Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
Justizverwaltung (Behörden) 
  
  
  
Stück der trias politica bildet, wennschon in der 
Praxis die Grenzen nicht so scharf gezogen sind 
und nicht nur Gerichtsbehörden mit J. Geschäften, 
sondern sogar J.Behörden (z. B. der Minister) 
mit richterlichen Aufgaben befaßt sind. Im Ge- 
ensatze zur eigentlichen Rechtspflege gipfelt die 
Kusgabe der J. darin, innerhalb des durch die 
Gerichtsverfassung (/] geschaffenen Rahmens die 
zur Ausübung der Rechtspflege nötigen Veran- 
staltungen zu treffen, die Tätigkeit der Rechts- 
pflegeorgane zu unterstützen und unbeschadet der 
gesetzlich gewährleisteten Unabhängigkeit zu über- 
wachen. Der J. liegt es z. B. ob, die Gerichte und 
Staatsanwaltschaften mit geeigneten Beamten 
in ausreichender Zahl zu besetzen, ihren Geschäfts- 
gang zu regeln, für Dienstgebäude, Büchereien 
und dgl. zu sorgen, die Ausbildung und Prüfung 
des Beamtennachwuchses zu ordnen, die Voll- 
ziehung der Rechtsprüche zu ermöglichen, die Ge- 
bühren und Stempelabgaben für die Rechts- 
pflegetätigkeit zu erheben. Sache der J. ist es 
ferner, gegen äußere Ordnungswidrigkeiten der 
Rechtspflegeorgane einzuschreiten, insbesondere 
gegen Geschäftsverzögerungen (Aufsicht, in schwe- 
ren Fällen Disziplinargewalt (D). Während aber 
die Richter [Mbei ihren Urteilen lediglich dem Ge- 
setz unterworfen sind (GVGG #P1), haben Staatsan— 
wälte (# und Gerichtsschreiber auch bei der 
materiellen Art der Geschäftserledigung die 
im Verw Weg an sie ergehenden Weisungen zu 
befolgen. Nicht alle staatliche Verw Tätigkeit, die 
dem Rechtspflegezwecke dient, ist J., sondern nur 
diejenige, die zum Ressort der Zentraljustizjbehörde 
gehört, also nicht die Tätigkeit der Gerichtsärzte, 
der gerichtlichen Polizei und der Kriminal= oder 
Sicherheitspolizei (M, nicht die Angelegenheiten 
der Militärjustiz und der Sondergerichte (X Ge- 
richtsverfassung § 2 III, ja nicht einmal der Straf- 
vollzug in Gefängnissen (J] und Zuchthäusern, 
soweit diese — wie noch zu erheblichem 
Teile in Preußen — zum Ressort der inneren 
Verwaltung gehören. 
Die J. ist Verwaltung im Gebiete der Justiz, 
nicht Rechtsprechung. Es gelten mithin für sie 
nicht die gesetzlichen Garantien des Richteramts. 
J. Beamte können daher gegen ihren Willen ver- 
setzt oder auf Wartegeld gestellt werden, außer 
wenn sie zugleich Richter sind. Diesen könnten 
nur die ihnen übertragenen Verwufgaben (z. B. 
als Aufsichtsrichter oder Kassenkurator) durch 
Verw Anordnung entzogen werden, soweit nicht 
etwa, wie bei den Präsidenten, schon das Gesetz 
bestimmte Aufgaben der J. mit dem richterlichen 
Amte selbst verknüpft (unten § 2). In welchem 
Umfange die Geschäfte der J. den nachgeordneten. 
Behörden übertragen werden sollen, ist der Lan- 
desgesetzgebung freigestellt. Andere Verw- 
Geschäfte als solche der J. den Gerichten zu über- 
tragen, ist aber reichsrechtlich verboten: 
EG z. GVG 84. Ferner enthält GVG 8 152 das 
reichsgesetzliche Verbot, die Dienstaufsicht über 
Richter den Staatsanwälten zu übertragen. Dieses 
richtet sich gegen die vor 1879 am Rhein bestehende 
Einrichtung, daß sämtliche Geschäfte der J. der 
Staatsanwaltschaft zustanden, die Gerichte somit 
zwar ungestört ihrer Rechtspflegetätigkeit oblie- 
gen konnten, aber dafür in vielen sie unmittelbar 
berührenden Angelegenheiten des Einflusses ihrer 
Vorstandsbeamten entbehrten. 
  
