Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
  
Gewohnheitsrecht, welches hinsichtlich der Pfarr- 
gebäude meist dem Geistlichen die Besserung des 
Daches und der Fenster, das übrige aber der Ge- 
meinde auflegt (Callisen, Anleitung f. Thedl. 
Studierende und angehende Prediger in dem Her- 
zogtum Schleswig-Holstein, 1810, S 74, 301). 
§+ 7. Bayern. Jede K hat ihre Baulichkeiten 
zunächst aus eigenen Mitteln, und zwar aus den 
hierfür verfügbaren Renten zu bestrei- 
ten. Nötigenfalls kann aber auch der Grundstock 
angegriffen werden. Im Fall der Insuffizienz 
werden als Sekundärbaupflichtige herangezogen: 
Der patronus kructuarius und hinter 
ihm die Dezimatoren. Reichen diese Kon- 
kurrenzen nicht aus, so ist der Bedarf durch direk- 
te Gemeindeumlagen aufzubringen. 
Daneben sind die Parochianen zur unentgeltlichen 
Uebernahme der Hand= und Spanndienste gehal- 
ten. Diese Grundsätze finden auf alle K Anwen- 
dung, welche durch ihre Zweckbestimmung oder 
ihren gottesdienstlichen Gebrauch als notwen- 
dig anerkannt sind. Doch beschränkt sich das 
Wesentliche bei einem KBau auf Errichtung 
des Chors und Schiffs, der Türen und Fenster 
und der an die K angebauten Kiürme. Orgel, 
Kanzel, Altarbekleidung, K Uhr, K Stühle, über- 
haupt die ganze innere Einrichtung 
der K — mit Ausnahme der steinernen und ge- 
mauerten Altartische — werden nicht zu den 
absolut notwendigen Bestandteilen gezählt und 
fallen daher dem Baupflichtigen nicht zur Last. 
Für Glocken und bloße Meßnerhäuser nimmt die 
Praxis, soweit die Renten der K nicht ausreichen, 
lediglich die Pfarrgemeinde in Anspruch. Die 
Umlagen über die Parochianen werden nach Maß- 
gabe der im Sprengel zu entrichtenden Gesamt- 
steuer verteilt (Silbernagl, Verf u. Verw sämtl. 
Relig.-Gesellsch. in Bayern, 3 107; Krick, Kirchl. 
Baupflicht und kirchl. Bauwesen in Bayern, 1893; 
Nützel, die Kultusbaupflicht n. d. Bamberger 
Recht, 1905). 
# 8. Sachsen. Die Kosten für die kirchlichen 
Gebänude sollen zunächst aus dem Vermögen 
des Kirchspiels insoweit bestritten werden, 
als es die geistliche Behörde nach Lage der Sache 
für ratsam erachtet. Die Eingepfarrten leisten 
daneben unentgeltlich die Hand- und Spann- 
dienste, haften auch für den Kostenmehrbedarf 
und haben, sofern das KüAerar gar leinen Beitrag 
gewähren kann, die gesamten nötigen Mittel unter 
Kirche (Kirchenbaulast) 
  
