Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
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Kaufmannsgerichte 
  
Handlungsgehilfen und Lehrlingen aus dem kauf- 
männischen Anstellungsverhältnis der Zuständig- 
keit der GewG entzogen. Bereits bei der Beratung 
des GewGGecfetzes stellte man im RT die For- 
derung, diese Streitigkeiten ebenfalls durch die 
Gew # entscheiden zu lassen. Im R ist dann noch 
mehrmals die Aufhebung der in Betracht kommen- 
den Bestimmungen des & 81 beantragt worden. 
Als sich die GewE bewährten, war es namentlich 
der Handlungsgehilfenstand, welcher lebhaft für 
Kfm G eintrat. Diesen Bestrebungen wurde zwar 
von einem nicht unerheblichen Teil der Prinzi- 
pale, die vor allem in den Handelskammern ver- 
treten waren, ferner aus dem Juristenstande 
heraus Widerstand geleistet. Dies hinderte je- 
doch nicht einen Beschluß des RT, welcher die Er- 
richtung von kaufmännischen Schiedsgerichten zur 
Entscheidung von Streitigkeiten zwischen Prinzi- 
valen einerseits und Handlungsgehilfen und -Lehr- 
lingen andererseits verlangte. Es folgten mit die- 
sem Beschlusse übereinstimmende Anträge. (St Ber 
v. 7. 4. 97 S 5586, v. 25. 1. 99 S 448). 
Hervorzuheben ist dazu noch ein Antrag mit dem „Ent- 
wurf eines Gesetzes betreffend die kaufmännischen Schieds- 
gerichte“ und endlich ein Antrag auf Vorlegung eines Ge- 
setzentwurfs, durch welchen besondere Gerichte für Rechts- 
streitigkeiten aus dem kaufmännischen Dienstvertrag vor- 
gesehen werden (RT Drucksachen 1900/02 Nr. 423 — 1900/01 
Nr. 29). Die Beratungen über den letzten Antrag in der 
Kommission kamen nicht zum Abschluß. Es war nämlich 
in der Zwischenzeit vom Reichsamt des Innern ein Gesetz- 
entwurf ausgecarbeitet worden. Dieser Entwurf gelangte 
allerdings zunächst nicht an den RT, weil man sich im B. 
nicht einig werden konnte, ob die Kfm G den Amtsgerichten 
oder den Gew angegliedert werden sollten. Endlich 
gewann die Ansicht die Oberhand, wonach von einer An- 
gliederung an die Amtsgerichte abzusehen sei. 
Unter dem 8. 1. 04 wurde der Entwurf dem 
R vorgelegt. Der N entschied sich dafür, wie 
gleich hier besonders bemerkt werden mag, daß 
schon für Gemeinden von 20 000 Einwohnern — 
und nicht erst von mindestens 50 000 Einwohnern 
(Gesetzentwurf) — Kfm G zu schaffen seien. Eben- 
so überwies der RT Streitigkeiten aus der sog. 
Konkurrenzklausel ausdrücklich der Zuständigkeit 
der Kfm G. Das Gesetz wurde unter dem 6. 7. 04 
verkündet (RoGl266 ff). Es trat mit dem 1. 1.05 
in Kraft. 
II. Die Einteilung des Kfme Gesetzes ist die 
gleiche wie die des Gew GGesetzes (M, nur daß 
as Kfm GGesetz die Vorschriften über das Eini- 
gungsamt (7 17) in dem Abschnitt über das Ver- 
fahren, nicht in einem besonderen Abschnitte, 
bringt. 
Das Kfm GGesetz hat nur wenige von dem 
Gew Gesetz abweichende Vorschriften: Hand- 
lungsgehilfen mit über 5000 Mk. Jahresarbeits- 
verdienst sind nach § 4 von der Zuständigkeit aus- 
geschlossen (GeweG 3;:; bei den Betriebsbe- 
amten, Werkmeistern und mit höheren technischen 
Dienstleistungen betrauten Angestellten Gehalts- 
grenze von 2000 Mk.). Dem Kfm GGesetz ist eine 
sachliche Zuständigkeit für Ansprüche der Hand- 
lungsgehilfen desselben Kaufmanns gegeneinan- 
der unbekannt (dagegen § 4 Nr. 6 GewG). Das 
Kfm G ist bei Klagen aus der Konkurrenzklausel 
auch für die Nonventionalstrafe zuständig er- 
klärt (§ 5 Nr. 6 Kfm GG, dagegen GewGG 
&4 Abs 2). Die Berufung gegen Urteile der Kfm G 
  
