Kolonialbeamte — Kolonialfinanzen
denjenigen K., die aus sonstigen Berufen hervor-
gegangen sind, denen daher nur ausnahmsweise
eine Verwendung in der Heimat geboten werden
kann. Etatsmäßige Neubeamte mußten daher im
Falle ihrer Kolonialdienstunfähigkeit auch dann
pensioniert werden, wenn sie ihrem früheren oder
einem anderen Beruf in der Heimat voll nach-
gehen konnten; dies ließ die Schaffung etatsmäßi-
ger Stellen (mit Pensions anspruch) bedenk-
lich erscheinen; für sie ist daher nunmehr nach dem
Vorgange der Versicherungsgesetze und des Mann-
schaftsversorgungs G v. 31. 5. 06 (RGBl 593) neben
die Kolonialdienstunfähigkeit als weitere Bedingung
der Pensionsgewährung noch die Erwerbsunfähig-
keit getreten und nach deren jeweiligem Grade
die Pension abgestuft (Vollpension, Teilpension
# # 15—21). Nach 12= bzw. 15 jähriger Dienstzeit
steht indes beiden Arten von K. auch ohne den
Nachweis der Dienst= oder Erwerbsunfähigkeit ein
Anspruch auf lebenslängliche Pension zu (§ 22).
III. Entscheidende Disziplinarbehörden
für die K. sind in 1. Instanz die Disziplinarkammer
in Potsdam, in 2. Instanz der Disziplinarhof für
die Schutzgebiete in Berlin (S 42 KBe; 7+ 5
Kaiserl. V v. 3. 10. 10 Röl 1091; Gesch O v.
3. 3. 97 Kol Bl 157).
IV. Die Unabhängigkeit der Richter ist durch
verschiedene Bestimmungen gewährleistet; sie sind,
auch wenn nebenher als VerwBeamte tätig, in
bezug auf die Rechtsprechung an Anweisungen der
vorgesetzten Behörden nicht gebunden, nur der
RK kann Ordnungsstrafen gegen sie verhängen
(§F§ 48), etatsmäßige Richter erhalten eine Kai-
serliche Bestallung (§5 3 Kaiserl. V v. 3. 10. 10),
sie haben einen Rechtsanspruch auf die Gehalts-
zulagen (§ 50), können gegen ihren Willen nicht
versetzt und nur im Falle einer Umbildung der
Kolonialbehörden zur Disposition gestellt werden
(#5* 51). Vgl. auch oben I.
6 4. Bezüge, Versorgung. Nach 8 2 des KBG
erhalten die K. als Diensteinkommen im Schutz-
gebiet 1. ein festes Gehalt; 2. eine Kolonialzulage;
3. freie Dienstwohnung mit oder ohne Ausstattung
oder ein Wohnungsgeld, alles dieses nach Maß-
gabe der etatsrechtlichen Festsetzungen. Das Ge-
halt — „Auslandsgehalt“ — ist mit wenigen Aus-
nahmen in Anfang und Ende dem der entsprechen-
den heimischen Beamtenklassen gleich, jedoch mit
dem Unterschied, daß schon nach 6 Dienstjahren in
einjährigen Aufrückungsfristen das Höchstgehalt
erreicht wird; von da ab werden nach je 3 weiteren
Jahren dreimal Alterszulagen gewährt, die nach
den verschiedenen Klassen zwischen 300 und 600 Mk.
betragen. Das Hoöchstgehalt wird also nach 15
Dienstjahren erreicht. Hierzu tritt die während der
anzen Dienstzeit gleichbleibende „Kolonialzu-
age“. Das Nähere enthalten die Besoldungsord-
nungen, die für die K. der Zivil- und Militärver-
waltung verschieden sind und die dem Nachtrag
zum Haushaltsetat der Schutzgebiete für 1910 als
Anlagen einer Denkschrift beigefügt wurden
(abgedr. bei Tesch 432 ff; Romberg 341 ff).
esondere Ortszulagen zwischen 400 und 600
Mark sind den Beamten in Neu-Guinea und
Samoa sowie in den durch den Etat bezeichneten
Bezirken von Kamerun, mit Ausnahme der Gou-
verneure, zunächst für die Dauer von 3 Jahre
gewährt. Wegen der Richter vgl. & 2 z. A.