  
sich durch gemeinsame Umlagen zu tragen. — 
Als kirchliche Gebäude gelten außer den #K selbst 
die Pfarr= und Schulhäuser sowie die Kirchner-, 
Glöckner= und Organistenwohnungen (Veber, 
System. Darst. des im Königreich Sachsen gel- 
tenden KRechts-, 1813, 2 S367, 555 ff; Müller, 
Lexikon des KRechts, 1, 178). 
§ 9. Württemberg. Die kirchliche Baulast ist, 
sofern nicht infolge von speziellen Verträgen be- 
sondere Verpflichtete vorhanden sind, aus dem 
Ortskirchen vermögen zu bestreiten. 
Ueber die Frage, wie im Unvermögensfalle und 
in Ermangelung anderer Mittel (Kollekten) der 
lirchliche Bedarf aufzubringen, besteht ein bis 
heute ungelöster Streit. Nach älterem Recht trat 
subsidiarisch der Großzehntherr unter 
Leistung der Hand= und Fuhrfronen seitens der 
Eingepfarrten ein, während der Patron und die 
Gemeinde nur auf Grund besonderer Rechtstitel 
haftbar waren. Durch Gv. 17. 6. 49 ist jedoch 
die mit dem Besitz von Zehnten oder anderen Ver- 
mögensgegenständen verknüpfte Baulast abge- 
löst und wird entweder aus den Ablösungskapi- 
talien oder von dem Staatskammergut bestritten. 
Ebenso hält die Praxis seit 1855 daran fest, daß 
die Bestreitung der Baukosten, sofern die Ein- 
künfte des K Vermögens nicht zureichen und es an 
anderen näher dazu Verpflichteten fehlt, den 
Mitgliedern des „Kirchengenof- 
senschaftsverbandes“ obliegt. Letzterer 
gilt als ein persönlicher Verband. Die Beitrags- 
pflicht hat deshalb keinen dinglichen Charakter und 
bleiben demgemäß Forensen, Ausmärker, Fiskus 
und piae causae innerhalb des Gemeindebezirks 
von der Baulast grundsätzlich frei (Sarwey, 
Württ. Arch für Recht u. Rechts Verw 7, 1 ff). 
* 10. Baden. Nach dem Bauedikt v. 26. 4. 1808 
haftet in Ermangelung von speziell Verpflichteten 
primo loco das Kirchen vermögen, event. 
der Herr des alten Kirchspielzehntens. 
Wo die prinzipale Baupflicht sich herkömmlich 
zwischen Baukasse und Zehntherren teilt, hat im 
Zweifel der letztere Chor und Sakristei, die K Kasse 
aber das Schiff herzustellen. An die Stelle der 
Dezimatoren sind heute die Ablösungska- 
pitalien getreten. Der Turmbau sowie die 
Beschaffung der Nebenaltäre, Orgel und Glocken 
liegt der Kirchengemeinde (KSpiel), die 
Beschaffung der Uhr der Zivilgemeinde 
ob. Eventuell ruht die gesamte Baulast auf dem 
Kirchspiel (Gemeinde), welches außerdem 
stets die Hand= und Fuhrarbeiten unentgeltlich zu 
leisten hat. — Die Vorschriften des Baucdikts 
gelten aber nur für die Gemeinden. Für Kirchspiele, 
welche erst nach dem Normaljahr errichtet wurden, 
reguliert die Staatsbehörde die Baubeiträge im 
Verhältnis der Beteiligten. Kommt das Bauedikt 
zur Anwendung, so werden die Umlagen nach 
dem gesamten Ortssteuerkataster ohne Rücksicht 
auf die Konzession umgeschlagen (Müller, Lexikon 
des KRechts 1, 180). 
1. Großherzogtum Hessen. Die Kosten des 
KBaues sind nach den hierüber bestehenden gesetz- 
lichen oder vertragsmäßigen Normen entweder 
von dem örtlichen K Fonds (K Fabrik) oder vom 
Fiskus oder von den KGemeinden zu bestreiten. 
Die Pfarr= und Benefizialhäuser werden, wenn 
sie gutsherrliche Gebäude sind, von der Gutsherr- 
schaft, wenn aber Rommunalgebäude, von der 
Gemeinde gebaut und unterhalten. Bei ärarischen 
Gobäuden haben die Pfründeninhaber alles das- 
jenige auf eigene Kosten zu unterhalten, was ge- 
wöhnlich in den städtischen Privatwohnungen die 
Micetsleute zu bestreiten schuldig sind (Köhler, 
KRecht der cv. K des Großh. Hessen, 1884, 467). 
s I2. Elsaß-Lothringen. Die Aufbringung der 
Kultuskosten für die beiden christlichen Hauptkon- 
fessionen beruht in den Neichslanden auf den Vor- 
schriften der französischen Gesetzgebung, deren 
Schlußstein in dem Dekret v. 30. 12. 1809 und dem 
6G v. 14. 2. 1810 enthalten ist. Hiernach erfolgt die 
Befriedigung der kirchlichen Bedürfnisse prinzipa- 
liter aus den Revenuen des Kirchen- 
vermögens. Reichen diese nicht aus, so hat 
die bürgerliche Gemeinde aus ihren 
Kommunaleinkünften das Fehlende zuzuschießen. 
Sind auch diese unzureichend, so soll eine außer- 
ordentliche Umlage auf die habitans
	        
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