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Was Hinschius 4, 347 über die Beschränkungen der Kirch-
stuhlberechtigten im Interesse der öffentlichen kirchlichen
Ordnung gesagt, kann Zustimmung finden, aber es beweist
nichts für die rechtliche Natur. — Ueber einzelne praktische
Fragen aus dem nirchstuhlrecht vgl. Hottenrott in der rhein.=
westf. Gemeinde 8 1908, 7 ff. Schon die bald öffentlich-
rechtliche, bald privatrechtliche Natur des Kirchstuhlrechts
rechtfertigte es, daß das EG z. BGB a 133 das Kirchstuhl-
recht als Vorbehaltsgebiet erklärte, und demgemäß bier
alles beim alten blieb.
g 6. Bestimmungswidrige Benutzung.
1. Jedes KGeb hat eine ganz beson-
deregottesdienstliche Bestimmung.
Damit schließt aber das Recht eine außerordentliche
kirchliche Benutzung nicht absolut aus, wohl aber
knüpft es dieselbe an eine spezielle Genehmigung.
Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein KGeb
für Vereine zur Beförderung der kirchlichen Kunst,
für kirchliche Missions- und Armenvereine usw. zur
Verfügung gestellt werden soll, oder wenn, viel-
leicht für die Zeit des Umbaues, die Angehö-
rigen eines anderen Ritus oder auch die Angehö-
rigen einer anderen christlichen Konfession, um
Mitbenutzung bitten. Ueber die Zulässigkeit im
konkreten Fall befindet der rector ecclesiae in Ver-
bindung mit der Vermögensverwaltung. Bei
eigensinniger Weigerung würde der kirchliche Obere
kraft seines Aufsichtsrechts die mangelnde Ein-
willigung ergänzen; der Eigentümer jedoch, der
ein Gebäude nur in gewissem Umfang dem öffent-
lichen Gottesdienst eingeräumt hat (z. B. Garni-
son= und Anstaltskirchen), braucht sich eine weiter-
gehende Benutzung nicht gefallen zu lassen (Hin-
schius 4, 357). Dies ist gemeines Recht.
Für das Kgr. Sachsen ist folgendes bestimmt: die
Ueberlassung der Kirche an andere Religionsgemeinschaften
zum Zweck des Gottesdienstes usw. hat die Kircheninspektion
zu genehmigen — d. h. der Superintendent in Verbindung
mit dem Amtshauptmann resp. in Städten mit revidierter
St O dem Magistrat — unter vorgängiger Zustimmung des
Kirchenvorstandes und des Patrons, sofern sich dieser in
Sachsen aushält. K Vorst.= und Syn. O v. 22. 11. 06 1 21
Abs 3. Die Benutzung der Kirche zu den Festen der Mis-
sionsvereine, des Gustav-Adolf-Vereins, der Bibelgesell-
schaft usw. hängt von der Genehmigung des Euperinten-
denten ab (Nösel 101). Für Sachsen-Altenburg val. KGO
v. 1877 3 17, für Hessen Berf Ed. 1 13 Ziff. 22. Ueber diese
und die folgende Frage vgl. insbesondere Arch f. kath. KR
8, 153 ff; 9, 416.
2. Liegt die Bestimmungswidrigkeit in der
nichtkirchlichen, also weltlichen
Benutzung, so kann der Gebrauch profanie-
rend und nichtprofanierend sein. .
a) Profanierend ist der Gebrauch, wenn
er mit der gottesdienstlichen Bestimmung unver-
einbar ist und die schuldige Ehrfurcht verletzen
würde. Er ist bei allen res sacrae streng untersagt
I Heilige Sachenl. Ob die Voraussetzung der
Profanation vorliegt, bestimmt der rector eeclesiae
resp. der lirchliche Obere. Dabei haben kirchliche
und staatliche Verordnungen bestimmte Benut-
zungsarten ein= für allemal ausgeschlossen.
Die preuß. Bestimmungen bei Hinschius zu A#R II 11
&* 173. Das sächsische Verw Recht hat hier nach anderer Seite
Kautelen geschaffen (Schreyer 691 N. #). Nach französi-
schem Staatsrechte gehören dahin z. B. die nichtkirchlichen
Anheftungen an den Mauern und Türen der nirche (Zirk.
v. 25. 5. 60: Dursy 1, 313). Eine Ausnahme macht nur das
Expropriations G v. 3. ö. 41. Andere Rechte sassen wieder
Kirche (Kirchengebäude)
besonders die Prosanation des Innern ins Auge. So be-
stimmt für Sachsen eine B v. 15. 11. 48 (GBBl 257,
Schreyer 691), „daß fortan der Gebrauch der Kirchen zu
politischen Bersammlungen nicht mehr gestattet werden darf“
(vgl. auch G v. 22. 11. 50 3 16 (GB###1 264, Schreyer 7510.