Die K. sind in 9 Klassen eingeteilt, beginnend mit den
v. Stengel--Fleischmann, Wörterbuch 2. Aufl.
Gouverncuren, endigend mit den Unterbeamten. Nach
diesen Bestimmungen würde z. B. ein Bezirksamtmann in
Samoa erhalten:
im Anfang nach 9 Jahren nach 15 Jahren
Mk. Mk. Mk.
Auslandsgehalt 2 600 7200 7 200
Kolonialzulage 41700 4700 1700
Alterszulage — 500 1 500
Ortszulage 600 600 600
8 900 13 000 14 000
Im pensionsberechtigenden Ge-
halte rücken die K. vom Mindest= zum Höchstgehalt
wie die heimischen Beamten des Reichs in drei-
jährigen Fristen auf, doch wird die Dienstzeit in
den Schutzgebieten oder in außerheimischen Ge-
wässern doppelt gerechnet (§ 24) und außerdem
eine nicht besteuerungsfähige und unpfändbare
„Tropenzulage" gewährt, die je nach dem pensions-
fähigen Endgehalt zwischen 300 und 900 Mk.
schwankt und nach 3 Jahren ununterbrochener
Verwendung im Schutzgebietsdienst jährlich um
½ bis zur Erreichung des Doppelbetrages steigt
(§5§ 25). Gleiche Zulagen stehen den Witwen, ge-
ringere den ehelichen oder legitimierten Kindern
der infolge des Dienstes verstorbenen K. zu (§8 34
bis 36). Verwandten der aufsteigenden Linie
kann unter gewissen Voraussetzungen ein „Eltern-
geld“ bewilligt werden (# 37). Ueber die Pen-
sionslast in Südwestafrika vgl. Verhandl. des
Landesrats 1912 (Z. f. Kol Politik S 517).
Literatur: v. König, Die Beamten der deut-
schen Schubgebiete, Jahrb. d. Intern. Bereinig. f. vergl.
Rechtswissenschaft usw., 1905, 217—257; Salge, Die
Rechtsverhältnisse der K., Diss. 1910 (durch das KB#
überholt); Geller, K.Recht, 1911; Haarhaus, Das
Recht des deutschen K., 1912; Tesch, Die Laufb. d. dtschn.
K., ihre Pflichten u. Rechte“, 1912; die Ausgaben des
KB von Romberg, mit Erl.“, 1912 u. d. dort angef.
Literatur; sehr kurz Dörr, 1010. v. König.
Kolonialfinanzen
ös 1. Einleitung und geschichtliche Entwicklung. # 2. Etat,
Aufstellung, Bewirtschaftung, Rechnungslegung, Kontrolle.
§ 3. Entwicklung der Finanzen, Schulden. 1 4. Gliederung
des Etats, Einnahmequellen. 5. Zölle und direkte
Steuern 7.
5s 1. Einleitung und geschichtliche Entwicklung.
Die Finanzhoheit steht für die Kolonien als Teil
der Schutzgewalt dem Kaiser nach dem Sch G# zu.
Modifiziert wurde sie durch Verträge mit fremden
Staaten (z. B. Zollabkommen), mit Privaten
(z. B. Gesellschaften), und durch die Gesetze über
die Einnahmen und Ausgaben der Sch G v. 30.
3. 92, Rel 369 und v. 18. 5. 08, RBl 207.
Vorher war der Kaiser befugt, selbständig die
Wirtschaftspläne der SchG festzusetzen. Soweit
diese sog. Lokaletats den gesetzgebenden Körpern
mitgeteilt wurden — zuerst für das Rechnungs-
jahr 1888/89 und für die drei westafrikanischen
Kolonien —, geschah es nur zur Kenntnisnahme.
1) Ueber die kommunalen Finanzen 7 Selbst-
verwaltung in den Kolonien. Ein Bergleich mit den Fi-
nanzen der außerdeutschen Kolonien s. v. König in
der D. Kolonialzeitung 1911 Nr. 19.
II. 38