nicht mehr für ge-
bunden. Diese wie jene Anknüpfung indessen kann
nur subsidiär gelten: häufig drängt die Eigenart
der einzelnen Vertragstypen zu einer abweichen-
den Lokalisierung. So sind gleichartige Massen-
verträge und solche, in deren Regelung das öffent-
liche Recht eingreift, vielfach für beide Vertrags-
teile am Sitz der einen Partei lokalisiert: die Ge-
schäfte der großen Transportunternehmungen, der
Banken, Lagerhäuser, Leihinstitute, Hotels; der
Dienstvertrag des Fabrikarbeiters ist es am Ort
des Dienstherrn, derjenige des Arztes oder Rechts-
anwalts am Sitz des Dienstleistenden. Und es kann
auch der Ort des Vertragsschlusses zur Unterwer-
fung unter das dort geltende Recht führen: bei
Verträgen, die auf Messen, Märkten, Börsen, bei
öffentlichen Versteigerungen geschlossen werden.
Auch Wechsel und Scheck stehen (vorbehaltlich
positivrechtlicher Modifikationen: Wechselordnung
a 84—86, 34; ScheckE Fs 26, 11) für den ein-
zelnen Verpflichteten unter den Gesetzen des Orts,
an dem seine Erklärung ausgestellt ist.
Was erlaubt und verboten ist, bestimmt als ein-
zige Rechtsordnung, die den widerstreitenden In-
teressen gemeinsam ist, die Gesetzgebung des Orts,
an dem in fremdes Interesse eingegriffen wird.
Darum steht das Deliktsrechtgrundsätzlich unter
den Gesetzen des Tatorts (Modifikation in a 12
E#). Der gleiche Gedanke unterstellt die sonstigen
nichtvertragsmäßigen Verbindlichkeiten den Ge-
setzen am Ort des verpflichtenden Vorgangs; wo-
bei als Ort einer Bereicherung der Wohnsitz des
Bereicherten angesehen werden muß.
Die Vorschriften desallgemeinen Teils des
bürgerlichen Rechts bestimmen sich grundsätzlich
nach den Gesetzen, die für das Rechtsverhältnis
gelten, bei dem sie praktisch werden (#lex causae“,
„Wirkungsstatut"). Doch sind Rechtsfähigkeit als
allgemeiner Status und Geschäftsfähigkeit ver-
selbständigt. Und für die Form der Rechtsge-
schäfte läßt a 11 Ec regelmäßig auch eine Gültig-
keit nach den Gesetzen des Errichtungsorts genügen.
#3. Internationales Recht der freiwilligen Ge-
richtsbarkeit. Die freiwillige Gerichtsbarkeit (NM
verlangt selbständige Würdigung von zwei Seiten
her. Als behördliche Tätigkeit bedeutet sie
eine Angelegenheit des Staatsrechts, für die Behör-
den des Inlands nach inländischem Staatsrecht ge-
regelt. Doch ermächtigt das deutsche öffentliche
Recht, auch in Rechtsverhältnisse einzugreifen, die
zivilrechtlich unter fremden Gesetzen stehen (Er-
richtung einer Vormundschaft, Eheschließung, Be-
urkundungen),w sofern die Tätigkeiten, die hierdurch
veranlaßt werden, den im inländischen Privatrecht
vorgesehenen nur annähernd gleichartig sind. Aber
auch in solchem Fall bleiben Voraussetzungen, For-
men und Wirkungen der behördlichen Tätigkeit
(Führung der Vormundschaft) grundsätzlich unter
Inlandsrecht. Als behördliche Tätigkeit veranlaßt
die Uebung freiwilliger Gbk die gleichen Fragen, die
sonstige öffentlichrechtliche Tätigkeit, insbesondere
auch die Uebung der streitigen Gerichtsbarkeit, auf-
wirft: nach der staatlichen Zust, sich mit einer An-
gelegenheit überhaupt zu befassen; nach der Zu-
lässigkeit, die einzelne zu ihrer Durchführung be-
stimmte Handlung vorzunehmen, nach der Aner-
kennung fremder staatlicher Zust (Zust, die Ueber-