Das preußische Verwmecht trifft Anordnung, daß Be-
kanntmachungen, die nichtkirchliche Angelegenheiten betref.
sen, der Aushang öffentlicher Kundgebungen bürgerlicher
und gewerblicher Art, sowie Aufforderungen zur Unter-
schrift von Petitionen usw. in der Kirche nicht stattfinden
dürfen. Stadtverordneten= und andere politische Wahlen
dürfen nur in Ermangelung passender Lokale in der Kirche
vorgenommen werden (Quellen bei Kinschius [Kochs Kom-
mentar z. ALr II 11 1 1730.
b) Der nichtprofanierende welltliche
Gebrauch ist weder absolut ausgeschlossen, noch
kann er als ein Recht gefordert, die Bewilligung
darf vielmehr im einzelnen Fall gestattet werden.
Der Bewilligung muß hier die Prüfung des Pro-
fanationscharakters vorausgehen und es besteht
ein Einspruchsrecht aus der gottesdienstlichen
Sphäre heraus. Auch die preußische Kirchenge-
meinde- und Synodalordnung gestattet die Ein-
räumung des KGeb nur für solche „nichtgottes-
dienstliche Handlungen, welche der Bestimmung
des KGeb nicht widersprechen“ (5 15). (Vgl. auch
das hess. VerfEdikt der evangel. Kirche v. 1874
#s# 131 Ziff. 22, sachsen--altenb. Kirchen GemO v.
1877 5 17.)
Die Frage, wer die Bewilligung zu erteilen habe, ist
bestritten (ugl. Hermann, 8 f. KR 5, 234; 18, 208 zugunsten
der Vermögensverwaltung, so auch KGu SO v. 1873 51 15
Abs 4— dagegen Scheurl 3 f. KR 17, 400, Hinschius 4, 345
und in Kochs ALR zu II 11 1 113). Die Frage, ob ein be-
absichtigter Zweck, zu welchem eine Sache in Anspruch ge-
nommen werden soll, mit ihrem bestimmungsmäßigen
Zweck verträglich ist, und bei Bejahung die Frage, ob sie
diesem Zweck nun auch wirklich dienen soll, oder mit an-
deren Worten: die Frage ob eine bestimmte Verwendung
Shulässig ist und die Frage, ob sie auch wirklich zu-
gestanden werden soll, sind grundverschieden.
Wenn aber schon bei bestimmungswidrigem gottes-
dienstlichen Zwecke wegen der entfernteren. Möglich-
keit einer gottesdienstlichen Störung die Kultusverwaltung
ihr Einverständnis erklären soll, so ist dieses hier, wo der
Profanationsgedanke näher rückt, erst recht unentbehr.
lich. Besondere Fachkenntnis ist hier weniger erforder-
lich als der Sinn für eine spezifisch gottesbienstliche
Schicklichkeit. Die Frage der Zulässigkeit ist deshalb von der
Gottesdienst., nicht von der Vermögensverwaltung zu be-
antworten, und zwar regelmäßig schon von der örtlichen
Kirchenbehörde, die sich nur in Zweifelsfällen an den Bi-
schof resp. das Konsistorium wendet. (Vgl. die Cberkon-
sistorialentschließung von 1876 in Z f. KR 17, 421.)
Die Zuständigkeit des rector ecclesiae resp. der
Kirchenbehörde hält sich im Rahmen der Gottes-
dienstordnung, während die Zuständigkeit des
Eigentümers oder seines Vertreters im Kirchen-
vermögensrecht wurzelt. Daraus ergibt sich bei
bestimmungswidriger Benutzung der Kirche die
Notwendigkeit des Zusammenwirkens der beiden
Organe (ausgesprochen in der rhein.-westf. KO
# 7?5: Genehmigung des Presbyteriums, des
Superintendenten und des Konsistoriums), wäh-
rend die Form des Zusammenwirkens und damit
die juristische Durchbildung an diesem Punkt ver-
schieden sein kann.
Die bayer. K#oO in dem von der K. d.
Abg. beantragten Abs 4 des a 112 enthält auf