Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
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Kirche (Kirchenglocken — Kirchenbaulast) 
S657), vor allem rücksichtlich der „Glocken auf den 
Kirchhöfen“, (bayer. RE #103 im Anschluß an 
100), jedoch nur zugunsten öffentlicher Kirchen- 
gesellschaften. 
LBaI weiter bayer. Min E v. 8. 8. 44 (Döll. 23, 78); Arch 
f. k. KK 59, S28 f, 30, 38; Ueber den Zwangsvollzug val. 
MinE v. 28. 6. 51 (Döll. 23, 87), oberstr. E. v. 16. 4. 96 (16, 
25), Arch f. k. KR 76, 395: Begr des Entw einer KGO 297. 
2. Der fremdbkirchliche Gebrauch kann aber auch 
die Folge rechtsgeschäftlicher Gestat- 
tung sein. Vgl. z. B. die Min E v. 13. 9. 43; 
Weber 3, 518; Hinschius 4, 424 f. Hier haben 
Kirchenvorstand und Kirchenverwaltung zusammen 
zu wirken. Vgl. weiter Seydel 3, 526; Arch f. 
KKNK 59, 31; Günther 4, 372. 
11. Weltlicher Gebrauch. 
Die heiligen Sachen sind nur dem profanie- 
renden, nicht aber jedem weltlichen Gebrauch ent- 
zogen. Vgl. oben S 556. Das Kirchenrecht schließt 
nur denjenigen Gebrauch absolut aus, wel- 
cher mit den Aufgaben der Kirche unvereinbar oder 
ausdrücklich gemißbilligt ist, z. B. das Läuten bei 
bürgerlichem (mithin nichtkirchlichem: Günther 4, 
389) Begräbnies, bei rein weltlichen, rauschenden 
Festlichkeiten (Karneval usw.). Vgl. Hinschius 4, 420. 
Bei anderen Anlässen, welche für die Kirche gleich- 
ültig oder ihr gar sympathisch sind, ist der welt- 
iche Gebrauch im allgemeinen erlaubt. Die Weis- 
tümer des Mittelalters zeigen, daß nach deutscher 
Auffassung die Glocken allen öffentlichen Zwecken 
zu dienen bestimmt waren. (Hinschius 4, 422; 
Büff, 504 ff.) Uebrigens ergaben sich hier auch 
schon Kirchenkonflikte. Vgl. Friedberg in Z f. K R 10, 
70. Wenn heute die Fälle eines weltlichen Ge- 
brauchs auch seltener sind, so ist letzterer doch 
immer noch in weitem Umfang erlaubt. Da die 
Glocken von Haus aus eine gottesdienstliche Zweck- 
bestimmung haben, so muß für jeden anderen Ge- 
brauch allerdings ein besonderer Titel gegeben sein. 
Das ist wiederum Gesetz und Vertrag. Dem Ge- 
setz steht gleich die Observanz. (Hinschius 4, 422). 
1. Unter den Gesetzen kommen vor allem 
die kirchlichen Satungen in Betracht; das 
ist ausdrücklich durch Erl des preuß. Min d. geistl. 
Angelegenheiten u. d. Innern v. 12. 8. 44 (MBl 
238) anerkannt und hat allgemeine Geltung. 
Staatliche Gesetze und Verordnungen haben 
vor allem ein Trauergeläute beim Tode, daneben 
auch bei der Ankunft des Landesherrn verlangt. 
(Weber 5, 61). Ueber Trauerfälle in standesherr- 
lichen und gutsherrlichen Häusern vgl. Bayern 4. 
VerfBeil. §4, 6. Verf Beil. J 24 und dazu AE v. 
18. 12. 24, 24. 4. 29; Döll. 5, S 268, 451. Staat- 
liche Anordnungen verlangten auch das Feuer= und 
Sturmläuten, z. B. in Sachsen (Synodaldekret v. 
6. Z. 1624 §5 103, Schreyer 71 u. 112), „wenn in 
nötigen Fällen oder Feuersgefahr die Gemeine 
ufammenzuruffen ist"“; (vgl. auch Rösel 107, 
ür Bayern Döllinger 8, 1147). Im übrigen war 
kein Bedürfnis für die Staaten vorhanden, zu 
einer umfassenden gesetzlichen Regelung zu schrei- 
ten. Am weitesten ging das französische Recht. 
Vgl. Dursy 1, 307 ff; Geigel 39 f. 
Für das linksrheinische Preußen hat das G v. 
14. 3. 80 (GS 226) ähnliche Bestimmungen ge- 
troffen (dazu die Vollzugs O des Oberpräsidenten 
v. 20. 7. 81: Arch f. kath. N R 46, 300). Erst wenn 
die kirchliche Oberbehörde das Läuten ablehnt, 
darf es die bürgerliche Behörde anordnen und 
  
