Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

Konterbande 
  
  
Beziehung in Betracht, insofern die schrankenlose 
Fortsetzung des Verkehrs der Neutralen Kollisionen. 
der grundsätzlich anerkannten Verkehrsfreiheit mit 
den Interessen der Kriegführenden herbeiführen 
würde. Es sind dies einerseits jene Normen, 
welche sich auf die Blockade [ beziehen, ander- 
seits die Normen betreffend die Rechte der Krieg- 
führenden zur Verhinderung der Lieferung und 
Zufuhr von Kriegs K. Soweit die Kriegführenden 
in diesen beiden Gruppen von Fällen gegenüber 
Angehörigen eines neutralen Staates sich in den 
Grenzen der völkerrechtlichen Normen halten, steht 
der neutralen Regierung kein Recht zum Schutze 
ihrer kontravenierenden Angehörigen zu; die neu- 
trale Regierung kann aber wegen derartigen Zu- 
widerhandelns ihrer Angehörigen völkerrechtlich 
nicht zur Verantwortung gezogen werden. Eine 
solche Verantwortlichkeit für Verletzungen der 
Neutralität durch Angehörige eines neutralen 
Staates ist derzeit nur bezüglich der Akte unmittel- 
barer Kriegshilfe anerkannt (vgl. a 8 des Haager 
Abkommens XIII von 1907). Bezüglich des 
Handels mit Waffen und Munition hält man da- 
gegen an den Konsequenzen der Verkehrefreiheit 
mit beiden Kriegsteilen fest (vgl. a 7, 8 Abk. V; 
a?7, 8 Abk. XIII der Haager Konferenz von 1907). 
Die neutralen Regierungen verbieten ihren Unter- 
tanen diesen Handel nicht; sie beschränken sich 
höchstens darauf, ihre Untertanen darauf aufmerk- 
sam zu machen, daß sie den Handel mit Kriegs K. 
lediglich auf eigene Gefahr treiben können. 
s# 2. Begriff der Konterbande. Das Völker- 
recht hatte es bis in die jüngste Zeit zu einer die 
Interessen der Kriegführenden und der Neutralen 
durch scharfe Abgrenzung der Beschränkung sichern- 
den Ordnung nicht gebracht. Die Quelle der 
Schwierigkeiten einer solchen Begriffsbestimmung 
liegt darin, daß seit jeher das Bestreben der Krieg- 
führenden darauf gerichtet war, den Begriff der 
K. über den Kreis der Gegenstände, die un- 
mittelbar und ausschließlich zum 
Kriege dienen (Wassen, Munition usw.) — sog. 
absolute K. — auszudehnen und auch die 
Zufuhr von solchen Gegenptänden zu verbieten, 
die in gleicher Weise zu Friedens= und Kriegs- 
zwecken dienlich sind (res ancipitis usus) sog. 
relative K. Daneben ist auch noch der Be- 
griff der zufälligen K. für Gegenstände 
aufgestellt worden, die unter singulären Verhält- 
nissen für die militärischen Interessen eines Kriegs- 
teils in concreto von Vorteil sind. In Verträgen, 
Neutralitätsproklamationen, Manifesten, nationa- 
len Gesetzen und Verordnungen suchten die 
Mächte bis in die neueste Zeit jene res ancipitis 
usus, die sie als verbotene Ware behandelt wissen 
wollen, in Verzeichnissen zusammenzustellen. In 
diesen Quellen kommt jedoch keine übereinstim- 
mende Ansicht über den Begriff von K. zum 
Ausdruck, ja selbst in Verträgen und Gesetzen des- 
selben Staates wird derselbe Gegenstand bald als 
K. bezeichnet, bald in das Verzeichnis der ver- 
botenen Waren nicht ausgenommen. Die Pariser 
Seerechtsdeklaration von 1836, die Kongoakte von 
1885 beschäftigen sich mit dem Begriffc, ohne ihn 
festzustellen. In den partikulären Quellen tritt 
nur der Gedanke hervor, die unmittelbar zum 
Kriege dienlichen Gegenstände als K. zu behan- 
deln. Das Bedürfnis nach einer solchen allge- 
  