# 2. Behörden. A. Reichsbehörden. 
Im Reiche steht die J. zunächst dem Kaiser und 
dem Bundesrate, der höchsten Reichs Verw Behörde, 
zu. Der Kaiser ernennt den Präsidenten, die Se- 
natspräsidenten und Räte bei dem Reichs- 
gericht, den Oberreichsanwalt und die Reichs- 
anwälte auf Vorschlag des Bundesrats (GV 
# 127, 150). Ferner hat der Reichskanzler das 
Recht der Aufsicht und Leitung hinsichtlich 
des Oberreichsanwalts und der Reichsanwälte 
(GVG 148 Nr. 1). Er bestimmt auch die Ge- 
schäftseinrichtung der Gerichtsschreiberei bei dem 
Reichsgerichte (GVG 75 154), wogegen der Ge- 
schäftsgang bei den Senaten und dem Plenum 
des Reichsgerichts durch eine Geschäftsordnung 
geregelt wird, die das Plenum auszuarbeiten und 
dem B zur Bestätigung vorzulegen hat (GV- 
&141, Gesch O v. 8. 4. 80 und 25. 7. 86, R.Bl 
S 190, 300). Der Staatssekretär des Reichs- 
justizamts übt die dem RK im Bereiche der J. 
zugewiesenen Aufgaben als dessen Stellvertreter 
aus (Stellvertr. G v. 17. 3. 78). Die Mitglieder 
des Reichsgerichts unterstehen keiner Auf- 
sicht der J., sondern nur der Disziplinargewalt 
des Plenums (GVG 8 128 ff). Ueber die J. 
hinsichtlich der Konsulargerichte (M und 
der Gerichte in den Schutzgebieten (JI vgl. 
Kons G# v.. 4. 00 5F 4 ff, 73 ff und Schutzgeb G v. 
10.9. 00 58 2 ff, 15 ff; bei der J. hinsichtlich der Kon- 
sulargerichte ist das Auswärtige Amt, hinsichtlich 
der Schutzgebietsgerichte das Kolonialamt, hin- 
sichtlich der Gerichte in Kiautschou das Reichs- 
marineamt zur Mitwirkung berufen, alle drei 
jedoch formell im Namen des R, der auch 
hier der rechtliche Träger der J. ist. Dem BR 
liegt es endlich ob, wenn in einem Bundesstaate 
der Fall einer Justizverweigerung ein- 
tritt, Beschwerden über verweigerte oder gehemm- 
te Rechtspflege anzunehmen und darauf die ge- 
richtliche Hilsc bei der Bundes Reg, die zu der 
Beschwerde Anlaß gab, zu bewirken (R#V a 77). 
B. Landesbehörden. An der Spitze 
der Landes J. steht als Zentralbehörde der Ju- 
stiz Min, in den kleineren Staaten die Justizabtei- 
lung des Gesamt Min, in den Hansestädten die 
entsprechende Senatskommission, der mitunter 
eine aus Senatoren und Richtern gemischte J. Kom- 
mission zur Seite steht (Brem. ASG z. G 
Is 1 ff). Organe der Landes J. sind regelmäßig 
die Präsidenten und die Ersten Staatsanwälte. 
In Preußen, dessen Regelung für die meisten 
übrigen Staaten vorbildlich gewesen ist, sind die 
näheren Vorschriften in den 93§77—86 AGz. G# G 
enthalten. Danach sind die Vorstände der Gerichte 
und der Staatsanwaltschaften nach näherer Be- 
stimmung des Justiz Min dessen Organe bei den 
Geschäften der J. Sie können bei Erledigung 
dieser Geschäfte die Mitwirkung der ihrer Auf- 
sicht unterstellten Beamten in Anspruch nehmen. 
Das Recht der Dienstaufsicht steht zu: dem Ju- 
stiz Min hinsichtlich aller Gerichte und Staatsan- 
waltschaften, den Präsidenten der OLG# und der 
Landgerichte hinsichtlich ihrer eigenen Gerichte 
und der Gerichte ihres Bezirkes, den Oberstaats- 
anwälten und Ersten Staatsanwälten entspre- 
chend hinsichtlich der Staatsanwaltschaften (J #I, 
dem Ersten Amtsanwalt hinsichtlich der Beamten 
der Amtsanwaltschaft. Bei den Amtsgerichten 
steht die Dienstaufsicht über die Richter dem Land-
	        
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