  
neue Provinzen. 1 7. Bayern. 
559 
nötigenfalls den Zugang zu den Glocken erzwingen. 
Bei Unglücksfällen und ähnlichen Veranlassungen 
hat sie dieses Recht sofort. Die Gemeindebehörden 
dürfen auch einen eigenen Schlüssel führen. — 
Nach den übrigen Rechten ist die Befugnis, das 
gesetzliche Geläute zu weltlichen Zwecken fordern 
zu dürfen, nur ein persönlicher, gegen den Orts- 
geistichen resp. den Kirchenvorstand gerichteter 
Iinspruch; ein unmittelbarer Zugriff dagegen — 
abgesehen von Feuersbrünsten — ist nicht gestattet 
(MinE v. 10. 5. 53; Weber 3, 519). Wie die ganze 
Benutzungsfrage, so ist auch die Frage des Zwangs 
hier noch nicht genügend ausgebaut. Min E 
v. 2. 6. 45 (Döllinger 23, 79 f.) 
2. Auch der Vertrag ist Titel für ein welt- 
liches Gebrauchsrecht an Glocken. Entweder gibt 
der Pfarrer (Kirchenbehörde) die Erlaubnis nach 
erteilter Zustimmung der Vermögensverwaltung 
oder aber letztere spricht die Bewilligung aus, nach- 
dem die Frage der Zulässigkeit durch den Vertreter 
der Kultusverwaltung (Pfarrer resp. Ordinarius, 
Konsistorium) entschieden ist. 
Die Art der Zusammenwirkung kann also wie- 
derum verschieden sein und bestimmt sich nach dem 
Staatskirchenrecht des betreffenden Landes. Was 
in dieser Richtung, oben S 556, von den. K Geb ge- 
sagt wurde, gilt auch für die Kirchenglocken. Ein 
weltliches Gebrauchsrecht wird übrigens vielfach 
schon bei der Widmung vorbehalten. 
Literatur vol. bei 17 (Simultaneum) sowie bei 
„Kirchenbaulast“, „Kirchenvermögen" und „Oeilige Sachen“. 
Dazu die Zeitschrift „Die Kirche“ (Kirchenbau und Aus- 
stattung), sowie die kirchenrechtl. Lehrbücher und Zeit- 
schriften (3. f. Kirchenrecht, Arch f. kath. Kirchenrecht, 
Preuß. Pfarrarchiv). Meurer. 
IV. Kirchenbaulast 
I. Das gemeine Kirchenrecht. 1 1. Katholische Kirche. 
1 2. Tridentiner Baulast. 1 3. Die evangelische Kirche. 
II. Das Partikularrecht. # 4. Preußen, alte Lande. 
* 5. Insbesondere das Interimistikum. 1 6. Preußen, 
6# 8. Sachsen. 1 pP. Würt- 
temberg. 1 10. Baden. 1 11. Hessen. 1 12. Elsaß-Lothringen. 
  
I. Das gemeine Kirchenrecht 
# 1. Katholische Kirche. Allgemeines. Nach 
kanonischem Recht haben für die Errichtung, Aus- 
stattung, Erhaltung und Wiederherstellung der 
kirchlichen Gebäude zunächst diejenigen aufzu- 
kommen, welche gemäß der bestehenden Orts- 
verfassung (unvordenkliche Verjährung, Herkom- 
men, Statut, Vertrag, Anerkenntnis) hierzu ver- 
bunden sind. Fehlt es an solchen speziell 
Verpflichteten, so ruht die Baulast auf 
dem Kirchen vermögen (/I. „Wenn der 
Heilige Mittel hat, so muß er sich selbst erhalten 
und bauen.“ Diese Last geht auf jeden Besitzer 
über. Reichen daher die Erträge des disponiblen 
Vermögens zur Bestreitung der Baukosten nicht 
hin, so haften die Nutznießer von kirchlichen 
Vermögensstücken, insbesondere die Zehntinhaber, 
abzüglich der Erhebungskosten, und die Bene- 
fiziaten, unbeschadet ihres notwendigen Lebens- 
unterhalts (salva congrua), event. auch die wei-
	        
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