Kirche (Vermögensverwaltung in Bayern)
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auch rev. Gemeindeedikt 88 21 und 121) „unter eines Abgeordneten des Magistrats resp. Gemein-
dem königlichen obersten Schutze und königlicher
oberster Aufsicht.“ Hiernach bestimmt die Staats-
gewalt die Verwaltungsnormen, organisiert die
Verwaltungsbehörden, regelt deren Kompetenz,
bestellt ihnen sog. Kuratelen und Oberkuratelen
und nimmt sie in Pflicht, um dann auch noch jeden
Schritt genau zu kontrollieren. Das alles regeln
nur zum Teil Gesetze: das rev. Gemeinde-
e dikt v. 1. 7. 34 §+ 59 Abs III und § 94 Absl V
und die Vollzugsvorschriften dazu
v. 31. 10. 37 N 136 —146, sowie für die Pfalz
das Kirchenfabrikdekret v. 30. 12. 09. Im üb-
rigen kommt eine Anzahl von Gelegenhecitsent-
schließungen in Betracht. Im folgenden können
nur die Lauptgrundsätze zur Darstellung gelangen.
Für Weiteres vergl. Meurer, „Bayer. Kirchen-
vermögensrecht“ 1 (1899).
Der selbständige oder gar Ausschlag gebende
Einfluß der Kirchenbehörden ist beseitigt. Diese
haben nur ein beschränktes Aufsichterecht. Sie
haben das Recht der Einsicht und Kenntnis-
nahme von der Verwaltung und Verwen-
dung des KV sowie das Recht der Erinne-
rung und der Beschwerde beim Ministerium; förm-
liche Einwilligung ist niemals verlangt (Ausnahme
* 49 der II. Beil.). In jedem einzelnen Fall steht
der Kreisregierung als Staatskuratelbehörde die
Beschlußfassung allein zu. Zwar hat sie in allen
deausschusses begnügte. Abweichend aber von der
Entwicklung der Kommunalverwaltung (der rechts-
rheinischen und pfälzischen GemO v. 29. 4. 69 mit
ihrer größeren Selbständigkeit der Gemeinden) ist
das staatsvormundschaftliche System in der Kirchen-
verwaltung geblieben. Die rechtsrheinische Gem O
a 206 hat die §§5 59 Abs III bis V und 94 Abs V
bis VIII des rev. Gemeindeedikts sowie die in den
einzelnen Landesteilen bestehenden Bestimmungen
und Zuständigkeiten in bezug auf die Verwaltung
des K. und die Befriedigung der Kultusbedürfnisse
(in Uebereinstimmung mit der pfälzischen Gem-O
a 129) ausdrücklich aufrechterhalten und nur das
Recht der Kirchenverwaltung, auch „die Kirchenge-
meinde in allen rechtlichen Beziehungen zu ver-
treten“, des besonderen garantiert.
Eine moderne Kirchengemeindeordnung ist seit langem
ein dringendes Bedürfnis. Schon der Landtagsabschied
v. 13. 2. 71 (GBl 308) stellte ein Gesetz in Aussicht „über
die Verwaltung des K. mit Zugrundelegung der den politi-
schen Gemeinden eingeräumten Selbswerwaltung"“. Der
Landtagsabschied v. 28. 5. 92, der den allerdringendsten
Forderungen durch eine Umlage-Novelle entsprach, erneuerte
den Auftrag zur Ausarbeitung einer Kirchengemeindeord-
nung, deren Entwurf endlich von Kultus Min v. Wehner
sertiggestellt und mit einer „Begründung"“ dem Landtag
1907 in Vorlage gebracht wurde, aber zur Zeit der Abliese.
krung des Manufkripts (Ende 1911) und der Korrektur (August
wichtigeren Angelegenheiten die Erinnerungen der
Kirchenbehörde einzuholen und denselben „mög-
lichste“ Berücksichtigung zuteil werden zu lassen.
Der Begriff der Möglichkeit hat aber in der Verwal-
tung eine eigentümliche Dehnbarkeit und man wird
nicht sagen können, daß das kirchenbehördliche In-
teresse durch iene Bestimmunggenügend gewahrt ist.