mein verbindlichen Definition der K. -hat das 
  
Institut de droit international zu dem Entwurf 
eines Reglements geführt; hiernach darf nur die 
Wegnahme von Gegenständen der absoluten K. 
erfolgen; die Begriffe der relativen und zufälligen 
K. sollen fallen gelassen werden. Gegenstände 
ancipitis usus kann der Kriegführende gegen 
billige Entschädigung sequestrieren oder durch Vor- 
kauf an sich bringen; vorausgesetzt wird, daß sich 
das Schiff auf der Fahrt nach einem feindlichen 
Hafen befindet. 
Nach bisheriger Uebung sind res ancipitis usus 
unter gewissen Voraussetzungen 
K. und Gegenstand der Einziehung, während die 
Gegenstände der absoluten K. schlechthin 
der Einziehung unterliegen. Jene Vorausset- 
zungen beziehen sich auf die Natur des betref- 
feenden Gegenstandes und dessen Bestimmung. 
Bezüglich der Natur betreffender Gegen- 
stände legt die Praxis in letzter Reihe darauf 
Gewicht, ob der Gegenstand in Kriegszeiten zu 
kriegerischen Zwecken geeignet ist. Die 
Zufuhr solcher Gegenstände kann im Wege der 
Blockade der feindlichen Häfen abgeschnitten wer- 
den. So wurden nach neuerer Uebung Lebens- 
mittel vorwiegend nur dann als K. behandelt, 
wenn die Zufuhr unmittelbar einem militärischen 
Zwecke dient, z. B. wenn Lebensmittel unmittel- 
bar einer feindlichen Flotte zugeführt werden. 
Ebenso gilt Kohle nur dann als K., wenn der Be- 
weis erbracht ist, daß die Zufuhr für die Kriegs- 
zwecke des Gegners erfolgte. Geld wird als K. 
behandelt, wenn es einer Kriegspartei zugeführt 
wird. Die zweite Voraussetzung der Behandlung 
eines Gegenstandes als K. ist die feindliche 
Bestimmung. Odhne diese kann ja selbst bei 
Gegenständen der absoluten K. von einem Re- 
pressivrecht der Kriegsteile nicht die Rede sein. 
Sie kann nur während des Kurses des Schiffes, 
und zwar jederzeit (nicht erst etwa im Augenblicke 
des Versuchs, einen feindlichen Hafen zu erreichen) 
aus den Schiffspapieren konstatiert werden. Da- 
her ist nach erfolgter Löschung der verbotenen 
Waren jede Repression gegen das Schiff auf der 
Weiter= oder Rückreise ausgeschlossen. 
Die normalen Zeälle der verbotenen Zu- 
fuhr charakterisieren sich als direkte Zufuhr; 
sie liegt vor, wenn Schiff und verbotene Ladung 
nach den Schiffspapieren für einen feindlichen 
Hafen bestimmt sind, ferner wenn das Schiff sich 
auf der Fahrt nach einem solchen Hafen befindet, 
während die Schiffspapiere einen neutralen Hafen 
als Bestimmungsort bezeichnen, endlich wenn 
Schiff und Ladung für einen neutralen Hafen 
bestimmt sind, das Schiff jedoch einen feindlichen 
Hafen anzulaufen oder während der Fahrt feind- 
liche Streitträfte in offener See zu errcichen sucht. 
Eo kommt aber auch vor, daß nach den Schiffspapieren 
für einen neutralen Hafen, in Wirklichkeit aber für den 
Feind bestimmte Ware nach dem neutralen Hasen ver- 
bracht wird, um in der Folge nach einem feindlichen Hasen 
verbracht zu werden. Die Frage, ob (unter der Voraus- 
setzung des Beweises der seindlichen Bestimmung) ein 
solches Schiff sich schon auf der Fahrt nach dem neutralen 
Hasen einer Kontravention schuldig macht, wurde im ameri- 
kanischen Sczessionskrieg an der Hand der Theorie der 
einheitlichen Reise und des Grundsatzes dolus 
non purgatur circuitu bejaht. In der Praxis kommen 
serner Fälle vor, in denen Waren, die bei seindlicher Be- 
stimmung K. wären, nach einem neutralen Hasen verbracht 
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