  
ist nur zulässig, wenn der Wert des Streitgegen- 
standes den Betrag von 300 Mk. (GewG: 100 Mk.) 
Übersteigt (# 16 Abs 1). Für das Kfm G (*5 12 
Abs2) sind die Beisitzer nur nach den Grund- 
sätzen der Verhältniswahl zu wählen (anders 
z 16 GewGG). 
# 2. Errichtung und Zusammensetzung der 
Kaufmannsgerichte. Wegen der Notwendigkeit 
der Errichtung, der statutarischen Bestimmungen, 
der Kosten der Unterhaltung und der Besetzung 
der Kfm G gilt das gleiche wie bei den Gewe 
[IX Gewerbegerichte 3 21. Die Bestätigung des Vor- 
sitzenden des Kfm Gfund seiner Stellvertreter 
ist nicht nötig, wenn im Falle der Angliederung 
des Kfm G an das GewE der Gew Vorsitzende 
oder seine Stellvertreter zum Vorsitzenden oder 
zu stellvertretenden Vorsitzenden der Kfim Gge- 
wählt werden. Als Vorsitzende des KfmEG und 
deren Stellvertreter sollen nur Personen gewählt 
werden, welche die Fähigkeit zum Richteramt 
erlangt haben, in zweiter Linie Personen, welche 
die Fähigkeit zum höheren Verw Dienste besitzen. 
Ausnahmen kann die höhere VerwBehörde ge- 
statten. Die Beisitzer der Kfm G sind je zur 
Hälfte aus den Kaufleuten, die mindestens einen 
Handlungsgehilfen oder Handlungslehrling regel- 
mäßig beschäftigen, und aus den Handlungsge- 
hilfen — hier unter Berücksichtigung des § 4 
Kfm GG — zu entnehmen. Im wesentlichen 
kommen dieselben Grundsätze zur Anwendung 
wie bei den GewG. Die Wahl der Beisitzer ist 
unmittelbar und geheim. Sie findet nach den 
Regeln der Verhältniswahl statt und zwar so, 
daß neben den Mehrheitsgruppen auch die Min- 
derheitsgruppen entsprechend ihrer Zahl unter 
den Beisitzern vertreten sind (unten 3 3). Das 
Kfm G ist als Prozeßgericht mit einem Vorsitzen- 
den und mindestens zwei Beisitzern (einem Kauf- 
mann und einem Handlungsgehilfen) besetzt. 
Nach den Schlußbestimmungen des Kfm G# 
(5 20) kann übrigens die Landes-Zentralbehörde 
anordnen, daß in Bezirken, für welche zur Ent- 
scheidung gewerblicher Streitigkeiten auf Grund 
der Landesgesetze Gew bestehen (§5 85 Gew GG), 
die für diese geltenden besonderen Vorschriften 
über die Bildung von Vergleichskammern oder 
Vergleichsämtern (Rheinprovinz) und über das 
Verfahren vor denselben auch auf die Kim G An- 
wendung finden. 
3. Verhältniswahl (Proportionalwahl). 
Die Verhältniswahl ist für KfimG obligato- 
risch (während sie für GewE nur zulässig ist). 
Der Bericht der Kommission zur Beratung der Gew G- 
Gesetznovelle schildert das Wahlverfahren nach den Grund- 
sätzen der Verhältniswahl folgendermaßen: „Dieses Wahl. 
verfsahren sei geeignet, die Wahlkämpfe zu mildern, es ge- 
währe und sichere auch einer größeren Minderheit 
eine angemessene Vertretung; das könne nur von wohl- 
tätigem Einfluß sein, insbesondere da empfehlenswert, wo, 
wie z. B. vielfach in den Rheinlanden, der zahlenmäßige 
Stimmenunterschied zwischen den streitenden Parteien oft 
nur gering sei; es werde damit das Vertrauen zu dem Ge- 
richt gesteigert und sein Ansehen vergrößert.“ „Das Wahl. 
verfahren müsse allerdings näher im einzelnen geregelt 
werden; das werde aber zweckmäßig dem Statut und 
der Einsicht der beteiligten Verw Behörde überlassen“. Das 
Verhältniswahlsystem ist das gerechtere, weil größeren 
Minderheiten von Wählern wirkliche Bertreter beschafft 
werden. Es können hierdurch — nach dem Erl des preuß. 
 
	        
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