Die Verwaltung des diözesanen Kirchenguts
untersteht der freien Verwaltung der Bischöfe
(Ronkordat a 40). Das Ortsn V ist entweder Ver-
mögen der „Kirchenstiftung“ oder der
„Pfründestiftung“ (Kirchen= und Pfründe-
gut). Zu ersterem gehört das Vermögen der Kir-
chenfabrik wie der einzelnen kirchlichen Stiftungen,
soweit diese nicht kraft besonderer Titel von anderen
Personen, z. B. Gutsherren, verwaltet werden,
oder nach §J 7 der V v. 6. 5. 17 der Kategorie der
Orts- oder Gemeindestiftungen angehören.
Das Pfründe= oder Benefizialgut wird durch
den Pfründebesitzer verwaltet.
Das NV im engeren Sinne dagegen, und zwar
sowohl das katholische wie protestantische, liegt nach
dem rev. Gemeindeedikt v. 1. 7. 34 in den Händen
einer besonderen „Kirchenverwaltung“, in der Pfalz
schon von der frangösischen Zeit her in den Händen.
des „Fabrikrats“, resp. für die protestantische
Kirche in den Händen des „Presbyteriums“.
Daß sich durch das rev. Gemeindeedikt v. 1834
im rechtsrh. Bayern die Trennung der Gemeinde
in eine kirchliche und eine politische Gemeinde voll-
zog und die Kirchenverwaltung nicht eine reine
Stiftungsverwaltung, sondern eine kirchengemeind-
liche Selbstverwaltung ist, habe ich wiederholt
gegen neuerliche Kammerverhandlungen ausge-
führt (Grundfragen, 15 ff; Kirchenstiftung und
Kirchengemeinde S 29 ff, 37 ff)0.
Es war ein wesentlicher Fortschritt, daß durch
das rev. Gemeindeedikt v. 18344 das Vermögen der
Kirchenstiftungen der Kommunalverwaltung ent-
zogen wurde und daß man sich mit der Zuziehung
1912) noch nicht erledigt ist ½.
a) Die Kirchenstiftungsverwaltung
# 12. Kirchenverwaltung, Fabrikrat, Pres-
byterium.
I. Diesseits des Rheins hat jede
katholische wie protestantische Pfarrkirche, auch die
ehemaligen Kloster= oder Stiftspfarrkirchen, sowie
die mit selbständigem Vermögen ausgestatteten
Filial- und Nebenkirchen (bei letzteren verzichtbar)
gemäß dem rev. Gemeindeedikt v. 1834 85 59,
94 eine eigene „Kirchen verwaltung“.
Diese Behörde besteht aus: a) dem Psarrer (bei mehreren
Pfarrern aus dem Ersten oder einem aus ihrer Mitte ge-
wählten), resp. dem Psarrverweser oder Pfarrvikar, an einer
Simultankirche mit ungeteiltem Vermögen aus den Pfar-
rern beider Konfessionen;
b) einem Abgeordneten des Magistrats oder bei Land-
gemeinden des Gemeindeausschusses, womöglich derselben
Konfession;
c) in Stadtgemeinden 4—8, in Landgemeinden 2—4 aufs
6 Jahre gewählten Mitgliedern derselben Konfession. Die
Zahl wird von der Kuratelbehörde sestgesetzt und richtet sich
innerhalb des gesetzlichen Rahmens nach der Größe der
Kirchengemeinde und ihres Vermögens und der besonderen
Verw Schwierigkeiten; doch ist der Kirchengemeinde die Ver-
mehrung bis zum gesetzlichen Maximum gestattet. In Si-
multankirchen mit gemeinschaftlichem Vermögen sind beide
Konfessionen nach den bestehenden Verträgen, mangels
derselben zur Hälfte vertreten. Für die Wahl ist Rechts-
quelle die Instr v. 25. 8. 69 (ogl. Meurer, Bayer. K DR 1,
S 30f, 36 ff). Die Wahllisten werden durch den Magistrat
(Gemeindeausschuß) im Einvernehmen mit den Kirchenver-
waltungen hergestellt, die auch die Reklamationen bescheiden.
Die Wahlakten aus den unmittelbaren Städten gehen, wenn
das schon bisher Praxis war (vgl. Meurer, Bayer. K VR 1,
1) Die mittlerweile (am 21. v. 12) Gesetz gewordene K00
soll am Schluß des Bandes skizziert werden.